
Prof. Sigmund Freud - 04 - Stimulus
Zum Inhalt:
Professor Sigmund Freud wird beschuldigt, eine seiner Patientinnen, die frisch vermählte Hilde Schwarzburg, vergewaltigt zu haben. Da sich diese im Wachkoma befindet und dementpsrechend keine Aussage machen kann, kommt es zu einer Vorverhandlung, bei der die geladenen Zeugen den Psychoanalytiker schwer belasten.
Zur Produktion:
Wer bei dieser Serie davon ausgeht, daß es sich um klassische Kriminalhörspiele handelt, erlebt eine Überraschung. Zwar geht es meistens um ein Verbrechen und dessen Aufklärung, aber statt der üblichen Indiziensuche, liegt hier das Augenmerk auf der Seelenlandschaft der Protagonisten. Deren Erforschung und Bloßlegung gibt den Geschichten die benötigte Spannung und sorgt immer wieder für unerwartete Wendungen. Das Skript von Heiko Martens zu der vorliegenden Folge, ist klar strukturiert und ohne jedes Manko. Dem Autor gelingt es, auf bewegende Weise darzustellen, daß die Motivation für die Tat eher dem Antisemitismus als einem Trieb zuzuordnen ist. Auch wenn aufgrund der vorhandenen Charaktere relativ schnell klar wird, wer in Wahrheit hinter der Vergewaltigung steckt, bleibt die Handlung bis zum Schluß packend. Das liegt vor allem daran, daß es ohne eine entlastende Aussage der Betroffenen zu einer Gerichtsverhandlung gegen Freud kommen wird. Ob Anna, die Tochter des Professors und der Freund der Familie, Karl Gruber, es schaffen, die Patientin aus dem Koma zu holen, soll aber nicht verraten werden.
Der Name STIl, hinter dem die Macher Christian Hagitte und Simon Bertling stecken, bürgt auch hier für die Qualität des Hörspiels. Regie, Ton und Musikgestaltung bilden eine harmonische Einheit, und Sonja Harth rundet durch ihren hervorragenden Schnitt und die Klanggestaltung das positive Gesamtbild ab. Die Aufmachung des Booklets von Kai Hoffmann gibt die düstere Grundstimmung der Serie adäquat wieder. Passend zum behandelten Thema findet der Leser noch drei kurze Artikel mit Leitgedanken zu "Antisemitismus in Wien zu Beginn des 20. Jahrhunderts", "Sexualität als Tabu" und "Das Verhältnis zwischen Freud und Jung".
Zu den Sprechern:
Die Stammbesetzung der Serie, Hans Peter Halwachs(Sigmund Freud), Felicitas Woll(Anna Freud), Andreas Fröhlich(Karl Gruber), sowie Nicolas Artajo(Über-Ich) und Cathleen Gawlich(Es) kann erneut mit ihrer sprecherischen Leistung überzeugen. Insbesonders Cathleen Gwalich hinterlässt, durch ihren fulminanten Auftritt während eines Alptraums, eine bleibende Erinnerung. Marie Bierstedt(Hilde) meistert ihre schwierige Rolle sehr gekonnt. Ihre Darstellung der leidbewegten Patientin ist emotional glaubwürdig und rührt den Hörer. Marius Clarén(Max Schwarzburg) spielt den bigotten Ehemann mit Vehemenz, und auch der unverkennbare Lutz Mackensy(Staatsanwalt Kernmaier) füllt seine Rolle nuancenreich aus. Ingo Albrecht(Anwalt Fichtler), Mario Hassert(Anwalt Kaplinger) und Kerstin Sanders-Dornseif(Martha) haben extrem kurze Auftritte, aufgrund derer sie nicht wirklich im Gedächtnis bleiben. Aus mir unerfindlichen Gründen werden gleich drei Sprecher gar nicht aufgeführt. So bleibt offen, wer den leicht genervten behandelnden Arzt von Hilde gesprochen hat, und auch der Interpret von Freuds Vater bleibt im Dunkeln. Gleiches gilt für die Zeugin, bei der es sich um eine ehemalige Patientin Freuds handelt. Das ist sehr bedauerlich, denn all drei brillieren in der Verkörperung ihrer Charaktere. Möglicherweise wurden ja auch einige Sprecher doppelt besetzt? Im Booklet wird zwar den Personen Peter Liermann und Jochen Arlt gedankt, doch bei denen handelt es sich wohl um die Verfasser der Artikel. Anders als bei den ersten Folgen liefert diesmal Dr. Tilman Hoppe den wissenschaftlichen Kommentar. Ich begrüße diesen Wechsel ausdrücklich, da sich nicht nur sein Sprachfluss wohltuend von dem seiner Vorgängerin abhebt. Dr. Hoppe nimmt stets Bezug auf das Hörspiel und erläutert klar und verständlich die Unterschiede zu heutigen Gerichtsverhandlungen und die Handhabung von psychatrischen Aussagen.
Fazit:
Für mich die derzeit wohl innovativste Kriminalhörspielserie auf dem deutschen Markt.
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