Ich setz mein Mythos Review aus dem Jackie Chan Thread mal besser hier rein.
Das nun folgende Review ist etwas lang geraten, was euch aber nicht abschrecken sollte. Ich hab mir Mühe gegeben nicht langweilig in meinen Ausführungen zu werden.
The Myth
Mittlerweile ist es einige Jährchen her, seit ich das erste Mal mit Jackie Chans Filmen in Berührung kam. Damals war noch mein Bruder Fan und ich nicht. Seine Begeisterung für Bruce Lee und Jackie brachte mir ein blaues Knie ein, vor dass er mir sein selbst gebasteltes Nunchacko schleuderte. Was man nicht alles mitmachen muss. Mittlerweile hat sich’s beinah ins Gegenteil gekehrt, nur dass ich nicht so verrückt bin mich mit Kampfsporttraining zu malträtieren. Ich schau mir die ästhetische Kampfsportakrobatik lieber in den zahlreichen Eastern und sonstigen Hong Kong Filmchen an.
Für Jackie Chan begeistere ich mich aber nicht nur wegen seiner Kampfkünste und der Tatsache, dass er fast alle Stunts selber macht, sondern auch wegen seiner schauspielerischen Qualitäten, welche in meinen Augen nicht einmal ein Chow Yun-Fat oder Jet Li besitzen. Dies zeigt sich besonders, wenn man sich den Film „Heart of Dragon“ (Powerman III) ansieht, wo Jackie unter Sammo Hungs Regie zu emotionaler Höchstform aufläuft und wer solche Szenen glaubhaft rüber bringen kann ist in meinen Augen ein guter Schauspieler.
Seine größten Erfolge feierte Jackie stets unter seiner eigener Regie und der seines Kumpels Sammo Hung. Hat Jackie das Zepter in der Hand kommt immer was Ordentliches bei rum.
Leider war dies in der Vergangenheit nicht mehr der Fall und so ist es mit seiner US Karriere nicht zum Besten bestimmt. Die Filme, für die er seinen Namen hergegeben hat waren nicht wert seinen Namen zu tragen. Die Actionszenen waren hier stets unterhaltsam und überzeugend, was nicht verwundert, da zumeist Jackie der Macher war. Daneben stimmte aber meist die übrige Inszenierung nicht. Die Filme boten einfach keine gut erzählte Story, es fehlte den Regisseuren schlichtweg am nötigen Können. Lediglich Rush Hour, Shanghigh Noon und Shanghai Knights wurden Jackie gerecht. Auch hier inszenierte er die Action mit (auch bei Shanghai Knights, zusammen mit Donnie Yen), wenn auch nicht ausschließlich. Man kann die Unterschiede zu seinem Stil beispielsweise bei Shanghai Noon erkennen. Hier wurde der Kampf gegen die Indianer, am Fluß, von Brent Woolsey, dem Stunt Coordinator, choreographiert. Diese Fightszene wirkt sehr ernsthaft. Wogegen, wenn das Geschehen ins nahe gelegene Waldstück übergeht, Jackie Chan die Choreographie ubernimmt, was wirklich merklich ist, denn hier kommt sein unvergleichlicher Comedy Stil zum Einsatz, den wohl keiner so unterhaltsam und amüsant inszenieren könnte, wie Jackie Chan.
Nach dieser, etwas weitschweifigen Einleitung, möchte ich nun zum Film kommen, von dem ich leider etwas enttäuscht bin. Mit Rumble in the Bronx schuf er einen soliden Film, mit First Strike einen wirklich gelungenes Agentenspektakel und mit China Strike Force einen unterhaltsamen und vor allem rasanten Action Kracher. Aber mit „The Myth“ ist Regisseur Stanley Tong hoffnungslos überfordert. Er hat nicht das Zeug dazu ein epochales Werk von dieser Größe zu inszenieren. Zu seiner Ehrenrettung muss ich aber auch anmerken, dass die Geschichte in zwei Filme gepackt hätte sollen, denn Potential für zwei große Werke ist ohne weiteres vorhanden und hier wirkt es dadurch zu gedrungen, was zuweilen verwirrt. Man hätte im ersten Film die Liebesgeschichte erzählen können, welche zu Zeiten den Kaisers von China spielt. Das Ende wäre dann daß gewesen, wo der General (Jackie) in der Schlucht gestellt wird und der entscheidende Kampf stattfindet. Der zweite Film hätte dann die Linie des Archäologen Jack (auch Jackie) verfolgt.
Stanley Tong ist, wie schon erwähnt, überfordert gewesen. Ich weiß ja nicht, was ihn geritten hat, denn er wählte für die Szenen mit Jackie (als General in der Vergangenheit), ein anderes Objektiv, was seine Proportionen etwas in die Länge verzerrt. Wollte er ihn damit schlanker wirken lassen, oder wollte er mehr Bildinformation in das ohnehin schon in 2.35:1 befindlichem Bild pressen? Keine Ahnung. Jedenfalls ist es sehr störend und zerstört die Homogenität des Filmes.
Durch die vielen Ereignisse, in der wenigen zur Verfügung stehenden Zeit, wirkt der Film auf mich zu sprunghaft und auch an der Charakterentwicklung hapert es zuweilen. Auf Jackies Rolle und die der Prinzessin trifft dass Gott sei Dank nicht so zu, aber man schlittert nur haarscharf dran vorbei. Dass man kurzzeitig nach Indien geht und die Prinzessin einmal sagt, sie wolle für den General jetzt tanzen, impliziert für viele sicherlich Bollywood Einflüsse. Dies würde ich nicht meinen, aber auch nicht verneinen, denn möglicherweise wollte man die neue Popularität Bollywoods nutzen. So aufdringlich wie in Bollywood Filmen ist es jedenfalls nicht und stört somit nicht im Geringsten.
Ein Pluspunkt bekommt Tong für die schönen Bilder und herrlichen Kostüme, obgleich die Helme der Generäle aussehen wie vom Planet der Affen.
Apropos Science Fiction. Schön ist es, einmal außerirdische Einflüsse in einem Jackie Chan Film zu erleben. Dass mag jetzt für einen so historisch anmutenden Film deplatziert wirken, stört aber nicht wirklich, da es dem ganzen nicht zu sehr aufgedrückt wird und besonders im Fall der beeindruckenden Grabkammer dem Geschehen eine neue Dimension gibt. Diese Grabkammer ist in ihrer Dimension und Größe, sowie Ausstattung ungemein beeindruckend und auf seine Art vergleichbar mit der realen Grabkammer des Kaisers, wo tausende Terrakottafiguren stehen. Wenn Jackie nun gegen seine Widersacher in Schwerelosigkeit in der phantastisch anmutenden fiktiven Grabkammer kämpft, hat sich das Hong Kong Kino wieder einmal um Meilen über das amerikanische erhoben. Ohnehin bezieht der Film seinen eigentlichen Unterhaltungswert einmal mehr aus den von Jackie Chan inszenierten Action Szenen und den Comedy Einlagen. Wenn er in Indien aus Versehen, beim Versuch sich zu verstecken, zum falschen Instrument, in einer Musikgruppe, greift und damit eine Kobra beschwört, biegt man sich unweigerlich vor Lachen. Und auch der Fight auf dem Produktionsband ist typisch Jackie Chan, so wie viele weitere Dinge, die ganz klar nicht auf Tongs Konto gegangen sind.
Am Ende war ich nicht so enttäuscht, wie ich es anfangs befürchtete, denn die gelesenen Kritiken, die ich in der Zeit der Kinoauswertung des las, waren ja beinahe vernichtend. Zufrieden bin ich aber auch nicht. Dieser Hong Kong Film ist wesentlich besser, als Jackies letzte amerikanische Filme, wie „The Tuxedo“, „Das Medallion“ und „In 80 Tagen um die Welt“, fällt nach dem sehr gelungenen „New Police Story“ aber etwas ab. Von der Optik und den Actionszenen, sowie den Comedy Einlagen und einigen, wenn auch nicht allen, Effekten, weiß der Film durchaus angenehm zu unterhalten. Besonders die Szenen, die Jackie Chan inszeniert sprühen geradezu über vor Einfallsreichtum, Witz und gelungener Inszenierung. Da fragt man sich, wann der Mann mal wieder Regie führt.
Hinsichtlich der Story und der Gesamtinszenierung von Stanley Tong enttäuscht „The Myth“ aber sehr. Zu Sprunghaft wirkt das Geschehen und auch der Wechsel zwischen den Zeitepochen ist nicht so gelungen. Es fehlt an einer homogen erzählten Geschichte. Schade.
Abschließend möchte ich nun sagen, dass Jackie Chan bitte in Hong Kong bleiben soll. Sein Platz ist dort. Dort wird er gewürdigt und nur dort wird er zu schauspielerischer Höchstform gepuscht. Das merkt man, trotz allem, auch in vielen Szenen in „The Myth“. Jackie Chan spielt alle an die Wand. Dass er aufgrund seines Alters nicht mehr der Actionstar sein kann, den seine Fans wollen, ist nur allzu verständlich. Ich persönlich möchte ihn zu gern mal in einem schönen emotionalen Liebesfilm sehen. „Georgeous“ war da doch eher enttäuschend. Oder aber in einem richtig guten Drama. Jackie Chan braucht keine Actionszenen. Er ist ein hervorragender Schauspieler, der auch Charakterollen gewachsen ist. Leider wollen ihn alle nur in krachenden Actionfilmen sehen, so wie wohl auch ein Jet Li nicht von dieser Rolle wegkommen wird. Ich finde das schade.
P.S.: Traditionsgemäß gibt es am Ende von „The Myth“ die verpatzten Szenen. Somit hat sich an den „Autsch“ Szenen in all den Jahren nichts geändert.
Edit:
Zur Musik hatte ich ja noch gar nichts geschrieben. Naja... was man nicht im Kopf hat.
Der Score von "The Myth" hat die nötige epochale Größe, wird zuweilen aber unpassend eingesetzt, denn ich würde nicht die Veratztung des Generals mit einer großen und sehr weiten orchestralen Melodie unterlegen. Das wirkt einfach nicht. Abgesehen von solchen Schnitzern weiß der Score aber zu gefallen. Melodisch gesehen ist er sehr schön geworden.
P.P.S.: Ich lass den Film gerade noch einmal mit Originalton mit deutschen untertiteln durchlaufen und muß sagen, so wirkt er wesentlich besser. Da kann man mal sehen, was eine Deutsche Synchro alles an Atmosphäre zerstören kann. Besonders die Emotionen der Prinzessin kann sie nicht transportieren. Im Original wirkt das wesentlich glaubwürdiger und ihre, von Tränen begleitete Stimme geht einem richtig zu Herzen.