@MonsterZero
So kurz ist mein Gedächtnis.
Gestern habe ich mich endlich durchgerugen:
Lagaan (Indien 2001; Regie: Ashutosh Gowariker)
Rajastan im 19. Jh.:
Eine indische Kolonial-Provinz wird von ihrem hochnäsigen Verwalter Captain Russell in Willkürmanier dazu genötigt, in diesem Jahr die doppelte Steuer (Lagaan) zu entrichten, obwohl sich eine Dürre abzeichnet. Damit sind die Bauern der Provinz quasi zum Tode verurteilt. Als eine Gruppe von Bauern aus dem Dorf Champaner dagegen protestieren will und dem Verwalter einen Besuch abstattet, platzen sie mitten in ein Krickett-Spiel und sollen warten, bis es zu Ende ist. Während sie warten, machen sie sich über das Spiel lustig. Als sie dann vor den Verwalter treten, macht dieser ihnen ein Angebot: Man möge doch in diesem "albernen" Spiel gegen einander antreten: Gewinnen die indischen Dörfler, wird ihnen die Steuer für drei Jahre ganz erlassen, gewinnen die Besatzer, müssen sie die doppelte Steuer zahlen. Der übermütige Bhuvan (Aamir Khan) schlägt ein und handelt sich damit den Zorn der Dörfler ein: Da niemand von ihnen jemals Krickett gespielt hat, kann das nur in der Katastrophe enden! Aber Bhuvan ist fest entschlossen und bekommt sogar Hilfe von Captain Russells Schwester, die sich auf die Seite der Inder schlägt, weil sie die Willkürherrschaft ihres Bruders nicht billigt.
Der große Lagaan. Der zweite indische Film (nach Mother India 1957*), der für einen Auslandsoscar nominiert wurde. Muß man also kennen.
Was hat mich dann so lange abgehalten, obwohl einem die exzellente deutsche DVD schon seit Monaten für 8 EUR nachgeworfen wird? Ganz einfach: das Wissen darum, daß der Film vier Stunden geht, von denen die ganze letzte dem finalen Krickett-Spiel vorbehalten ist. Eine Stunde Krickett! Wo ich Sportfilmen noch nie etwas abgewinnen konnte.
Tja, und in der Tat wurde diese letzte Stunde nicht nur lang, sondern auch sehr verwirrend, weil ich von Krickett und den Spielregeln keinen blassen Dunst habe (2 Jahre Brennball in der Schule helfen da auch nicht wirklich weiter). Wenn ich nicht kapiere, warum die Spieler jubeln, oder angespannt gucken, kommt bei mir keine Spannung auf.
Die ersten 3 Stunden plätschern so vor sich hin und erzählen vom Privatleben der Dörfler, von den Schwierigkeiten, eine Mannschaft zusammenzubekommen, die unterschiedlicher nicht sein könnte, wobei Gowariker hier im Schnelldurchlauf Religions- und Kastenprobleme abhakt (am Ende spielen Hindus zusammen mit einem Moslem und einem Sikh; nach anfänglichem Protest wird auch ein Kastenloser aufgenommen). Dann wird eine zarte Dreiecksliebesgeschichte zwischen Bhuvan, der Dorfschönheit Gauri, die ihn schon seit langem liebt, und der Schwester des Verwalters thematisiert, die sich aber nicht entfaltet.
Und natürlich gibt es in der Mannschaft noch den obligatorischen Verräter, dessen Motivationen hier wirklich alles andere als glaubwürdig sind.
Die Musik ist schön, aber irgendwie zu gemächlich, die Picturisations trotz Mengen von Statisten zu statisch.
Aber ich will den Film mal nicht zu schlecht machen: Wirklich gut ist die Kameraführung und der Schnitt; die Schauspieler, auch die Engländer, sind exzellent, und Gowariker zeigt schon hier sein großes Talent, skurrile Typen zu zeichnen (herrlich: der Dorf-Guru).
Also: Ein grundsätzlich netter Film mit guten Schauspielern und Technikern, die ihr Handwerk verstehen, der es aber nicht richtig geschafft hat, mich mitzureißen.
* Salaam Bombay (Ind./F/GB 1988) rechne ich mal nicht dazu, da der kein rein indischer, und schon gar kein "Bollywood"-Film ist.