Rezension: Gruselkabinett - 79 - Lodoiska
Verfasst: Do 26.09.2013, 11:35

Gruselkabinett - 79 - Lodoiska
Zum Inhalt:
Oberst Alfred Lobenthal sieht sich gezwungen, mit Frau und Kindern aufs Land zu ziehen. Als er geschäftlich nach Schwerin muss, freut sich seine Familie, daß sich eine Frau mit ihrem Diener im nahegelegenen Wald niederlässt. Besonders die beiden Kinder scheinen einen Narren an der neuen Nachbarin gefressen zu haben, obwohl diese immer nur Trauerkleidung und Handschuhe trägt. Doch schon bald kommen Gerüchte über die Frau auf.
Zur Produktion:
Neben so bekannten und beliebten Autoren wie Sir Arthur Conan Doyle, Bram Stoker oder zuletzt H.P. Lovecraft, bemüht sich Titania auch immer wieder, heutzutage vergessene Schriftsteller erneut dem Hörspielpublikum zugänglich zu machen. Dieses Mal stellen sie uns ein Werk von Theodor Hildebrand (eigentlich Johann Andreas Karl [Christoph] Hildebrandt(13.04.1763 - 25.11.1846)) vor. Dieser übte ab 1794 das Priesteramt aus und verfasste nebenher über einhundert Romane und Erzählungen.
Der hier zugrundeliegende Roman "Der Vampyr oder Die Todtenbraut. Ein Roman nach neugriechischen Volkssagen" erschien erstmals 1828 in zwei Bänden. Da die Geschichte schon recht alt ist, sind alle verfügbaren Kopien im Internet, die man zum Beispiel unter http://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=n ... =1up;seq=9 finden kann, in altdeutscher Schrift verfasst. Doch ein Vergleich mit der Vorlage lohnt sich durchaus. Um die ursprünglich ca. zweihundert Seiten lange Vorlage vertonen und auf nur einer CD unterbringen zu können, musste der Originaltext natürlich zwangsläufig gekürzt werden. Diese inhaltlichen Straffungen beziehen sich zwar hauptsächlich auf teilweise stark ausufernde Beschreibungen, doch auch was den Ablauf angeht, wurden einige Veränderungen vorgenommen. So hat beispielsweise Helene Lobenthal schon viel früher eine unbestimmtes Gefühl der Furcht. Ich persönlich bevorzuge jedoch den neuen Aufbau, da ich finde, daß das Grauen so viel unterschwelliger anwächst und sich die Spannung besser entwickeln kann. Daß einige Personen fehlen, die Sprache behutsam modernisiert wurde und die beiden Kinder, statt Wilhelm und Julien, nun Mädchen namens Mina und Julchen sind, spielt für den Ablauf keine Rolle. Die Umbenennung der Folge nach ihrer Hauptfigur, dürfte zwei Gründe haben. Zum einen gab es ja bereits eine Veröffentlichung mit dem Titel "Die Totenbraut"(Gruselkabinett 07) und zum anderen hätte der usprüngliche Titel auch schon zu viel verraten.
Die Produktion an sich ist natürlich bestens gelungen, und die musikalische Untermalung, mittels verschiedenster Instrumente, begleitet den Hörer konstant. Je nach Szene setzen die Produzenten Marc Gruppe und Stephan Bosenius entweder bedrohlich klingende Töne ein oder unterstreichen das Geschehen mit einem ganzen Orchester. Besonders der Einsatz des Chores ist hervorzuheben, da er die Atmosphäre entscheidend mitgestaltet. Selbstverständlich gibt es auch wieder eine Fülle verschiedenster Geräusche, bei denen vom Vogelgezwitscher über das Läuten der Schlossturmglocke, bis hin zum Kratzen einer Schreibfeder auf Papier alles vorhanden ist. Ich persönlich empfand vor allem die Laute, welche bei Lodoiskas Nahrungsaufnahme eingespielt werden, als besonders gelungen.
Zu den Sprechern:
Wer Titania kennt, weiß, daß man sich nicht nur darauf verlassen kann, eine Spitzencast zu hören, sondern daß immer wieder auch eher ungewöhnliche Sprecher oder Sprecherinnen eingesetzt werden. Doch dazu später mehr. Hasso Zorn(Erzähler) ist eine ausgezeichnete Wahl, und obwohl ich Erzähler eigentlich weniger mag, fand ich es beinahe bedauerlich, daß seine knarrige Stimme hier relativ wenig zum Einsatz kommt. Sascha Wussow(Alfred Lobenthal) überzeugt als leidenschaftlicher Liebhaber und Familienvater, den seine Vergangenheit einholt, aber sprecherisches Highlight sind diesmal eindeutig die Damen. Susanne Uhlen(Helene Lobenthal) ist einfach großartig als liebende Ehefrau und Mutter, die in den Strudel der Ereignisse gezogen wird. Ihre letzten Sätze, die sie scheinbar unter größter Anstrengung hervorstößt, dürften wohl niemanden kaltlassen. Interessanterweise war es gerade Frau Uhlen, die in der Kinderserie "Die Märchenbraut" ihre Stimme der bei uns damit bekanntgewordenen tschechischen Schauspielerin Jana Nagyova(Lodoiska) geliehen hat. Soweit mir bekannt ist, handelt es sich hier um Frau Nagyovas ersten Auftritt als Hörspielsprecherin, der ihr gleich mehr als gelungen ist. Ihr charmanter Akzent passt ganz hervorragend zu ihrer tragischen Rolle, die sie mit einem gehörigen Maß an Bedrücktheit spielt. Dieter Brandecker(Unteroffizier Werner) ist klasse als älterer Soldat, der seinem ehemaligen Vorgesetzten und dessen Familie absolut ergeben ist. Gleiches gilt auch für Axel Lutter(Ladislaus), der zwar nicht so viel Text hat, aber mit glaubhaftem russischen Akzent und krächzender Stimme trotzdem ein gelungenes Portrait des unfreundlichen Dieners von Lodoiska abliefert. Arianne Borbach(Lisette) verkörpert die neugierige, immer treue Dienerin der Familie Lobenthal, und Claus Thull-Emden(Dr. Wildenau) ist der junge Arzt, der den Ereignissen hilflos gegenübersteht. Die beiden Kindersprecherinnen, deren Potential noch längst nicht ausgeschöpft ist, werden adäquat von Lene Bierstedt(Julchen Lobenthal) und Hanna Bierstedt(Mina Lobenthal) dargestellt.
Fazit:
Klassische Gruselkost, mit Besonnenheit modernisiert.
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