Die Wildgänse kommen (Großbrittannien / 1978)
(The Wild Geese)
Roger Moore steht seit seinen James Bond Filmen in meinem Fokus, auch wenn ich noch nicht so viele seiner Filme jenseits dessen gesehen habe, so ist er für mich doch ein großer Schauspieler gewesen (er macht ja nichts mehr). DIE WILDGÄNSE KOMMEN stand so eigentlich gar nicht in meinem Fokus, aber Moore gab für mich den Ausschlag und ich muss gestehen, auch der günstige Preis der Special Edition DVD von e-m-s.
Schaue ich etwas genauer auf die Produktion so sprechen die Tatsache, dass Andrew V. McLaglen die Regie führte und es sich um eine britische Produktion handelt, noch für den Film. McLaglen zählt für mich zu den britischen Regisseuren, auf deren Konto ungemein unterhaltsame Filme gehen. Dabei arbeitete er mit den größten der Unterhaltungsbranche. Mit John Wayne, Gregory Peck, Anthony Perkins usw., sowie des Öfteren mit Roger Moore. Da es sich um eine britische Produktion handelt bin ich sehr interessiert, weil mich die britischen Filme immer recht interessieren. Schließlich kommen aus dem Land die James Bond Filme und ist hier die Wurzel von Hammer. Hinsichtlich Horror sind die Jungs führen, doch auch in Sachen Action finden sich einige interessante Produktionen. Hinzu kommt der europäische Touch und die Tatsache, dass man sich nicht von Hause aus in Patriotismus ertränkt und so Happy End verliebt ist wie die Amis. So etwas darf man bei DIE WILDGÄNSE KOMMEN auch nicht erwarten, wenn der erste Eindruck auch etwas anderes vermuten mag. Kommen wir aber zur Handlung:
Col. Allen Faulkner (Richard Burton) wird von Sir Edward Matheson (Stewart Granger) engagiert den afrikanischen Oppositionsführer Julius Limbani aus der Hand eines Diktators zu befreien. Matheson verfolgt damit aber ganz eigene Interessen, denn er will wieder an eine Kupfermiene kommen um Kohle zu machen. Faulkner lässt sich den Job gut bezahlen und heuert alte Weggefährten an. Unter anderem den Gerechtigkeitskämpfer und genialen Planer Rafer Janders (Richard Harris) und den Piloten Fynn (Roger Moore) der sich gern in Schwierigkeiten. Noch viele andere stoßen zum Team hinzu und gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach Afrika. Als sie ihren Auftrag erfüllt haben kommt es jedoch zu einer folgenschweren Überraschung. Auf sich allein gestellt müssen sie sich ihren Weg nun in die Freiheit bahnen, umgeben von unzähligen Feinden.
DIE WILDGÄNSE KOMMEN fängt mit einem herrlichen Vorspann an, wie ich ihn nur von James Bond kenne und wenn man die Augen schließt könnte man es wirklich meinen, denn das zu hörende Lied klingt haargenau, wie etwa zu DER SPION DER MICH LIEBTE. Verwundern sollte ersteres nicht, war mit Maurice Binder doch DER Titeldesigner schlechthin zuständig, auf dessen Konto bis zu LIZENZ ZUM TÖTEN die Titelsequenzen gingen. Damit war der erste Sympathiepunkt bei mir schon gesetzt. Aber nun weg von James Bond.
Das Geschehen beginnt ganz pragmatisch mit der Erteilung des Auftrages. Doch schon hier entfaltet sich etwas vom Potential, denn die Dialoge verstehen es unweigerlich zu fesseln. Richard Burton präsentiert sein markantes Gesicht und was ich ungewöhnlich fand, er ist auf den ersten Blick keinerlei Sympathisch, was man doch eigentlich von einem Hauptdarsteller erwarten würde. Den gesamten Film über konnte ich ihn nicht wirklich leiden. Vielleicht hatte ich auch zu sehr im Hinterkopf, dass er im Privatleben nicht gerade der netteste gewesen sein soll, wie ich kürzlich erfuhr. Bestimmt aber war seine Rolle von vornherein so angelegt. Stewart Granger, der ja den Part des Edwar Matheson spielt ist noch mehr unsympathisch und das wird auch ihm nicht schwer gefallen sein, nach allem was ich über Granger von den Winnetou Verfilmungen her weiß. Schon allein mit diesen Vorzeichen sind die Leistungen der beiden bravourös. Aber ich will es nicht übertreiben, schließlich haben wir es nicht mir einem Oscar prämierten Film zu tun, sondern mit einem unterhaltsamen Actionabenteuer.
Die Geschichte wendet sich nun weiter zu den Nebendarstellern, die ansprechend eingebracht werden. Als erstes Richard Harris als Rafer Janders. Harris weiß es eigentlich immer zu überzeugen. Als Janders macht er eine sehr gute Figur und das tragische Potential, was diese in sich birgt wird schnell sichtbar und McLaglen nutzt es auch, wie ich es nicht anders erwartetet habe. Bei den Amis wäre das sicher anders gelaufen. Dann geht es zu Roger Moore, der als Shawn Fynn das Herz am richtigen Platz trägt, obschon er sich gern mit dubiosen Dingen beschäftigt. Aber er hat seine Prinzipien und das lässt er andere gern schmerzhaft spüren. Das hat mir sehr gut gefallen und machte mir Moore auch wieder um einiges sympathischer als all die anderen. Der Rest sind bekannte Gesichter aus verschiedenen britischen Produktionen. John Kani, spielt den einzigen Schwarzen im Team und ich hätte nicht gedacht, dass er Samuel, der Schwarzafrikaner an Val Kilmers Seite in DER GEIST UND DIE DUNKELHEIT ist. So wird man schlauer. Patrick Allen kennt man aus BRENNENDER TOD, an der Seite von Peter Cushing und Christopher Lee. Frank Finlay (der Priester) war Dr. Hans Fallada in LIFEFORCE – DIE TÖDLICHE BEDROHUNG. Kenneth Griffith, der schwule Sanitäter, tauchte zweimal in der Fernsehserie NUMMER 6 auf, war im Hammer Film DER ROTE SCHATTEN zu sehen und in vielen anderen Produktionen. Man könnte noch mehr aufzählen, die einem auf irgendeine Weise in einem britischen Film untergekommen sind, doch ich möchte nur noch Hardy Krüger erwähnen, den man als Deutscher nicht unerwähnt lassen sollte. Krüger ist gewohnt super und sticht in meinen Augen sogar etwas hervor. Er macht seine Sache wirklich gut und ist eine Bereicherung. Das zählt für alle, die hier mitspielen. Sie geben ihr bestes und angesichts der vielen hochkarätigen Stars bekommt man als Zuschauer auch einiges geboten.
Weiter geht es dann ins Ausbildungslager und hier wird es lustig. Mit straffem Ton werden sie hier vom Ausbilder gedrillt und das mit Sprüchen wie, „Los hoch mit dir du Schwuler, sonst näh ich dir dein Arschloch zu“. Wer hier nicht herzhaft lacht, dem ist nicht zu helfen. Es macht absoluten Spaß und ist eine Auflockerung die sonst nur phasenweise von Moore kommt, der nach dem Fallschirmabsprung in Afrika, der wirklich ein meisterhafter Massenstunt ist, sagt, „der Aufprall hat mich so zusammengestaucht, meine Versen sind da, wo mein Arschloch vorher war“. Solche Sprüche lockern das Geschehen auf, doch schon mit der Befreiungsaktion von Limbani ist es damit vorbei, denn nach und nach dünnt sich das Feld aus. In heftigen Waffengefechten geht einer um den anderen flöten. In Blutorgien ergeht man sich dabei nicht, doch man schreckt auch nicht davor zurück, die tödliche Gewalt, die Schusswaffen mit sich bringen zu zeigen. Das sitzt beim Zuschauer sehr gut. Aber nicht nur Feuerwaffen sprechen, sondern der Zuschauer kommt ebenso in den Genuss von großen Explosionen. Hier muss ich dann doch noch einmal den Vergleich mit James Bond bringen.
In den ruhigen Momenten werden Dialoge geführt, die den Zuschauer immer bei der Stange halten und die ihn den Film interessiert verfolgen lassen. Ich mag gute Dialoge und da braucht sich der Film nicht verstecken, auch wenn sein Fokus woanders liegt (Action und Spannung). Je weiter das Geschehen dann voranschreitet, je dramatischer werden die Ereignisse, denn je mehr Leute das Zeitliche segnen, je mehr rückt es an die Hauptfiguren. Hinzu kommt die Einbringung einer Wendung, die den Zuschauer mit den Figuren fiebern lässt. Man denkt, ‚sie müssen es ganz einfach schaffen, um…’. Das Ende fand ich gut und es verbreitet wenigstens ein klein wenig Genugtuung.
Jack Hildyard war für die Kameraregie verantwortlich und er kleidet das Abenteuer in sehr gelungene Bilder, die das Geschehen sehr gut einfangen. Ich hätte mir zwar ein etwas breiteres Bild gewünscht, um noch mehr vom Panorama zu sehen, doch so ist auch in Ordnung. Wie schon angesprochen, gibt es einen herrlichen Massenstunt und der ist hervorragend gefilmt man war nicht nur dabei sondern mitten drinnen. Gefallen hat mir auch die Bildkonstruktion. Über die Schulter hinweg auf den Feind, der unter dem Feuer, das auf ihn gerichtet ist, zu Boden geht. Beim Angriff auf der Brücke geht etwas die Übersicht flöten, doch was ist schon perfekt.
Die Musik ging auf’s Konto von Roy Budd, zu dessen ersten Arbeiten die Untermalung von DAS WIEGENLIED VOM TODSCHLAG ging. Er komponierte auch die Musik zu GET CARTER. Zum Original, wie auch 2000 zum Remake mit Sylvester Stallone. Bei DIE WILDGÄNSE KOMMEN hat er jedenfalls sehr gute Arbeit abgeliefert, auch wenn ich hier und da mit einigen Szenischen Melodien nicht einverstanden war, weil sie etwas beschwingter klangen wie es vielleicht erforderlich gewesen wäre. Direkt fällt mir da die Befreiungsaktion ein und die Flucht mit dem Flugzeug, nachdem es gestartet ist. Aber das ist nur mein persönlicher Eindruck.
Alles in allem hat mir DIE WILDGÄNSE KOMMEN ungemein gefallen. Ein spannender Film mit einer guten Handlung, einiges an Action, beeindruckenden Stunts (auch wenn Granaten fliegen) und erstklassigen Schauspielern. Regisseur Andrew V. McLaglen hat gute Arbeit abgeliefert und versteht es den Zuschauer bei der Stange zu halten. Die Musik, die gelungene Kameraführung und der gute Schnitt runden das alles ab. Ein sehr guter Film, dessen 129 Minuten Laufzeit nie zu lang werden.
Die deutsche Synchronisation zählt mit zum besten, was in der damaligen Zeit produziert wurde, ich weiß nicht welches Studio dafür zuständig war, doch man hört absolute Topsprecher, wobei sich Hardy Krüger verständlicherweise selber spricht. Anders hätte ich das auch nicht akzeptiert.
Bei den einzelnen Sprechern erwähne ich mal zuerst Christian Brückner, der Julius Limbani seine Stimme leiht. Das kommt daher, dass ich Brückners Stimme über alles mag, ist er doch der Stammsprecher von Robert DeNiro und Martin Sheen. Bekannt ist seine Stimme aber ebenso von Burt Reynolds, den er bei EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR sprach.
Richard Burton bekam die Stimme von Horst Schön, dem Stammsprecher von Leslie Nielsen. Auch seine Stimme mag ich und nicht nur weil er Ossi ist, sondern weil er einfach ein guter Sprecher ist. Schön sprach Burton auch im gleichen Jahr in DER SCHRECKEN DER MEDUSA. Weiter geht es zu Richard Harris, dessen deutsche Stimme von Michael Chevalier kommt. Chevalier war Stammsprecher von Charles Bronson und machte da schon seine Sache ungemein gut. Richard Harris hat er übrigens auch mehrmals gesprochen. Zum Beispiel in ORCA – DER KILLERWAL, oder DIE STUNDE DER PATRIOTEN (mit Harrison Ford).
Roger Moores deutsche Stimme ist die von Niels Clausnitzer. Er ist sein Stammsprecher und aus den zahlreichen James Bond Filmen bekannt. Clausnitzer war für mich die Roger Moore stimme schlechthin, obwohl, eigentlich muss er sich den Thron mit Lothar Blumhagen teilen, der Moore ja bei DIE ZWEI auf erstklassige Weise sprach, sowie in einigen Filmen mehr. Clausnitzer war nicht sonderlich festgelegt auf Schauspieler, abgesehen von Moore. In mehreren Filmen sprach er aber Robert Vaughn (1. Synchro von FLAMMENDES INFERNO) und man hört ihn auch als Patrick McGoohan in SCANNERS. Zu guterletzt möchte ich noch Benno Hoffmann erwähnen, der seine Stimme dem Schleifer Sandy leiht. Er ist derjenige, der dem Schwuli das Arschloch zunähen will und den Jungens dergleichen an den Kopf werfen darf. Herrlich. Hoffmann ist mir am bekanntesten aus LEBEN UND STERBEN LASSEN und DER MANN MIT DEM GOLDENEN COLT, wo er Sherrif Pepper seine Stimme gibt. Wer diese Stimme auf Sandy überträgt, der weiß was für einherrliches Organ ihn erwartet. Besser kann das nicht passen.
Alles in allem bin ich von der deutschen Synchronisation begeistert, denn sie transportiert mit ihrer Qualität, vieles von der Qualität der Schauspieler und des Filmes an sich. Damit wird das Ganze in Deutsch noch um einiges besser, sage ich mal so blauäugig.
Wertung:
Die DVD
e-m-s hat sich des Filmes in unseren Landen angenommen und eine gelungene Auflage gebracht, der es in der Neuauflage (mit neuem FSK Logo) aber an einem Booklet fehlt. Es wäre zu klären, ob die Erstauflage ein solches hatte. Jedenfalls verfügt die Neuauflage über ein Booklet, das das übergroße FSK Logo von der Front verbannt. Aber nicht nur das verschwindet sondern auch ein hässlich gelber, dicker Streifen am oberen Rand, mit der Aufschrift „Hingucker“. Damit führt nichts an der Wendung des Covers vorbei und es ist echt angenehm, das dieser lästige Zusatz dort nicht drauf ist. Über die Ausstattung der 2 DVDs umfassenden Special Edition lässt sich nicht meckern, obschon der enthaltene Audiokommentar nicht mit deutschen Untertiteln versehen wurde, was ich doch sehr schade finde. Gott sei Dank spricht man britisches Englisch, was ich wesentlich besser verstehe als amerikanisches. Die zweite Disk habe ich noch nicht gesichtet, doch scheint sie wirklich ordentlich und vor allem umfassend ausgestattet zu sein. So gibt es eine 37-minütige Doku zu den Produzenten, ein 28-minütiges Making of zum Film, eine 40-minütige Radiosendung zum Film (die aber nicht untertitelt wurde), die komplette Super 8 Fassung des Filmes, ein altes deutsches Making of, Kinotrailer, Super 8 Trailer, eine sehr interessante Bildergalerie mit Kinoaushangfotos und Posterabbildungen, ein Bericht von einer Wohltätigkeits-Premiere und Biografien zu den Darstellern. Na wenn das keine ultimativ ausgestattete Auflage ist, die die Bezeichnung Special Edition zu recht trägt, dann weiß ich auch nicht.
Der eigentliche Film präsentiert sich in gelungenem, optischen Gewand. Die Farben sind satt, die Schärfe ordentlich, Bildrauschen gering und auch der Kontrast und die Helligkeit stimmen zufrieden. Der deutsche Ton ist klar und verständlich und Bass und Musik klingen ordentlich. Der englische Ton weiß ebenso gut zu gefallen. Die deutschen Untertitel sind zwar kein Bravourstück, da sie vermehrt zu früh kommen, doch man kann damit durchaus leben, auch wenn die Textaufteilung nicht immer günstig gewählt ist. Aber so kann man sich mehr auf den Film konzentrieren und kommen auch schlechtere Leser gut damit zurecht.
Für mich ist diese DVD Auflage einfach nur zu empfehlen. Sie bietet wirklich alles, was man braucht um über den Film informiert zu sein und er selbst präsentiert sich in sehr guter Qualität. Da die Special Edition derzeit nur magere 6,95€ kostet und das bei dieser Ausstattung, sollte jeder interessierte umgehend zuschlagen. Es lohnt sich.
Wertung:
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