Godzilla (USA 1998)
Satirischer Hubschrauber-Film mit Monstereinlage
Ich verneige mich vor Roland Emmerichs großer prophetischer Gabe. Wäre dieser Film 2003 gedreht worden, hätte ich als Regisseur Michael Moore vermutet: Ein deutscher Regisseur läßt einen Griechen und einen Franzosen in Amerika die Welt retten, während die US Army nichts auf die Reihe bekommt, als New York zu Klump zu schießen und friendly fire auf die eigenen U-Boote zu eröffnen. (Ganz zu schweigen von den IQ-losen US-Heli-Piloten, denen völlig entgangen zu sein scheint, daß die Echse keine Flügel hat.
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) Grandios auch der Einfall der Franzosen, die US-Straßensperren mit dem Kauen von Wrigley’s Jucy Fruit über ihre Nationalität hinwegzutäuschen.
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Auch die US-Weiblichkeit bleibt keineswegs verschont: Die Protagonistin ist eine charakterlose Dumpfbacke (physisch wie geistig eine erwachsene Kelly Bundy), ihre beste Freundin eine nervige Truck Stop-Kellnerin, die sich in den Journalismus geheiratet zu haben scheint, und die Chefin des griechischen Professors eine sexgierige Torschluß-Panikerin. Unterstützt wird dieses US-Gesellschaftsbild durch den Chef der "Kelly Bundy", der sich als sexueller Ausbeuter geriert. Von den kleinen Politsatiren-Einsprengseln um den New Yorker Bürgermeister ganz zu schweigen. Überhaupt erwärmt sich das Herz kaum für eine der Figuren.
Nun könnte man ja immerhin einräumen, daß man mit Prof. Tatopoulos immerhin eine recht geeignete Identifikationsfigur geboten bekommt. Dies wird jedoch dadurch völlig zunichte gemacht, da man schon aufgrund des Story-Setups ahnt, daß er am Ende der charakterlosen Blondine erliegen wird, obwohl diese ihn vor Jahren hat sitzen lassen, sein Vertrauen mißbraucht, ihn belügt und Reue offenbar nur deshalb zeigt, weil sie mit ihrem Vertrauensbruch nicht ans gewünschte Ziel gekommen ist (das Tape, das sie Tatopoulos gestohlen hat, wird von ihrem Chef ausgewertet und als dessen Fund ausgegeben) und zudem bei der "Entschuldigung" überaus dreiste Ausreden findet ("Du hast nicht gesagt, daß das Material nicht freigegeben ist." Wie bitte??? Wie soll man das fette "TOP SECRET" auf der Videokassette denn sonst interpretieren?).
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Mit wem soll man also Sympathie hegen? Für mich war der Fall klar: Der französische Gemeinagent ist echt ’ne coole Sau! Den (und sein permanentes Hadern mit der amerikanischen Ess-"Kultur") muß man mögen!
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Und natürlich das arme geschundene Monster! Auf der Suche nach einem kuscheligen Nistplatz für seine Jungen verheddert es sich erst in Schleppnetzen; denen glücklich entronnen, wird es sodann brutal beim Essen gestört, und muß auch noch die Ermordung seiner frisch geschlüpften und verspielten Jungen mit ansehen

, bevor es in eine gemeine Falle gelockt und brutal hingemetzelt wird – hingemetzelt von seinen eigenen Schöpfern! Gut, als Haustier wäre es mir auch etwas zu sperrig, aber angesichts der ethisch schwer bedenklichen menschlichen Species des Films, die zu allem Überfluß auch mehr kaputt gemacht hat, als das Monster selbst und damit auch mehr an Kollateralschäden angerichtet haben dürfte, als der Feind plattgetreten hat (immerhin sind in den beschossenen Häusern immer zahlreiche Fenster erleuchtet gewesen!) bekommt es eben doch meine ganze Sympathie. Hinzu kommt der hinreißende Schrei! Dieser Schrei, den ich in Final Wars so schmerzlich vermißt habe, hätte diesen großartigen letzten Toho-Wurf wunderbar veredelt! Er macht das ausgesprochen häßliche Monsterdesign mehr als wett!
Ich habe den Emmerich-Godzilla vorher schon einmal kurz nach seinem Release gesehen. Damals hatte er mich absolut nicht umgehauen: Das Story-Setup dem zwei Jahre zuvor erschienenen Independence Day zu ähnlich, nervige Protagonisten, häßliches Monster, der typische Hollywood-Action-Dünnschiß eben. Gut, im Grunde ist er das auch noch immer, aber heute kann man feststellen: Dieser Film war seiner Zeit voraus! (Und steht dabei in auffälligem Kontrast zu Independence Day.)
Wertung: Dieser Film tut unglaublich weh und macht großen Spaß!
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