Testflug zum Saturn (Polen, Sowjetunion 1979)

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In einer unbestimmten Zukunft in der Weltraumflüge dem Alltag angehören wird die Massenproduktion von künstlichen Menschen, Androiden oder, wie in der deutschen Synchro des vorliegenden Films: Nicht-Linearen diskutiert. Als Test ist eine riskante Weltraummission zum Saturn geplant. Die Besatzung soll aus Menschen und Nicht-Linearen bestehen, wobei demonstriert werden soll, dass letztere den Menschen wenigstens ebenbürtig, in der Regel aber haushoch überlegen sind. Der künstliche Mensch besitzt nicht nur eine höhere Körperkraft, sondern ist auch geistig potenter und lässt keinen Raum für Emotionen, Zweifel oder sonstige Unsicherheiten. Als Leiter der Mission wird der sehr erfahrene Pilot Pirx ausgewählt. Dieser ist zwar vehement gegen die Produktion der stählernen Ebenbilde, ist aber noch unentschlossen ob er den Job übernehmen soll. Ein auf ihn verrichtetes und glücklicherweise gescheitertes Attentat seitens der Robolobby lässt ihn seine Entscheidung allerdings im Nu fallen. Voller Misstrauen und gleichwohl Entschiedenheit die Nicht-Linearen scheitern zu lassen, willigt er ein und übernimmt die Führung in der Rakete auf ihrem Weg zum Saturn.
Nun kommt noch der große Haken an der ganzen Sache: Pirx bekommt eine Besatzung von fünf Mann gestellt, weiß aber nicht wieviele und wer von diesen überhaupt menschlich ist. Dies soll eine Vorsichtsmaßnahme sein, damit er die einzelnen Gruppenmitglieder nicht zu voreingenommen bewertet. Auch die Besatzung untereinander kennt sich nicht. Was folgt ist nicht nur eine Weltraummission, sondern vor allem auch ein Misstrauen Aller gegenüber Allen. Ein gegenseitiges Denunzieren und Selbstanzeigen. Eine Suche nach Verbundenheit und Aufbegehren. Nicht zuletzt auch ein reger Diskurs zwischen Philosophie und Ethik.
Besonders die zweite Hälfte des Films ist sehr düster und atmosphärisch gehalten. Auf dem gesamten Raumschiff scheint es kein Licht zu geben. Die Lage spitzt sich immer weiter zu, als jeder der Besatzungsmitglieder mit Pirx einzeln Kontakt aufnimmt und widersprüchliche Aussagen über die jeweils Anderen fällt. Auch ein (ziemlich psychedelisch anmutendes) Drohvideo tut sein Übriges und schürt die Ängste zusätzlich. Beim Finale des Films lässt sich eine Katastrophe, welche absichtlich von einem Nicht-Linearen verursacht wurde um die Menschen auszuschalten und selbst als bester überlebender Pilot dazustehen, in letzter Sekunde noch verhindern. In einer abschließenden Verhandlung werden die genaueren Umstände des Vorgangs erläutert, wobei sich die Handlungsstränge auf filmischer Ebene hier überlagern. Insgesamt wirkt der Film sehr modern, was zu großen Teilen sicher auch der erstklassigen Kameraarbeit zu verschulden ist. Diese fängt das Geschehen nämlich mit sehr nervösen Fahrten und hektischen Nahaufnahmen perfekt ein.
Testflug zum Saturn basiert auf der Kurzgeschichte "Die Verhandlung" von
Stanisław Lem zu der sich weitere Erzählungen rund um die Figur des Piloten Pirx reihen. Da ich die Buchvorlage leider nicht kenne, kann ich den Film nur für sich bewerten. Diese Bewertung fällt allerdings äußerst positiv aus. Die DVD selbst habe ich schon seit geraumer Zeit gesucht, doch war sie leider nirgends für einen humanen Preis aufzutreiben. Wie der Zufall es so wollte, stolperte ich dann unverhofft in "Andere Welten" in Hamburg über die Scheibe und griff auch gleich zu. Meine durch die lange Wartezeit angestauten, recht hohen Erwartungen konnte der Film vollends erfüllen. Wer auch nur bruchstückweise mit osteuropäischen Science-Fiction etwas anfangen kann, wird sich hier sehr wohl fühlen.
Eine gesonderte Erwähnung verdient die Diskoszene. Das ist wohl mit die dudeligste Dudelmusik die ich je gehört habe. Brüste gibt's auch noch!