INDIZIERTE Plakate oder .. der Fluch und Reiz des Verbotenen
Verfasst: Fr 30.10.2015, 16:16
HUHU und einen wunderschönen Freitag!!
Da ich finde, es wäre mal wieder an der Zeit etwas über Filmplakate in diesem Forum zu "machen“ dachte ich mir, dass die Geschichte und vor allem die Beispiele zu indizierten Plakaten ein spannendes Thema wäre.
Daher das Thema – INDIZIERTE Plakate oder .. der Fluch und Reiz des Verbotenen!!
Die Geschichte der in Deutschland indizierten Filmplakate ist natürlich untrennbar verbunden mit der Geschichte und Historie der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (nachfolgend immer als FSK bezeichnet).
Daher muss der Beitrag nun mal mit etwas trockener Theorie begonnen werden und soll kurz die Geschichte, besser die Historie vom Beginn bis zum Ende der 50er Jahre, darstellen und da ich mich in diesem Beitrag nur auf Filmplakate aus dieser Epoche beziehe, habe ich dies etwas gekürzt dargestellt.
Natürlich kann man dies bis in die heutige Zeit weiterführen oder sich zum Beispiel auch auf Kino – Aushangfotos beziehen. Es gab auch hier viele Beispiele (sicher deutlich mehr als im Segment der Filmplakate). Spontan seien hier genannt:
• FSK – indiziertes AF zu „James Bond 007 jagt Dr. No“ / Ursula Andress im Bikini FSK #15 und FSK #17 (1962)
• FSK – indiziertes AF zu „Der Fluch von Siniestro“ / Werwolf – Motiv (1961)
• FSK – indiziertes AF zu „Salome“ / Rita Hayworth auf dem Bett (1953)
Nun aber zurück und es geht los mit ….
Die Geschichte der FSK
Die Historie der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft begann mit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Die Zensur Besatzungsmächte in den westlichen Zonen Deutschlands fand hauptsächlich unter den Aspekten der militärischen Sicherheit sowie politischen Umerziehung statt. Es wurde darauf geachtet, dass Filme vor allem keine nationalsozialistischen und imperialistischen Inhalte enthielten, eine Prüfung auf Tauglichkeit für Minderjährige entfiel.
Zur Gewährleistung des Jugendschutzes in den bisher frei zugänglichen Kinos, gründete sich 1948 im Hessischen Kultusministerium vorrübergehend eine "Kommission zur Prüfung der Frage: Gefährdung der Jugend durch Filme" (Vgl. "Die Entstehung der FSK"). Umfangreiche Überlegungen der Kommission führten zu einer geplanten Selbstkontrolleinrichtung, in der zukünftig die Kultusministerien, die Kirchen, ein Arbeitsausschuss der Filmwirtschaft, Filmwirtschaftsverbände und Filmverleiher mitbestimmen sollten. Auch um das weitere Eingreifen des Staates überflüssig zu machen und regionale Verfahren zu vereinfachen, beauftragte man den damals engagierten obersten Film-Offizier Erich Pommer. Zusammen mit anderen Experten aus der Filmwirtschaft erschaffte er die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (kurz FSK), welche auf den in Amerika seit den 30er Jahren geltenden „Production Code“ beruhte.
Im Sommer 1949 fand die erste Prüfung des in der NS-Zeit verbotenen Filmes „Intimitäten“ statt. Der Film von Paul Martin bekam wegen einer Kussszene zur damaligen Zeit eine Freigabe ab 16 und ein Aufführungsverbot an Feiertagen. Nachdem die ersten probehaften Prüfungen erfolgreich verliefen wurde die FSK im September im westlichen Teil Deutschlands zu einer offiziellen Kontrollinstanz und ersetzte die bisherige Zensur.
Da bisher noch kein Jugendschutzgesetz galt, wurde noch größtenteils auf militaristische Tendenzen und unsittliche Szenerien geachtet. Dies änderte sich mit dem "Gesetzt zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit" (JÖSchG), welches 2003 durch das Jugendschutzgesetz abgelöst wurde. Die damit einhergehende Einteilung in Altersgruppen wurde 1957 auf die heute geltenden Kategorien geändert.
Quelle: Medienbildner der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg / Robert Klank, Anatolij Krebs und Sophie Leitz
Damit es nun etwas bildlicher wird, fangen wir doch mal (mit dem wohl berühmtesten) indizierten Plakat an:
Beispiel #1
Der Schrecken vom Amazonas
EA 24. September 1954
Grafiker: Bruno Rehak
Zum Film selber muss man hier ja nun wirklich nicht viel sagen.
Das Plakat wurde parallel zum Druck durch die FSK verboten, da die FSK hier durch die Bedrohung der Kreatur versteckte Vergewaltigungängste für den Betrachter in den Schaukästen sah. Der Verleih beauftragte nach dem Verbot durch die FSK den Grafiker Bruno Rehak, ein neues Motiv zu zeichnen, welches dann ohne Probleme von der FSK genehmigt wurde.
Natürlich ist diese Plakat für den Sammler von (SF und Horror-) Filmplakaten so etwas wie der heilige Gral und es ist selten. Da es aber doch immer mal wieder auftaucht ist zu vermuten, dass es erst nach der Auslieferung durch die Druckerei indiziert wurde. Es gibt sogar Sammler die sagen, dass „normale“ DIN A1 Motiv ist schwerer zu bekommen als das indizierte Motiv.
Sicher ein Traumplakat für jeden Sammler zumal es, nach meiner persönlichen Meinung nach, im Original von der Farbgebung her deutlich schöner ist als auf den vielen Abbildungen in Büchern oder im Internet.
Beispiel #2
Samson und Delilah
EA 2. November 1951
Grafiker: Bruno Rehak
Hier nun mal der klassische Vergleich eines Filmplakates VOR und NACH der Indizierung.
Das Plakat wurde ebenso wie der Schrecken vom Amazonas gedruckt (sowohl im Format DIN A1 und DIN A0), hat aber die Druckerei nie verlassen, da es sofort per Eingabe der FSK in beiden Größen verboten wurde. Hier lautet die Auflage der FSK: Vernichtung in der Druckerei.
Die erklärt, warum das Plakat wirklich ein Highlight jeder Sammlung ist und nur sehr vereinzelt den Weg zu einem Sammler gefunden hat. Der Verleih reagiert sofort auf die Indizierung und es wurde eine entschärfte Version gedruckt. Hier sieht man einmal deutlich (einen) der Wege wie ein Verleih mit einer Indizierung umgegangen ist.
Das Motiv blieb einfach, nur das goldene Oberteil von Hedy Lamarr wurde mit Fransen ersichtlich verlängert und das Plakat neu gedruckt.
Beispiel #3
Jugend
EA 1938 / WA 1952
Grafiker: Heinz Bonné
Auch wenn dieses Plakat an einer anderen Stelle des Forums schon mal besprochen wurde denke ich, dass es unbedingt hier hingehört.
Das Plakat wurde 1952 noch vor der Vorlage bei der FSK gedruckt, verblieb aber noch in der Druckerei und es wurden ausschließlich Belegexemplare an die FSK zur Freigabe, an den Verleih und den Grafiker Bonne ausgeliefert. Die FSK indizieret aber diese Motiv und die gesamte Druckauflage wurde vernichtet bzw. ausgeliefert Exemplare mussten auf der Vorderseite über dem Dekolleté mit einem großen Stempel "Indiziert" versehen werden. Entgegen zu Samson und Delilah, bei dem ja zur Freigabe das fast identische Motiv verwendet wurde, gab der Verleih beim Grafiker Heinz Bonné ein neues Motiv in Auftrag, welches nichts mehr mit dem alten Motiv zu tun hatte.
Ich bin mir nach Gesprächen und Kontakten zu Sammlern und Archiven 99,9 % sicher dass es von diesem Plakat bis heute nur noch 3 Exemplare in Deutschland gibt (selbst die Filmmuseen in Frankfurt und Berlin haben kein Exemplar sondern "nur" das später freigegebene Motiv, welches ganz anderes aussieht).
Eines dieser drei Exemplare tauchte vor über 12 Jahren in Zuge einer Nachlassverwaltung im Raum Berlin, bei der ca. 400 bis 500 Plakate zum Großteil aus der Zeit zwischen 1949 und 1952 und alle (!!!!) im Zustand Z_1 (also neu ohne Nadeleinstiche ) zum Kauf angeboten wurden, wieder auf. Ich hatte damals das unglaubliche Glück, dieses Plakat zu bekommen, da es seit über 30 Jahren eines meiner 3 persönlichen Traumplakate ist.
Sooooo, nach so viel Text soll es dies erst mal gewesen sein.
Ich hoffe, es war nicht zu langweilig oder zu textlastig.
Viele Grüße
Sokura / Stefan
Da ich finde, es wäre mal wieder an der Zeit etwas über Filmplakate in diesem Forum zu "machen“ dachte ich mir, dass die Geschichte und vor allem die Beispiele zu indizierten Plakaten ein spannendes Thema wäre.
Daher das Thema – INDIZIERTE Plakate oder .. der Fluch und Reiz des Verbotenen!!
Die Geschichte der in Deutschland indizierten Filmplakate ist natürlich untrennbar verbunden mit der Geschichte und Historie der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (nachfolgend immer als FSK bezeichnet).
Daher muss der Beitrag nun mal mit etwas trockener Theorie begonnen werden und soll kurz die Geschichte, besser die Historie vom Beginn bis zum Ende der 50er Jahre, darstellen und da ich mich in diesem Beitrag nur auf Filmplakate aus dieser Epoche beziehe, habe ich dies etwas gekürzt dargestellt.
Natürlich kann man dies bis in die heutige Zeit weiterführen oder sich zum Beispiel auch auf Kino – Aushangfotos beziehen. Es gab auch hier viele Beispiele (sicher deutlich mehr als im Segment der Filmplakate). Spontan seien hier genannt:
• FSK – indiziertes AF zu „James Bond 007 jagt Dr. No“ / Ursula Andress im Bikini FSK #15 und FSK #17 (1962)
• FSK – indiziertes AF zu „Der Fluch von Siniestro“ / Werwolf – Motiv (1961)
• FSK – indiziertes AF zu „Salome“ / Rita Hayworth auf dem Bett (1953)
Nun aber zurück und es geht los mit ….
Die Geschichte der FSK
Die Historie der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft begann mit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Die Zensur Besatzungsmächte in den westlichen Zonen Deutschlands fand hauptsächlich unter den Aspekten der militärischen Sicherheit sowie politischen Umerziehung statt. Es wurde darauf geachtet, dass Filme vor allem keine nationalsozialistischen und imperialistischen Inhalte enthielten, eine Prüfung auf Tauglichkeit für Minderjährige entfiel.
Zur Gewährleistung des Jugendschutzes in den bisher frei zugänglichen Kinos, gründete sich 1948 im Hessischen Kultusministerium vorrübergehend eine "Kommission zur Prüfung der Frage: Gefährdung der Jugend durch Filme" (Vgl. "Die Entstehung der FSK"). Umfangreiche Überlegungen der Kommission führten zu einer geplanten Selbstkontrolleinrichtung, in der zukünftig die Kultusministerien, die Kirchen, ein Arbeitsausschuss der Filmwirtschaft, Filmwirtschaftsverbände und Filmverleiher mitbestimmen sollten. Auch um das weitere Eingreifen des Staates überflüssig zu machen und regionale Verfahren zu vereinfachen, beauftragte man den damals engagierten obersten Film-Offizier Erich Pommer. Zusammen mit anderen Experten aus der Filmwirtschaft erschaffte er die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (kurz FSK), welche auf den in Amerika seit den 30er Jahren geltenden „Production Code“ beruhte.
Im Sommer 1949 fand die erste Prüfung des in der NS-Zeit verbotenen Filmes „Intimitäten“ statt. Der Film von Paul Martin bekam wegen einer Kussszene zur damaligen Zeit eine Freigabe ab 16 und ein Aufführungsverbot an Feiertagen. Nachdem die ersten probehaften Prüfungen erfolgreich verliefen wurde die FSK im September im westlichen Teil Deutschlands zu einer offiziellen Kontrollinstanz und ersetzte die bisherige Zensur.
Da bisher noch kein Jugendschutzgesetz galt, wurde noch größtenteils auf militaristische Tendenzen und unsittliche Szenerien geachtet. Dies änderte sich mit dem "Gesetzt zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit" (JÖSchG), welches 2003 durch das Jugendschutzgesetz abgelöst wurde. Die damit einhergehende Einteilung in Altersgruppen wurde 1957 auf die heute geltenden Kategorien geändert.
Quelle: Medienbildner der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg / Robert Klank, Anatolij Krebs und Sophie Leitz
Damit es nun etwas bildlicher wird, fangen wir doch mal (mit dem wohl berühmtesten) indizierten Plakat an:
Beispiel #1
Der Schrecken vom Amazonas
EA 24. September 1954
Grafiker: Bruno Rehak
Zum Film selber muss man hier ja nun wirklich nicht viel sagen.
Das Plakat wurde parallel zum Druck durch die FSK verboten, da die FSK hier durch die Bedrohung der Kreatur versteckte Vergewaltigungängste für den Betrachter in den Schaukästen sah. Der Verleih beauftragte nach dem Verbot durch die FSK den Grafiker Bruno Rehak, ein neues Motiv zu zeichnen, welches dann ohne Probleme von der FSK genehmigt wurde.
Natürlich ist diese Plakat für den Sammler von (SF und Horror-) Filmplakaten so etwas wie der heilige Gral und es ist selten. Da es aber doch immer mal wieder auftaucht ist zu vermuten, dass es erst nach der Auslieferung durch die Druckerei indiziert wurde. Es gibt sogar Sammler die sagen, dass „normale“ DIN A1 Motiv ist schwerer zu bekommen als das indizierte Motiv.
Sicher ein Traumplakat für jeden Sammler zumal es, nach meiner persönlichen Meinung nach, im Original von der Farbgebung her deutlich schöner ist als auf den vielen Abbildungen in Büchern oder im Internet.
Beispiel #2
Samson und Delilah
EA 2. November 1951
Grafiker: Bruno Rehak
Hier nun mal der klassische Vergleich eines Filmplakates VOR und NACH der Indizierung.
Das Plakat wurde ebenso wie der Schrecken vom Amazonas gedruckt (sowohl im Format DIN A1 und DIN A0), hat aber die Druckerei nie verlassen, da es sofort per Eingabe der FSK in beiden Größen verboten wurde. Hier lautet die Auflage der FSK: Vernichtung in der Druckerei.
Die erklärt, warum das Plakat wirklich ein Highlight jeder Sammlung ist und nur sehr vereinzelt den Weg zu einem Sammler gefunden hat. Der Verleih reagiert sofort auf die Indizierung und es wurde eine entschärfte Version gedruckt. Hier sieht man einmal deutlich (einen) der Wege wie ein Verleih mit einer Indizierung umgegangen ist.
Das Motiv blieb einfach, nur das goldene Oberteil von Hedy Lamarr wurde mit Fransen ersichtlich verlängert und das Plakat neu gedruckt.
Beispiel #3
Jugend
EA 1938 / WA 1952
Grafiker: Heinz Bonné
Auch wenn dieses Plakat an einer anderen Stelle des Forums schon mal besprochen wurde denke ich, dass es unbedingt hier hingehört.
Das Plakat wurde 1952 noch vor der Vorlage bei der FSK gedruckt, verblieb aber noch in der Druckerei und es wurden ausschließlich Belegexemplare an die FSK zur Freigabe, an den Verleih und den Grafiker Bonne ausgeliefert. Die FSK indizieret aber diese Motiv und die gesamte Druckauflage wurde vernichtet bzw. ausgeliefert Exemplare mussten auf der Vorderseite über dem Dekolleté mit einem großen Stempel "Indiziert" versehen werden. Entgegen zu Samson und Delilah, bei dem ja zur Freigabe das fast identische Motiv verwendet wurde, gab der Verleih beim Grafiker Heinz Bonné ein neues Motiv in Auftrag, welches nichts mehr mit dem alten Motiv zu tun hatte.
Ich bin mir nach Gesprächen und Kontakten zu Sammlern und Archiven 99,9 % sicher dass es von diesem Plakat bis heute nur noch 3 Exemplare in Deutschland gibt (selbst die Filmmuseen in Frankfurt und Berlin haben kein Exemplar sondern "nur" das später freigegebene Motiv, welches ganz anderes aussieht).
Eines dieser drei Exemplare tauchte vor über 12 Jahren in Zuge einer Nachlassverwaltung im Raum Berlin, bei der ca. 400 bis 500 Plakate zum Großteil aus der Zeit zwischen 1949 und 1952 und alle (!!!!) im Zustand Z_1 (also neu ohne Nadeleinstiche ) zum Kauf angeboten wurden, wieder auf. Ich hatte damals das unglaubliche Glück, dieses Plakat zu bekommen, da es seit über 30 Jahren eines meiner 3 persönlichen Traumplakate ist.
Sooooo, nach so viel Text soll es dies erst mal gewesen sein.
Ich hoffe, es war nicht zu langweilig oder zu textlastig.
Viele Grüße
Sokura / Stefan