THE MAN WITH THE IRON FISTS
[USA][2012]
Regie: Robert Diggs
Darsteller: Robert Diggs, Russel Crowe, Lucy Liu, Rick Yune, Dave Bautista, Jamie Chung, Cung Le, Byron Mann, Daniel Wu, Zhu Zhu, Gordon Liu, Andrew Ng, Kuan Tai Chen
„Bei ner Messerstecherei hab ich immer ne Pistole dabei.“
[Jack Knife]
China, 19. Jahrhundert: Gold Lion [Kuan Tai Chen], der Anführer des Lion Clans, übernimmt den Geleitschutz für eine Ladung Gold des Gouverneurs. Doch sein Companion Silver Lion [Byron Mann], selbst scharf auf das Gold, wird zum Verräter und lässt Gold Lion durch den Mörder Poison Dagger [Daniel Wu] töten. Als Gold Lions Sohn X-Blade [Rick Yune] von dem Attentat erfährt, sinnt er auf Rache. Er reist nach Jungle Village, wo er Silver Lion vermutet. Doch X-Blade unterliegt Brass Body [Dave Bautista], einem Kämpfer mit magischen Fähigkeiten, der seinen Körper in Metall verwandeln kann. Schwer angeschlagen wird er vom Schmied des Dorfes [Robert Diggs] gerettet, der einst als schwarzer Flüchtling nach China kam. Doch sein Einsatz bekommt ihm teuer zu stehen: Als er sich weigert, X-Blades Versteck zu verraten, hacken ihm Silver Lions Schergen beide Arme ab. Doch der verschlagene Engländer Jack Knife [Russell Crowe], frisch im Dorf eingetroffen, rettet ihm das Leben und schmiedet ihm unter seiner Anweisung zwei metallene Arme, dessen eiserne Fäuste jeden Feind besiegen können. Gemeinsam mit der Prostituierten Silk Blossom [Jamie Chung] und deren Chefin Madame Blossom [Lucy Liu] nehmen sie den Kampf gegen die Unholde auf.
Robert Diggs, alias RZA, neben seiner Funktion als Mitglied und Mitbegründer der Hip-Hop-Combo 'Wu-Tang Clan' auch großer Bewunderer des Martial-Arts- und Exploitationkinos der 70er Jahre, suchte, während bereits seine Musikvideos wiederholt mit dem Kung-Fu-Film kokettierten, auch immer wieder die Nähe zur großen Leinwand. So streifte er durch Jim Jarmuschs verträumte Samurai-Reflexion
GHOST DOG und pimpte den Soundtrack des Shaw-Brothers-Kniefalls
KILL BILL von Regisseur Quentin Tarantino, in dessen Dunstkreis schließlich auch seine erste eigene Regiearbeit entstand.
Nachdem das
GRINDHOUSE-Projekt von Quentin Tarantino und Robert Rodrigues im Jahre 2007 die Hommage an die B-Movies der 70er quasi salonfähig gemacht hatte, erblickten in den darauffolgenden Jahren bereits mehrere auf alt getrimmte Ehrerbietungen an vergangene Bahnhofskinotage das Licht der Filmwelt. Originell war RZAs Idee, im Jahre 2012 einen Kung-Fu-Streifen im 70er-Jahre-Stil zu drehen, somit also nicht mehr wirklich.
Das Ergebnis jedoch geriet dermaßen frisch und arglos, dass es einem fast vorkommt, als hätte einen derartigen Einfall noch nie zuvor gegeben. Diggs bewies nicht nur, wie sehr er die Originale verinnerlicht hat, sondern inszenierte auch mit Geschick und Fingerspitzengefühl: Angefangen vom Titel (inklusive dessen wackeliger Einblendung vor eingefrorenem Hintergrund) über Handlungskonzeption und Schnitttechnik bis hin zur dem klassischen Look entsprechenden Besetzung, gelingt es
THE MAN WITH THE IRON FISTS die bekannten Elemente dermaßen perfekt zu imitieren, dass man tatsächlich den Eindruck gewinnen könnte, hier wäre ein vergessenes Kampfsport-Spektakel der Vergangenheit ins neue Jahrtausend katapultiert worden.
Dabei verzichtete RZA darauf, durch absichtliche Bildstörungen, Fehlschnitte oder vermeintlich fehlende Filmrollen den Eindruck zu erwecken, eine alte, verschlissene Kinokopie zu betrachten, wie es viele seiner Kollegen vor ihm taten, und vertraut zur Erweckung seliger Nostalgiegefühle stattdessen ganz auf die klassische Optik, den altmodischen Inszenierungsstil und die antiquierte Handlung, die ebenso dünn und selbstzweckhaft daherkommt, wie sie es zu früheren Zeiten getan hat.
Die Werke der Shaw Brothers sind es vor allem, denen RZA seinen Respekt zollt, sowie deren zahllose Plagiate, die sich durch immer unsinnigere Kampftechniken und verrücktere Figuren gegenseitig zu übertrumpfen versuchten. Aber auch der zarte Schlenker zum Blaxploitationkino (der vor allem erklären soll, warum mit RZA ein schwarzer Protagonist im alten China weilt) gelingt quasi mühelos und bettet sich fast nahtlos ins Martial-Arts-Szenario ein.
Dass die überbordenden Gewaltexzesse nicht wie 40 Jahre zuvor mit Kunstblut und Prothesen getrickst wurden, sondern überwiegend am Rechner entstanden und im Hintergrund statt der Peking Oper moderne Rapmusik erschallt (wozu natürlich auch der Wu-Tang Clan seinen Beitrag leistet), mag für Puristen empörend klingen, funktioniert jedoch allen Vorurteilen zum Trotz ohne jede Schwierigkeit, was vor allem daran liegt, dass die Verwendung nicht unnötig inflationär, sondern mit Bedacht und Sorgfalt erfolgte: Tatsächlich findet RZA eine wohlige Balance zwischen altmodischen und modernen Elementen, benutzt er letztere doch nicht etwa zur bloßen Anbiederung an den Zeitgeist, sondern zur bestmöglichen Unterstützung klassischer Bestandteile.
Für Fans strotzt
THE MAN MIT THE IRON FISTS nur so vor Zitaten und Gastauftritten: Während John Moos
THE KILLER lediglich musikalisch gehuldigt wird, hält Shaw-Brothers-Recke Gordon Liu, der bereits Quentin Tarantinos
KILL BILL veredeln durfte, sein Antlitz ebenso in die Kamera wie (die gewaltig aus dem Leim gegangene) Blaxploitation-Ikone Pam Grier [→
FOXY BROWN].
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