Im Rahmen eines Gewinnspiels habe ich an einem Schreibwettbewerb teilgenommen im letzten Jahr und zwar mit folgender Geschichte, die ich nun auch euch gerne offenbaren möchte .
Endzeitkino:
Ich wusste es, trotzdem, konnte ich es mir nicht verkneifen und holte mir eine große Portion Nachos mit Käsesauce, wovon ich die üblichen Magen und Darmbeschwerden bekomme. Die, ebenfalls von mir verzehrte Cola, tat dabei nur noch ihr Übriges, allerdings sträube ich mich schon seit vielen Jahren dagegen, während eines Kinobesuches die Toilette aufzusuchen, egal wie groß der Druck ist und bis heute habe ich es auch erfolgreich geschafft. Während mein Magen immer lautere Geräusche von sich gibt und mich damit regelrecht anbettelt endlich das erlösende Klo aufzusuchen, beginne ich alles einfach zusammen zu kneifen und beiße fest die Zähne zusammen. Als jedoch der kalte Schweiß anfängt mir die Stirn runterzulaufen entschließe ich mich nun endlich doch meinen Leiden nachzugeben, jedoch erst nach der, gerade stattfindenden, Actionorgie, die sich glücklicherweise langsam, aber sicher mit einer gigantischen Explosion, die durch ein, in die Luft gejagtes Treibstoffsilo, verursacht wurde, dem Ende neigt. Der Protagonist, ein typischer Verschnitt aus Stallone, Arnie und Willis gibt noch einen markigen Spruch von sich, bei dem einige Kinobesucher sich das laute Lachen nicht verkneifen können und fliegt letztendlich im Helikopter davon, den seine gerade eben kennen gelernte Gehilfin steuert. Ja ich weiß, riecht stark nach Verrat im letzten Drittel oder schnulzige Romanze am Schluss, aber was will man machen?!
Ich wartete also ab, bis dieser, auf hochglanzpolierte B-Movie Endzeit Actioner, sich mit einem unnötig langen und nicht minder belanglosen Dialog rumplagte, der die grandiose Aneinanderreihung von Actionszenen unterbricht und fang an mich langsam aufzurappeln. Glück im Unglück ist die Tatsache, dass ich direkt in der Reihe saß, die direkt parallel zum Ausgang verläuft, wobei man automatisch am meisten Beinfreiheit hatte, um es sich besonders bequem zu machen. Ebenfalls zu Gute kommt mir die Tatsache, dass ich mich somit an niemanden in diesem halb gefüllten Kinosaal mehr vorbeidrängeln muss, so dass es jemanden vielleicht auffallen könnte, dass etwas mit mir nicht stimmt. Es hat mich überaus erfreut, als ich im Schneckentempo den Kinosaal verlassen hatte und direkt registriere ich, dass die Toiletten sich direkt gegenüber befinden und ich somit nicht den halben Korridor durchqueren musste, wobei mich das Kinopersonal hätte sehen können. Da der Druck kaum noch auszuhalten ist, ist jede meiner Bewegungen besonders langsam und vorsichtig, so dass der ansonsten zwei Minuten andauernde Weg mit Sicherheit das Doppelte dauern dürfte. Endlich bin ich an meinem Ziel angelangt und was mir besonders zusagte, war die Tatsache, dass die Klos vollkommen leer sind und ich mich nicht mehr zurückzuhalten brauche.
Ungefähr Zehn erleichternde Minuten später bin ich fertig und begebe mich zum Waschbecken, um mir die Hände zu waschen, wobei mir in den Sinn kommt, wie viel Minuten ich nun vom Film verpasst habe und mich dafür schwarz ärgere, schließlich habe ich so lange auf diesen Film gewartet und Monate dafür gebetet, dass er es auch ungeschnitten in die deutschen Kinos schaffen wird, und jetzt das. Naja, aber Fan wäre ja nicht Fan, wenn er nicht gleich nächste Woche zum Kinotag wieder 5 Euros blechen wird, um sich sein Highlight für dieses Jahr noch mal, und diesmal hoffentlich ohne Unterbrechungen, zu Gemüte führen wird. Hastig trockne ich mir die Hände ab und fang an aus dem Bad zu spurten, ich reiße die Tür auf und auf einmal trifft es mich wie ein Schlag. Der Korridor ist total verwüstet und verkommen und dabei habe ich nicht länger als Zehn Minuten gebraucht und weder Lärm noch sonst etwas von der Toilette aus gehört. Trotzdem sieht es hier im Korridor, von wo aus man in die restlichen Kinosäle gelangt und wo eine kleine Snackbar steht, aus als wäre hier etwas sehr Merkwürdiges in meiner Abwesenheit passiert.
Überall tobt das blanke Chaos, Müll ist überall verstreut. Zertretene Popkorntüten, Programmhefte, Servietten und Ketchup- und Senftuben zieren den Boden und der schöne rote Teppich ist so verdreckt und verfilzt, als ob hier jahrelang niemand mehr geputzt hätte. Etwas verwirrt stoße ich ein „Hallo“ aus, um zu gucken ob sich hier noch jemand aufhält. Ich warte, aber es kommt nichts zurück, weshalb ich mit etwas mehr Stimme ein zweites, viel lauteres „Hallo“ rufe, doch es tut sich einfach Nichts. Völlig verdutzt bahne ich mir meinen Weg durch den zugemüllten Boden in meinen Kinosaal. Dort müssen sich doch noch die anderen Kinobesucher aufhalten mit denen ich zusammen in der Vorstellung drin war, schließlich lief der Film noch nicht so lange, dass er jetzt zu Ende sein kann und sowohl Besucher als auch Putzpersonal den Saal schon verlassen haben können. Als ich jedoch die schweren Türen öffnete und die ersten Meter durch den kurzen tunnelartigen Gang bahne und endlich Sicht auf den Saal habe, trifft mich schon der nächste Schock. Auch hier sieht es nicht viel besser aus als im Korridor. Die Plätze sind verdreckt, überall sind zurückgelassene Gegenstände und übrig gebliebene Snacks, doch wirklich beängstigend ist die Tatsache, dass die Decke zum Teil eingestürzt ist. Große Brocken aus Fels und Beton haben dutzende der bequemen Kinosessel unter sich begraben. Ich kann sogar den Himmel erblicken und er sieht genau so grau und trist aus, wie beim letzten Mal als ich ihn heute gesehen habe und im Großen und Ganzen sah er die letzten Tage auch nicht viel anders aus, typisches Wetter um halt etwas Zeit im Kino zu verbringen. In der Hoffnung hier irgendwo auch noch ein Indiz auf menschliches Leben zu finden gehe ich etwas durch die Reihen und hoffe inbrünstig, dass hier irgendjemand ist und mich mal langsam über das, was hier vor sich geht, aufklärt und mir auch hoffentlich weis macht, dass es sich nur um einen blöden Streich handelt. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie führt es meine Hand zu einer halbvollen Popkorntüte, doch anstatt instinktiv reinzugreifen und ein Happen zu nehmen schaue ich lieber erst einmal hinein, schließlich ist sie von einem Fremden und nicht von mir. Was ich allerdings zu sehen bekomme ist alles andere als beruhigend, denn der Inhalt, der sich noch so gerade ebend als Popkorn identifizieren lässt scheint schon seit, sage und schreibe, mehreren Jahren in der Tüte zu schimmeln. Schockiert und angewidert zugleich lasse ich die Tüte fallen und verlasse zügig den Saal. Wieder im Korridor angekommen rufe ich laut mit verzweifelter und verängstigender Stimme um Hilfe, während ich mich Richtung Vorhalle bewegte. Minuten lang rufe ich um Hilfe, während ich meine unsicheren und langsamen Schritte fortsetze.
Nach wenigen Minuten bin ich nun letztendlich in der Vorhalle angekommen und der düstere Anblick reißt mich förmlich zu Boden. Auf den Knien blicke ich mich um, während sich meine Augen schnell mit Tränen füllen, stelle ich mir andauernd die Frage, was hier denn nun passiert sei und wie es dazu kommen konnte, ohne, dass ich auch nur etwas mitbekommen habe.
In der Vorhalle befinden sich viele Stühle und Tische, da dort auch eine kleine Bar, neben der eigentlichen Snackbar ist. Außerdem ist dort ein eine riesige Leinwand, auf der für gewöhnlich immer irgendwelche Trailer laufen, doch sie ist nun ausgeschaltet und weist zahlreiche Risse auf. Die Stühle und Tische sind wild über den gesamten Boden der Vorhalle verteilt, sowie weiterer Müll, bestehend aus Nachopackungen, Popkorntüten samt Inhalt, Getränke und Becher und irgendwelcher Kram von vermeintlichen Kinogästen. Alles wirkt aber ebenfalls stark lädiert und weißt schon nahezu Verfallserscheinungen auf. Meine Gedankengänge waren nur noch von Angst und Verzweiflung bestimmt und zwar Angst und Verzweiflung, die ich in dieser Intensität noch niemals zuvor in meinem gesamten Leben verspürt habe. Ist dies alles vielleicht nur ein Traum, wenn ja dann möchte ich aufwachen. Oder ist dies alles nur ein Witz, wenn ja, dann hat er geklappt und ich bin drauf reingefallen. Oder ist dies vielleicht wirklich die Realität, wenn ja, dann möchte ich nur noch sterben und nicht als scheinbar einziger Mensch hier verrotten.
Nach einigen harten Tränen konnte ich mich wieder besinnen und machte mir klar, dass es vielleicht nur hier im Kino oder gar diesem Stadtteil so aussieht und ich vielleicht doch nicht der einzige Hinterbliebene bin. Wie von selbst griff meine Hand in die Tasche und zog die Autoschlüssel hervor, was mir ein kleines Lächeln und etwas Hoffnung wieder bescherte. Ein Handy führe ich leider selten mit mir, werde ja eh kaum angerufen und im Kino möchte ich es sowieso nicht. Solche eine Situation hätte ich mir sowieso nie erträumen können und wer weiß ob man überhaupt noch telefonieren konnte, vielleicht ist ja das gesamte Netz zusammen gebrochen. Nichts desto trotz laufe ich die abgeschalteten Rolltreppen nach unten in den Eingangsbereich, wo sich die Kinokassen befinden, wo ich noch vor ungefähr einer drei viertel Stunde gewesen bin und zu diesem Zeitpunkt war sie alles andere als leer gewesen. Abermals überkommt mich dieses unglaublich starke Gefühl der Angst, dass mir einen kalten Schauer regelrecht über den Rücken hinwegfegen lässt. Nicht eine Menschenseele ist hier vorzufinden, an diesem Ort, an dem eigentlich wirklich immer jemand ist, wenn’s auch nur die Verkäufer hinter dem Schalter sind, aber es ist wirklich immer ansonsten jemand hier anzutreffen und gegen Abend kann’s auch mal vorkommen, dass der ganze Bereich von Menschenmassen gerade zu überfüllt ist, ganz besonders am Kinotag. Überwältigt von dieser bedrückenden Stille rufe ich spontan noch mal ob sich jemand hier befinde, doch außer meinem schallenden Rufen ist hier nichts zu vernehmen, Fehlanzeige. Langsam gehe ich über den gefliesten Boden, wobei jeder meiner Schritte ein leises Schallen mit sich bringt. Beim Laufen guck ich mich auch weiterhin verdutzt um und blick in alle Richtungen, auf der Suche nach etwas Lebendigen, etwas Menschlichen, etwas, was außer mir auch noch verblieben ist. Nun, am Ausgang angelangt, sehe ich nun schemenhaft die parkenden Autos. Die Parkplätze fangen direkt unter dem Kino an und erstrecken sich noch etwas weiter darüber hinaus, genug Plätze sind jedoch bisher alle Mal vorhanden gewesen. Da ich in eine recht frühen Abendvorstellung gegangen bin, hatte ich das Glück ziemlich weit vorne parken zu können. Vom Eingang aus ca. 50 Meter auf der rechten Seite in der aller ersten Reihe. Zielstrebig laufe ich in die Richtung meines Autos ohne dabei die anderen umliegenden Fahrzeuge wirklich zu registrieren. Endlich sehe ich es, mein Auto, ein roter Volkswagen Polo, und er steht noch genau dort, wo ich ihn geparkt habe. Voller neuer Hoffnungen und Energien gehe ich immer schneller auf mein Auto zu, bis ich regelrecht hin spurte und je näher ich komme, desto besser kann ich alles an diesem recht dunklen Ort erkennen und was sich immer klarer zu Offenbaren drohte, war wieder im Begriff meine aufkeimenden Hoffnungen zu Nichte zu machen. Mein liebgewonnenes erstes Auto, mein Polo stand vollkommen verrostet und zerbeult vor mir. Die ursprüngliche rote Farbe verblasst je näher man davor steht und es in anbetracht nehmen kann. Trotzdem steck ich den Schlüssel ins Schloss, um ihn zu öffnen, was immerhin klappt, doch als ich den Griff gezogen habe öffnete sich nicht nur die Tür, sie brach sogar buchstäblich ab und verfehlte beim Aufprall auf den Boden nur knapp meinen Fuß. Ich weiß nicht genau, was mich dazu treibt, aber ich kann es mir einfach nicht nehmen lassen mich auf den Fahrer sitz zu setzen, den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken und anschließend umzudrehen, in der Hoffnung, dass die Karre doch noch anspringen könnte und mir noch einen letzten Dienst erweist. Das Surren des Motors, beim Versuch ihn zum Anspringen zu bringen, ist kaum hörbar, aber ich wiederhole Minuten lang diesen Vorgang, als ob ich es noch längst nicht realisiert hätte, dass das wohl nichts mehr wird. Schließlich verliere ich die Nerven beginne das Wort „Nein“ immer wieder verzweifelt von mir zu geben und schlage dabei wuterfüllt mit Tränen in den Augen gegen das Armaturenbrett. Nicht einmal der Airbag hat sich bei meinem Ausraster mehr gelöst, als ob mein Auto schon Schrottreif wäre und über ein Jahrhundert hier rum steht.
Letzten Endes habe ich den Entschluss gefasst zu Fuß weiter zu gehen, irgendwie muss ich ja von hier wegkommen. Ich ging also recht zügig los, Richtung Licht, wo das Kinogebäude aufhörte. Draußen angekommen schaute ich zunächst in den grauen Himmel, das Einzige, was seit meinen verhängnisvollen Toilettengang mit Folgen unveränderlich geblieben ist. Voller Tatendrang bewege ich mich auf eine Baumreihe zu, hinter der ein kleiner Abhang führt, der als Lärmschutzwall für die daneben liegende Autobahn dient. Ich dachte mir, dass doch wenigstens dort noch hin und wieder ein Auto fahren würde, auch wenn es aus dieser Richtung beängstigend ruhig gewesen ist. Mit schnellen und aufgeregten Schritten marschierte ich Richtung Baumgrenze, es sind nur noch wenige Meter bis ich dort bin, nur noch ein paar Schritte, die mir allerdings verwehrt bleiben sollen.
Mit voller Wucht laufe ich gegen eine scheinbar unsichtbare Wand und falle zu Boden, wobei ich mir ordentlich den Kopf stoße und meinen Unterarm nach eigenem Ermessen geprellt habe, schließlich kam dieser regelrechte Zusammenstoß genau so unerwartet wie die restlichen wundersamen Ereignisse an diesem höchst merkwürdigen Tag. Nachdem ich mich langsam aber sicher von dem Schock und den enormen Schmerzen, die ich mir durch den Aufprall zugezogen habe, erholt habe rappel ich mich langsam und mühsam wieder auf und taste mich an dieser mysteriösen Wand entlang. Ich kann daher sagen, dass es sich hierbei um eine Wand handelt, da auf der anderen Seite sehen kann, wie der Wind die Bäume und Sträucher bewegt. Nach schier endlosen Tasten, dass gut und gerne ne’ Stunde in Anspruch genommen haben könnte, bin ich zu der erschütternden Erkenntnis gekommen, dass sich diese Mauer in einem Radius von ca. 100 Metern um das gesamte Kinogebäude befindet, ich bin also hier drin gefangen. Aber wessen Gefangener bin und wo steckt der Sinn dahinter und wer oder was hat das Ganze hier zu verantworten? Langsam überkommt mich das Gefühl beobachtet zu werden und ich schaue mich misstrauisch mit der Wand im Rücken um. Und da, am Seiteneingang des Kinos geht die Tür zu. Aus dieser Entfernung war es zwar scher auszumachen, aber ich bin sicher mich nicht geirrt zu haben. Irgendjemand scheint mit mir hier eingeschlossen zu sein, ob beabsichtigt oder nicht ist allerdings eine andere Frage, die aber unbedingt zu klären gilt. Mit musternden Blicken auf den Seiteneingang und die Glasfassade des Kinos beginne ich meine langsamen und misstrauischen Schritte in die Richtung, aus der ich die Bewegung vernommen habe. Meine Schritte werden immer schneller bis sie sogar in hastiges Gehen überlaufen, aus Angst denjenigen zu verlieren, der sich ebenfalls mit mir an diesem Ort befindet. Aber was war das Anliegen dieser Person, warum hat sie nicht den direkten Kontakt mit mir gesucht und warum ist sie wieder scheinbar untergetaucht, sollte man mich etwa damit wieder ins Kino locken? Wer oder was erwartet mich denn dort? Als ich schließlich den Seiteneingang durchquert hab und die Tür förmlich aufgerissen hatte fing ich umgehend zu schreien: “Hallo, ist hier jemand?! Komm raus ich hab dich gesehen, bitte hilf mir!“ und an den letzten Worten meines Satzes nährte sich meine Furcht und meine Verzweiflung, so dass ich das Ausbrechen der Tränen nur schwer zurückhalten kann und aus diesem Grund trete ich erst einmal mit voller Wucht gegen den, sich am Eingang befindenden, Mülleimer. Wutentbrannt beginne ich loszuschreien: „Jetzt zeig dich gefälligst und sag mir verdammt noch mal was hier los ist!“ Aber es ist auch weiterhin nichts zu hören in diesem riesigen Kinokomplex. Bevor ich das Kino verlassen hatte, hätte ich es vielleicht besser von oben bis unten auf den Kopf stellen sollen und gucken, ob nicht doch irgendjemand sich hier aufhält. Ich beschließe nun das ganze Kino systematisch zu durchkämmen, flüchten kann der oder die jenige sowieso nicht. In Schnellen Schritten durchsuche ich den Eingangsbereich, was auch in wenigen Minuten vollbracht ist, da es außer den Kassen dort nicht viel gibt. Schnell renne ich also nach oben, um mich in der Vorhalle etwas genauer umzusehen. Mit hastig nervösen Bewegungen und ständigem Drehen meines Kopfes in allen Richtungen such ich jedes noch so kleines vermeintliches Versteck ab, ich schau sogar direkt hinter die Tresen der Snackbar, sowie der normalen Bar, aber wie schon anzunehmen, befindet sich auch hier kein Mensch. Enttäuscht bleib ich einen Augenblick still stehen inmitten der riesigen Vorhalle und starre nur so vor mich hin. Mit der Zeit vernahm ich jedoch ein Geräusch. Es kam aus dem rechten Korridor, wo sich die Kinosäle sieben bis vierzehn befanden. Es war ein leises Geräusch, eine Art surren oder gar ein entferntes Reden und prompt habe ich meinen Kopf in die Richtung gedreht aus der das Geräusch zu vernehmen ist. Ohne auf den verdreckten und zu gemüllten Boden zu schauen begebe ich mich strickt in Richtung Korridor. Fast wäre ich über den ganzen Müll gestolpert, aber um jetzt auch noch darauf zu achten, meine Bewegungen vernünftig zu koordinieren, kam mir überhaupt nicht in den Sinn. Das einzige worum sich meine Gedanken drehen ist der Ursprung dieses Geräusches und die Person, die ich geglaubt gesehen zu haben. So, nun stand ich am Anfang des Korridors und mit großem Erstaunen muss ich feststellen, dass sich die Geräusche, die übrigens lauter werden je näher man ihnen kommt aus dem letzten Kino auf der linken Seite kommen und dieses Kino war genau das, in welchem ich heute den Film gesehen habe. Die Türen stehen jetzt jedoch sperrangelweit offen, aber halt was war das denn? Wieder glaube ich diese schemenhafte Gestalt gesehen zu haben, diesmal jedoch wie sie vorsichtig um die offene Tür geschaut hat, in der Hoffnung, dass ich sie nicht bemerke. Bilde ich mir das etwa nur ein? Wohl kaum, schließlich sehe ich, wie die Tür noch leicht am Wackeln ist, da sie dem Anschein nach schnell los gelassen worden ist. Ich hab sie also nervös gemacht und dort im Kinosaal ist sie in der Falle so fern sie nicht den Notausgang benutzt, aber eins ist sicher: sie wird mir nicht entkommen. Mit schnellen starken Schritten laufe ich zielstrebig auf die offenen Türen am Ende des Korridors zu und trete dabei jeglichen Müll hastig und zum Teil sogar zornig zur Seite. Währendessen mal ich mir aus, was ich mit dieser Person machen werde, wenn ich sie nun endlich in die Finger bekomme nach diesem verfluchten Katz- und Mausspiel, sicher ist nur, dass ich alles aus ihr rausquetschen werde, was sie weiß und dabei wird ich auch nicht vor Gewalt zurückschrecken, dazu ist die Situation einfach viel zu ernst. Mein hastiges Gehen ist nun schon zu Sprinten übergegangen und als ich schließlich an den Türen angekommen bin kommt es mir überhaupt nicht in den Sinn vorher mein Tempo zu verringern, ich pralle ungebremst drauf zu und stütz mich so ab, dass ich mit einem lauten Bollern direkt meinen Weg ins Kino fortschreiten kann. Dabei achte ich nicht mal darauf, dass ich mir durch diese Aktion gerade ebend erhebliche Schmerzen zugezogen habe. Nun sind es nur noch weniger Schritte, bis ich den Saal erblicken kann und es ist tatsächlich wahr, etwas ist hier wirklich anders.
Zwar ist er noch verdreckt und die Decke ist auch noch offen und unter dem ganzen Schutt befinden sich immer noch viele der Kinosessel begraben. Allerdings fällt einem der neu hinzugekommene Unterschied direkt ins Auge, da er auffällig und schockierend zu gleich ist. Es ist nämlich, die Leinwand auf ihr wird ein weißes Licht vom Projektor geworfen, was gleich den ganzen Saal in ein unheimliches Licht taucht und direkt neue Fragen dadurch aufwirft. Es muss diese Person gewesen sein, aber aus welchem Grund hat sie dies getan, was war ihr anliegen dabei? Immer mehr fragen kamen mir in den Sinn und keine einzelne konnte ich beantworten, was den Schmerz, die Wut und vor allem auch die Verwirrung nur noch größer werden lässt. Doch ich reiß mich zusammen, sag mir selber in Gedanken, jetzt nicht schlapp zu machen, da ich bestimmt schon nahe an der Auflösung bin. Schließlich schaffte ich es meine Verwirrung und meine Ängste für einen kurzen Augenblick zu ignorieren und lasse mich von meiner einzigen Quelle leiten, die mir noch Energie spendet und das alles durchhalten lässt, meine Wut. Ich spurte also nach oben, um den kleinen Raum in Betracht nehmen zu können, wo sich der Projektor und die ganzen Filmrollen befinden. Auf den Weg dahin stolpere ich allerdings über eine Treppe und ratsche mir dabei an einer Kante das rechte Schienbein blutig und die Jeans kaputt. Ich rappel mich jedoch schnell wieder auf, ich habe schließlich jetzt keine Zeit Schmerzen zu empfinden und mich aufhalten zu lassen. Ich war wie besessen von dem Gedanken in den Raum dort zu gelangen und mich endlich der Person zu stellen, die den Projektor angeworfen hat und mich die ganze Zeit nur an der Nase herumführt. Schließlich angekommen am Fenster in der letzten Reihe bin ich nun bereit und setze zum Sprung an. Zum Glück befindet sich das Fenster ungefähr auf der gleichen Höhe mit meinem Oberkörper und mit einem kräftigen Sprung mit anschließendem Ruck meiner Arme zieh ich mich schneller in den kleinen Raum als erwartet, weswegen die Kollision mit dem harten Boden nicht ausblieb. Ich habe jedoch noch keine Zeit mich umzusehen, deswegen lasse ich keine Sekunde nach dem sehr schmerzvollen Aufprall verstreichen und rappel mich blitzschnell wieder auf, um endlich der oder dem Unbekannten Aug in Aug gegenüber zu stehen und der Wahrheit ins Gesicht zu blicken und mich ihr zu stellen. Mit wütenden Blicken scanne ich förmlich den ganzen Raum, aber auch hier befindet sich niemand drin. Ich dachte mir, dass vielleicht mein aggressives Auftreten zu laut gewesen sei, weswegen die Person schon wieder die Flucht ergriffen hat und deswegen begebe ich mich zu der kleinen Tür, durch die man ursprünglich hier rein und raus gelangt, doch sie ist abgeschlossen, was mich zutiefst schockierte. Ich habe doch gesehen wie diese Person hier in diesem Saal verschwunden ist, doch dann traf es mich wie ein Blitz, der Notausgang. Mit panischen und angespannten Bewegungen bewegte ich mich abermals auf das kleine Fenster und warf mich förmlich nach draußen. Der Aufprall war wieder derart unsanft und schlecht koordiniert, dass ich das Gleichgewicht verloren habe und ohne Umweg auf den Boden wieder gefallen bin. Nichts desto trotz stütze ich mich umgehend an einem der Sessel ab, um wieder auf die Beine zu kommen und mein erster Blick, als ich sogar noch gar nicht ganz auf den Füßen stehe, geht direkt in Richtung Notausgang, dessen Türen gerade ebend zugeknallt sind. Ich meine sogar noch eine Hand oder einen Fuß flüchtig ausgemacht zu haben. Voller Adrenalin spring ich auf und sprinte los, doch plötzlich aus heiterem Himmel beginnt ein Film auf der Leinwand, was enorme Dunkelheit mit sich bringt.
Vollkommen aus der Bahn geworfen stelle ich jede Bewegung ein und bleib am mittleren rechten Rand des Saals stehen. Und das, was ich in diesem Film zusehen bekam raubte mir alle Hoffnungen und letztendlich auch den Verstand. Es war ein junger Mann, wie ich, der aus den Toiletten des Kinos kommt und feststellen muss, dass das gesamte Kino vollkommen verlassen und verrottet ist, das Kino, in welchem er sich vor gut zehn Minuten noch einen Film mit anderen Besuchern angeschaut hat, das Kino, was heute noch vollkommen belebt gewesen ist, das Kino, in dem ich mich befinde und nach nicht einmal dem Bruchteil einer Minute fällt mir auf, dass ich dieser junge Mann bin und das mir all diese Dinge heute schon genau in dieser Art passiert sind. Jedoch wäre mir direkt aufgefallen, wenn man mich dabei gefilmt hätte, denn die Aufnahmen sind alle hollywoodreif, gespickt mit Close-Ups und Zooms. Tränen schossen mir aus Verzweiflung in den Augen und meine Beine schlotterten und wurden weicher bis ich mich auf ihnen nicht mehr halten kann. Auf den Knien nun beobachte ich weiter was ich auf der Leinwand zu sehen bekomme. Die Tränen laufen mir nun an den Wangen herunter und meine Hände fuhren mir durch das verzweifelte und verwirrte Gesichte und rieben gleichzeitig mir die Tränen aus den Augen. Anschließend lass ich sie mir noch mal vollkommen realitätsentfremdet durch die Haare fahren und sänke sie wieder zu Boden. Die ganzen Unbeantworteten Fragen stürmen wieder herein und beherrschen nun meine Gedankenwelt vollkommen, während ich mit einem leeren toten Blick auch weiterhin gebannt auf die Leinwand starre. Immer wieder kommen mir die drei Fragen und ihre dazugehörigen Antworten, die ich mir schon einmal heute gestellt habe in den Sinn: Ist dies alles nur ein Traum, wenn ja dann möchte ich aufwachen. Oder ist dies alles vielleicht nur ein Witz, wenn ja, dann hat er geklappt und ich bin drauf reingefallen und möchte aufgeklärt werden. Oder ist dies die Wirklichkeit, wenn ja, dann möchte ich nur noch eines und das ist sterben. Ich weiß gar nichts mehr, ganz besonders nicht mehr ob das hier der Realität entspricht oder doch nur Fiktion ist und an dieser Stelle überkommt mich der Druck der ganzen Fragen, die ich nicht beantworten kann und der ganze Wahnsinn der sich daran nährt. Eine Frage jedoch wird mir Gewissheit geben, und das schon bald. Diese Frage lautet: Was wird mit mir passieren, wenn der Film auf der Leinwand an meiner jetzigen Stelle ankommen wird? ...
Eine Kurzgeschichte von Kevin K. a.k.a. Elite (27.08.2008)
Endzeitkino
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Zuletzt geändert von Elite am Do 03.04.2014, 08:27, insgesamt 1-mal geändert.
So What If You Can See The Darkest Side Of Me? No One Will Ever Change This Animal I Have Become. Help Me Believe It's Not The Real Me Somebody Help Me Tame This Animal
- Kai "the spy"
- Kongulaner
- Beiträge: 4723
- Registriert: Do 06.04.2006, 16:33
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Inhaltlich und erzählerisch ziemlich gelungen. Es gibt zwar ein paar sprachliche Schwächen (vor allem in Kommasetzung und Grammatik), aber das ist zu verkraften. Alles in allem jedoch eine gelungene Kurzgeschichte in bester Twilight Zone-Manier.
This job would be great if it wasn't for the customers.
[quote="Kai "the spy""]Inhaltlich und erzählerisch ziemlich gelungen. Es gibt zwar ein paar sprachliche Schwächen (vor allem in Kommasetzung und Grammatik), aber das ist zu verkraften. Alles in allem jedoch eine gelungene Kurzgeschichte in bester Twilight Zone-Manier. [/quote]
Uh, ein Kompliment vom Meister, vielen, vielen Dank dafür
Das mit der Kommasetzung und der Tatsache, dass ich mich ab und zu etwas verhaspelt habe ist mir ebenfalls aufgefallen. Da werd ich wohl das nächste Mal etwas sorgfälltiger sein müssen .
Uh, ein Kompliment vom Meister, vielen, vielen Dank dafür
Das mit der Kommasetzung und der Tatsache, dass ich mich ab und zu etwas verhaspelt habe ist mir ebenfalls aufgefallen. Da werd ich wohl das nächste Mal etwas sorgfälltiger sein müssen .
So What If You Can See The Darkest Side Of Me? No One Will Ever Change This Animal I Have Become. Help Me Believe It's Not The Real Me Somebody Help Me Tame This Animal