The Story of Film – An Odyssey
Episode 1 - 1895-1918: The World Discovers A New Artform
Der englische Titel passt irgendwie besser, denn es grenzt an einer Odyssee, die sich Regisseur und Autor Mark Cousins da vorgenommen hat.
In insgesamt 15 Folgen und rund 15 Stunden behandelt er die Geschichte des Kinos, von den ersten bewegten Bildern bis „Inception“, von 1895 bis 2010.
Die erste Folge beginnt mit den Basics, die man im Physikunterricht leider vermisst, ging mir so.
Es geht um Edison, Dickson, Eastman und die Brüder Lumière, Namen, die jeder kennen sollte der sich auch mit den Hintergründen des Filmes befasst.
Es geht um die ersten bewegten Bilder, die mit Spiegelungen erzeugt wurden, es geht um den Kinetograph mit seinen 1⅜ Zoll Filmen und den 46 Bildern pro Sekunde, den Wettlauf zwischen Dickson und Edison bis hin zu Dicksons und Edisons Black Maria (Nachbau steht noch heute).
Die Brüder Lumière die Dicksons und Edisons Erfindung weiter entwickelten und gar verbesserten, mit ihren Cinématographe (mit 35mm Film), der erste Cinématographe von Léon Guillaume Bouly funktionierte komplett anders und da er 1894 das Patent nicht bezahlte, konnten die Brüder den Namen klauen.
Der Greifermechanismus des Cinématographe war revolutionär.
Dies brachte die ersten Filmemacher hervor, Louis Le Prince zum Beispiel, von dem der älteste noch erhaltene Film mit dem Titel „Roundhay Garden Scene“ von 1888 stammte.
Aber auch die Brüder drehten Filme, man muss hierbei beachten, dass es wirklich kurz Filme waren (nicht mal eine Minute), aber zu der Zeit eine Sensation, so entstand ihr Werk „Workers Leaving the Lumière Factory“ von 1895, welcher ganze 46 Sekunden läuft und meiner Meinung nach den ersten Filmhund beinhaltet.
Kinos oder besser Nickelodeons begannen in den Städten zu erscheinen, in dem kurze Filme, deren Handlung schon im Titel stand gezeigt wurden, „The Kiss“ (1986) zum Beispiel.
Leute waren zum Teil geschockt von den bewegten Bildern längst stattgefundener Ereignisse und gar dachten die Einen oder Anderen, der Zug fahre durch die Leinwand auf sie zu, sie gerieten in Panik („L'Arrivée d'un train en gare de La Ciotat“ von den Lumière Brüdern von 1896).
Schon in den Anfängen des Films entwickelten sich Dinge die heute selbstverständlich sind.
Die erste Filmtrilogie zum Beispiel entstand 1894 unter William K.L. Dickson und trägt den Titel „Sandow“.
Gegen Ende des Jahrhunderts begannen die Innovationen, Filme wurden immer länger und in Frankreich wurde der Film sogar gefördert, während er in den Staaten als Unterhaltung für den Pöbel galt.
Der längste Film Ende der 1800er war „The Corbett-Fitzsimmons Fight“ mit einer Länge von 100 Minuten, gedreht von Enoch J. Rector.
Eine zufällige Entdeckung, nämlich eine klemmende Kamera führte zu dem ersten Filmeffekt, nämlich auftauchende und verschwindende Dinge in dem man einfach eine Pause beim Dreh machte und den Gegenstand bzw. die Person entfernte bzw. hinstellte.
Georges Méliès benutzte jenen Trick 1898 in Frankreich für seinen Film „The Astronomer's Dream“.
Ebenfalls Ende der 1800er wurde der Schnitt geboren, nicht das Magazin.
„The Kiss in the Tunnel“ (1899) von George Albert Smith, verwendete nicht nur Schnitte, nein er zeigte auch die erste Phantomfahrt, indem er vorne auf dem Zug die Strecke während der Fahrt filmte.
Man stelle sich nur „Die schönsten Bahnstrecken Deutschlands“ ohne diese Technik vor.
Von ihm stammte auch der erste Umschnitt auf eine Nahaufnahme, Filme waren vorher wie Theaterstücke in der Totalen aufgebaut, in seinem 1903 erscheinenden Film „The Sick Kitten“, bei dem er in Nahaufnahme eine Katze beim Trinken zeigte.
Wie man sich denken kann revolutionierten der Schnitt und die Nahaufnahme das frische Kino weiter.
„Life of an American Fireman“ (1903) von Edwin S. Porter war ein wahres Schnittmonster zu jener Zeit.
Nicht nur das er Bilder auf Bilder verwendete, er schnitt die Handlung auch erst mal nacheinander.
Der Feuerwehrmann von außen stellt die Leiter auf, die Frau im Haus wird ohnmächtig, der Feuerwehrmann bricht die Tür auf, der Feuerwehrmann bricht das Fenster auf und bringt die Frau runter und rettet anschließend das Kind.
Die ohnmächtig werden Frau und die Leiter passieren eigentlich parallel und das Ergebnis gefiel Edwin S. Porter selber nicht und so schnitt er den Film um, der erste Director’s Cut quasi.
Er schnitt bei Version zwei zwischen im Haus und draußen hin und her, was dem ganzen zudem noch Dynamik verlieh.
1908 die Erfindung der für einen Film geschriebener Musik, natürlich in Frankreich für „The Assassination of the Duke of Guise“ Komponist war Camille Saint-Saëns.
Anfang des jungen Jahrhunderts wurden dann auch die ersten Stars geboren Florence Lawrence z.B. oder Asta Nielsen.
Filme wurden immer innovativer und kam es in Australien zum, bis dato, längsten fiktionalen Film „The Story of the Kelly Gang“ (1906) mit einer Laufzeit von über 60 Minuten, der 100minütige Boxkampf war ja nicht geschauspielert.
Studios wurden in der Filmstadt New York, genauer Ney Jersey gegründet, an Hollywood war noch nicht zu denken.
Hollywood wurde erst interessant als Patentrechte auf gewisse Sachen erhoben wurden in den Bundesstaaten rund um New York, diesen Patentrechten entging man dadurch.
Weitere neue Techniken schossen aus dem Boden, die Splitscreentechnik wurde 1913 im Film „Suspense“ erfunden, sorry Jack Bauer.
Auch die Macht des Kinos wurde erstmals bekannt durch D. W. Griffiths Propagandawerk „The Birth of a Nation“ (1915), welcher den Ku Klux Klan glorifizierte.
Griffith drehte danach, als Wiedergutmachung, „Intolerance“ ein Mamutwerk mit über drei Stunden Länge und riesigen, damals bombastischen Monomentalbauten, die leider später abgerissen und zum Teil heute wieder nachgebaut wurden.
Doch es waren die Schweden, die wirkliche Innovation in den Film zurückbrachten, während die Staaten schon zu jener Zeit eher zum Bombast neigten.
„Häxan“ (1922) von Benjamin Christensen wurde in einigen Ländern verboten und in den Staaten nur stark zensiert zugelassen, wegen sexueller Perversion, Nacktheit und Brutalität.
Doch neben Christensen war es vor allem Victor Sjöström, der mit seinen beiden Filmen „Ingeborg Holm“ (1913), der erste realistische fiktionale Film und „The Phantom Carriage“ (1921), welche revolutionäre Spezialeffekte hatte und zum ersten Mal Rückblenden verwendete.
So wunderte es nicht, dass die Amerikaner sich die Schweden einkauften, was die schwedische Filmindustrie für Jahrzehnte zurück schmiss.
Interessant war der Fakt, dass die meisten Drehbücher der damaligen Zeit in Hollywood von Frauen geschrieben wurden, da der Film nur was für Leute war, die sonst in keinen Beruf passten.
Die Herren der Schöpfung, in den Staaten, in Europa sah das ganz anders aus, wurden erst Ende der 1920er mit dem Einstieg der Wallstreet ins Filmgeschäft und Monomentalwerken wie „Intolerance“ die recht viel Geld einspielte, aber auch viel kosteten, auf den Film aufmerksam.
Auch gab es viele weibliche Regisseure, in den Staaten sicher die bekannteste Lois Weber, in Europa war die bekannteste sicher Alice Guy-Blaché.
Das alles, ist hier wirklich kurzgefasst und einiges mehr hat die erste Folge der Dokumentation zu bieten.
Schön vor allem, dass sämtliche Filme, soweit noch vorhanden, auch in laufenden Bildern gezeigt werden, wie zum Beispiel „Workers Leaving the Lumière Factory“ und sogar die „Roundhay Garden Scene“.
Die späteren längeren Filme, wie etwa „The Birth of a Nation“ sind selbstverständlich nur ausschnittsweise enthalten.
Die Interviewpartner sind wirklich informativ, was bei Dokus leider mittlerweile nicht mehr selbstverständlich ist und man erfährt auch einiges Neues, wenn man sich nicht vorher schon mit der frühen Epoche des Films befasst hat.
Gesprochen wird das Ganze im deutschen von Knut Elstermann, dem Radio 1 Filmexperten, leider etwas monoton aber dennoch sehr gut.
Es ist echt erstaunlich was Mark Cousins schafft in rund 60 Minuten Dokumentation unterzubringen ohne den Zuschauer mit Fakten zu überschütten.
Man hat nie einen Informationszusammenbruch, weil es zu viel ist, dafür mein Respekt.
Wo wen ist die Doku nun geeignet?
Für die erste Folge, die anderen bespreche ich auch noch, sicher für Leute die mit Stummfilmen und den Anfängen des Kinos was anfangen können, oder sich speziell dafür interessieren, sicher interessant.
Ansonsten natürlich für alle Filmbegeisterte die auch die Geschichte kennen wollen.
Es bietet sich auch zur Ergänzung der Box „Das Jahrhundert des Kinos - Filmgeschichte weltweit“ an, die zwar gesamt gut ist, aber dennoch nicht wirklich das Gelbe vom Ei, da nur ein Teil der Dokus wirklich gut sind und sie nur eine Sicht des einzelnen Regisseurs bieten.
Fazit: Folge 1 hat mich schon mal begeistert und bietet einen ausführlichen Blick auf die Anfänge des Kinos.
Daher bis jetzt volle Punktzahl für den Inhalt, mit etwas Abzüge für Elstermanns Monotonie, aber vielleicht fängt er sich noch, die Anfänge sind ja doch eher trocken.
Übrigens Blasen sind manchmal mehr als man denkt!
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Story_ ... An_Odyssey
http://www.studiocanal.de/dvd/the_story_of_film