Verfasst: Sa 01.10.2005, 07:09
ZATOICHI AT LARGE (1972)
Irgendwo auf einem Landweg wird eine hochschwangere Frau von einem Straßenräuber überfallen und beraubt. Von ihren Hilferufen aufgeschreckt, nähert sich Zatoichi dem Ort des Verbrechens und kann der Sterbenden gerade noch helfen, ihr Kind zu gebären. Mit letzter Kraft flüstert sie ihm zu, dass der Vater des Kindes Sataro heiße und er ihn im Dorf Shiobara finden würde.
Im Örtchen angekommen, wird Zatoichi bald mit den Nöten der Bewohner konfrontiert: Ein Yakuza namens Tetsugoro hat den Magistrat bestochen, die Schuldscheine der Bewohner aufgekauft und schickt sich nun an, Shiobara halblegal unter seine Kontrolle zu bringen, weil der ehemals wehrhafte Polizeibeamte des Dorfs zu alt geworden ist, um noch nennenswerten Widerstand zu leisten. Auch Oya-e, Schwester des abwesenden Sataro, die sich des Neugeborenen annimmt, ist betroffen: Wenn sie ihre Schulden nicht an einem bestimmten Tag bezahlen kann, muss sie sie als Dirne in der Dorfschenke abarbeiten, die Tetsugoro in ein profitbringendes Bordell umwandeln möchte.
Gründe genug für Zatoichi, um nachhaltig einzugreifen. Auf seine eigene, bedächtige und nicht eben immer geradlinige Art geht der blinde Masseur und Schwertkämpfer zu Werke, um dem Dorf und seinen Bewohnern wieder Frieden zu bringen. Seine Mission wird noch schwieriger durch eine Reihe von Missverständnissen: Zuerst hält ihn Sataro nach seiner Ankunft für den Mörder seiner Frau, dann schiebt ihm Tetsugoro auch noch den Mord am alten Polizeibeamten Tobei in die Schuhe, dessen einziger Sohn ihm Rache schwört. Ganz auf sich gestellt, muss Zatoichi sich nach allen Seiten verteidigen - wer wird ihm Glauben schenken und wer sich ihm in den Weg stellen?
Wenn ich von Zatoichi rede, muss ich mich zusammenreißen, um nicht in Schwärmerei auszubrechen. Ehrlich. Von den mehr als zwei Dutzend Filmen, von denen schändlicherweise kein einziger je in Deutschland veröffentlicht wurde, kenne ich bisher ein starkes Drittel und wurde noch nie enttäuscht. Zatoichi-Filme kann man nicht mit Kurosawas Samurai-Epen vergleichen, stattdessen stelle man sich das Beste aus den klassischen Italo-Western vor und versetze es in das Japan des 19. Jahrhunderts, rein in die rauhe und entbehrungsreiche Welt der ländlichen Bevölkerung, die von korrupten Regierungsbeamten und Yakuza-Clans bis über die Grenzen des Erträglichen hinaus unterdrückt und ausgepresst wird. Und mitten da durch wandert dieser blinde Zatoichi, der sein Geld als Masseur und manchmal auch mit kleinen Gaunereien verdient, reist mehr oder minder ziellos von Dorf zu Dorf, und weil er im Grunde seines Herzens ein guter Kerl ist (so gut jedenfalls wie die Welt, in der er aufgewachsen ist, es eben noch so zulässt), dauert es nie lange, bis er in Schwierigkeiten kommt, weil er irgendwelchen Leuten helfen und die Yakuza sich nicht gerne die Butter vom Brot nehmen lassen will.
Zatoichi-Filme wollen keine cineastischen Kunstwerke sein, sondern Unterhaltung im besten Sinn des Wortes, sie vereinen Tragik, Dramatik, spritzigen Humor und manchmal sogar ausgelassenen Slapstick völlig mühelos. Dass sie selbst in ruhigen Passagen nie langweilen, verdanken sie in erster Linie dem leider bereits verstorbenen Shintaro Kazu, der anscheinend geradezu dazu geboren war, um auf der Leinwand zu Zatoichi zu werden. Er verleiht seinem Charakter jedenfalls eine so dichte Authentizität, wie es nur den ganz Großen gelingt.
Wer übrigens noch nie zuvor japanisches Fechten gesehen hat, wird im ersten Moment irritiert sein: Die Kämpfe sind, vor allem, wenn es um Duelle zweier Meister geht, oftmals mit dem ersten Schlag entschieden. Meist stehen sich die Kämpfer in großer Konzentration zuerst regungslos gegenüber, bis dann alles im Bruchteil einer Sekunde vorbei ist. Ungewohnt, aber irgendwie sehr elegant! Richtig cool wird es, wenn (wie im Finale von ZATOICHI AT LARGE) der Bösewicht Dutzende von Schergen auf Zatoichi hetzt und der Bodycount plötzlich in atemberaubender Geschwindigkeit in die Höhe schnellt. So schnell zuckt Zatoichis Klinge von einem zum anderen, dass man die Wirkung der Schläge nur anhand der Zusammenbrechenden erahnen kann, dann wieder hält der Blinde urplötzlich inne, nur um sein Schwert bedächtig aus der Bauchhöhle eines verdutzten Gegners zu ziehen, der nur noch ungläubig an sich herunter blicken kann , bevor er tot zu Boden sinkt.
Für diejenigen, die sich an Zatoichi mal heranwagen möchten, eine Warnung: Lasst die Finger von allen DVDs, die aus England kommen, die sind die Rohlinge nicht wert, auf die sie gepresst wurden! Die amtlichen Scheiben gibt's in den USA - einfach mal auf Amazon nachschauen. Besonders empfehlenswert ist der 7er-Pack von AnimEigo, der auch die beiden genialen Crossovers ZATOICHI MEETS THE ONE ARMED SWORDSMAN (Jimmy Wang Yu) und ZATOICHI MEETS YOJIMBO (Toshiro Mifune) enthält.
Irgendwo auf einem Landweg wird eine hochschwangere Frau von einem Straßenräuber überfallen und beraubt. Von ihren Hilferufen aufgeschreckt, nähert sich Zatoichi dem Ort des Verbrechens und kann der Sterbenden gerade noch helfen, ihr Kind zu gebären. Mit letzter Kraft flüstert sie ihm zu, dass der Vater des Kindes Sataro heiße und er ihn im Dorf Shiobara finden würde.
Im Örtchen angekommen, wird Zatoichi bald mit den Nöten der Bewohner konfrontiert: Ein Yakuza namens Tetsugoro hat den Magistrat bestochen, die Schuldscheine der Bewohner aufgekauft und schickt sich nun an, Shiobara halblegal unter seine Kontrolle zu bringen, weil der ehemals wehrhafte Polizeibeamte des Dorfs zu alt geworden ist, um noch nennenswerten Widerstand zu leisten. Auch Oya-e, Schwester des abwesenden Sataro, die sich des Neugeborenen annimmt, ist betroffen: Wenn sie ihre Schulden nicht an einem bestimmten Tag bezahlen kann, muss sie sie als Dirne in der Dorfschenke abarbeiten, die Tetsugoro in ein profitbringendes Bordell umwandeln möchte.
Gründe genug für Zatoichi, um nachhaltig einzugreifen. Auf seine eigene, bedächtige und nicht eben immer geradlinige Art geht der blinde Masseur und Schwertkämpfer zu Werke, um dem Dorf und seinen Bewohnern wieder Frieden zu bringen. Seine Mission wird noch schwieriger durch eine Reihe von Missverständnissen: Zuerst hält ihn Sataro nach seiner Ankunft für den Mörder seiner Frau, dann schiebt ihm Tetsugoro auch noch den Mord am alten Polizeibeamten Tobei in die Schuhe, dessen einziger Sohn ihm Rache schwört. Ganz auf sich gestellt, muss Zatoichi sich nach allen Seiten verteidigen - wer wird ihm Glauben schenken und wer sich ihm in den Weg stellen?
Wenn ich von Zatoichi rede, muss ich mich zusammenreißen, um nicht in Schwärmerei auszubrechen. Ehrlich. Von den mehr als zwei Dutzend Filmen, von denen schändlicherweise kein einziger je in Deutschland veröffentlicht wurde, kenne ich bisher ein starkes Drittel und wurde noch nie enttäuscht. Zatoichi-Filme kann man nicht mit Kurosawas Samurai-Epen vergleichen, stattdessen stelle man sich das Beste aus den klassischen Italo-Western vor und versetze es in das Japan des 19. Jahrhunderts, rein in die rauhe und entbehrungsreiche Welt der ländlichen Bevölkerung, die von korrupten Regierungsbeamten und Yakuza-Clans bis über die Grenzen des Erträglichen hinaus unterdrückt und ausgepresst wird. Und mitten da durch wandert dieser blinde Zatoichi, der sein Geld als Masseur und manchmal auch mit kleinen Gaunereien verdient, reist mehr oder minder ziellos von Dorf zu Dorf, und weil er im Grunde seines Herzens ein guter Kerl ist (so gut jedenfalls wie die Welt, in der er aufgewachsen ist, es eben noch so zulässt), dauert es nie lange, bis er in Schwierigkeiten kommt, weil er irgendwelchen Leuten helfen und die Yakuza sich nicht gerne die Butter vom Brot nehmen lassen will.
Zatoichi-Filme wollen keine cineastischen Kunstwerke sein, sondern Unterhaltung im besten Sinn des Wortes, sie vereinen Tragik, Dramatik, spritzigen Humor und manchmal sogar ausgelassenen Slapstick völlig mühelos. Dass sie selbst in ruhigen Passagen nie langweilen, verdanken sie in erster Linie dem leider bereits verstorbenen Shintaro Kazu, der anscheinend geradezu dazu geboren war, um auf der Leinwand zu Zatoichi zu werden. Er verleiht seinem Charakter jedenfalls eine so dichte Authentizität, wie es nur den ganz Großen gelingt.
Wer übrigens noch nie zuvor japanisches Fechten gesehen hat, wird im ersten Moment irritiert sein: Die Kämpfe sind, vor allem, wenn es um Duelle zweier Meister geht, oftmals mit dem ersten Schlag entschieden. Meist stehen sich die Kämpfer in großer Konzentration zuerst regungslos gegenüber, bis dann alles im Bruchteil einer Sekunde vorbei ist. Ungewohnt, aber irgendwie sehr elegant! Richtig cool wird es, wenn (wie im Finale von ZATOICHI AT LARGE) der Bösewicht Dutzende von Schergen auf Zatoichi hetzt und der Bodycount plötzlich in atemberaubender Geschwindigkeit in die Höhe schnellt. So schnell zuckt Zatoichis Klinge von einem zum anderen, dass man die Wirkung der Schläge nur anhand der Zusammenbrechenden erahnen kann, dann wieder hält der Blinde urplötzlich inne, nur um sein Schwert bedächtig aus der Bauchhöhle eines verdutzten Gegners zu ziehen, der nur noch ungläubig an sich herunter blicken kann , bevor er tot zu Boden sinkt.
Für diejenigen, die sich an Zatoichi mal heranwagen möchten, eine Warnung: Lasst die Finger von allen DVDs, die aus England kommen, die sind die Rohlinge nicht wert, auf die sie gepresst wurden! Die amtlichen Scheiben gibt's in den USA - einfach mal auf Amazon nachschauen. Besonders empfehlenswert ist der 7er-Pack von AnimEigo, der auch die beiden genialen Crossovers ZATOICHI MEETS THE ONE ARMED SWORDSMAN (Jimmy Wang Yu) und ZATOICHI MEETS YOJIMBO (Toshiro Mifune) enthält.