


Die 50er Jahre kann man sicherlich als das große Jahrzehnt des Science Fiction bezeichnen: Ein bis dahin nur am Rande existierendes Genre expandierte geradezu explosionsartig. Als Nährboden für dieses Phänomen gilt im allgemeinen die Angst vor dem Kommunismus, die in den USA seit den späten 40ern zu grassieren begann. Viele der einschlägigen Filme bedienten sich dieser durch Politik und Medien geschürten Ängste recht unreflektiert. Die auf den Straßen ohnehin schon vorhandene Angst vor Invasion, die Angst vor Infiltration wurden geradewegs auf die Leinwand projiziert. Aus irdischen Gegenspielern wurden - mal mehr, mal weniger verklausuliert - außerirdische Feinde.
Bemerkenswerterweise schlägt jedoch mit DER TAG, AN DEM DIE ERDE STILLSTAND ausgerechnet ein Film aus den Anfängen dieses Jahrzehnts einen ganz anderen Weg ein. Hier wird die Angst nicht erzeugt - zumindest nicht um ihrer selbst Willen -, sondern sie ist in erster Linie Gegenstand der Betrachtung. Es wird gezeigt, wie sie aus Unvernunft und Vorurteil entsteht und welch verderbliche Folgen wiederum ihr selbst entspringen. Der eigentliche Feind ist nicht der außerirdische Besucher, die Probleme sind hausgemacht. Diese Botschaft wird zwar zum Teil reichlich plakativ vermittelt, aber nichtsdestotrotz eindrucksvoll. Man fühlt mit Klaatu - in seiner Mischung aus sympathischen und mysteriösen Facetten von Michael Rennie hervorragend dargestellt - regelrecht mit, wenn er bei seinen Versuchen, die Menschheit vor dem ihr drohenden Unheil zu bewahren, gegen Wände der Verbohrtheit rennt. Als vermeintliche Bedrohung wird er mit allen Mitteln verfolgt, während die Aggression, die hinter dieser Jagd steht, unerkannterweise die eigentliche Bedrohung ist.
Stimmt diese Grundtendenz des Films schon nachdenklich, wirkt sein Ende - zumindest aus heutiger Sicht - beinahe schon verstörend. Es stellt sich heraus, dass konkrete Gefahr, vor der Klaatu die an der Schwelle des Raumfahrtzeitalters stehenden Menschen warnen will, eine von seiner Kultur geschaffene Einsatztruppe von Robotern ist, die zwar unter normalen Umständen friedlich sind, jedoch auf jedes Zeichen von Aggression mit Vernichtung reagieren. Die anfangs so erstrebenswert scheinende Kultur Klaatus basiert in ihrer Gewaltlosigkeit also im eigentlichen Sinne nicht auf dem Sieg der Vernunft über die niederen Triebe, sondern auf der Angst vor den Konsequenzen, die aggressives Handeln unausweichlich mit sich bringen würde. Denn die Roboter unbesiegbar und verfügen über unvorstellbare Macht. Mit der Erschaffung dieser Wesen hat man einen Weg gefunden, ein für allemal dafür zu sorgen, dass Gewalt keinen Gewinn mehr bringen kann, sondern in den sicheren Untergang führt. Keine ideale Lösung, wie Klaatu offen zugibt, aber eine effektive.
Dieses Szenario erinnert in frappierender Weise an das, was nur zehn Jahre nach Entstehung des Film bereits Wirklichkeit geworden war, das Gleichgewicht der Kräfte im atomaren Wettrüsten: Die Waffensilos waren auf beiden Seiten so hoch mit nuklearen Sprengköpfen gefüllt, dass ein Angriff unweigerlich einen vernichtenden Gegenschlag zur Folge gehabt hätte. Waren sich die Storyschreiber dessen bewusst, dass die von ihnen beschriebene Grundstimmung auf so eine Situation hinauslaufen würde? Wenn ja, muss man ihnen wirklich ein hohes Maß an Weitsicht zugestehen. Wenn nicht, so haben sie immerhin die Grundlage für einen Film geschaffen, der den Zuschauer trotz all seiner Zeitbezogenheit auch heute noch voll und ganz in seinen Bann ziehen kann. Das lässt sich wirklich nicht über jeden Film des Genres sagen, der in dieser Ära entstanden ist.
Gruß
Gezora