電送人間 (Densô Ningen)
Japan 1960
Internationaler Titel: Secret of the Telegian
Einer der wenigen klassischen Scifi Filme der Toho, die ich bisher noch nicht gesehen hatte. Bei Filmen wie diesem weiß ich immer wieder warum mein Herz eben genau bei diesen liegt und warum ich überhaupt Filme so gerne mag. Keine andere Art von Filmen übt einen derart hohen Reiz auf mich aus und begeistert mich so sehr wie japanische Scifi Kracher aus den 50-70ern. Und obgleich ich nun meinen Fokus über die Jahre erweitert habe und an vielen anderen Genres Gefallen gefunden habe, so bleibt meine größte Faszination doch hier hängen.
Densô Ningen ist eben genau einer dieser tollen Filme. Wie so viele andere auch, hat er den Weg nach Deutschland nie geschafft und mit ein Grund warum ich ihn bis zum heutigen Tage noch nicht gesehen hatte, ist unter anderem einfach die schlechte Verfügbarkeit aufgrund zu hoher Skurrillität. Der Film ist einzig und allein in Japan auf DVD erschienen, erfuhr in den USA aber wenigstens eine Kinoauswertung. Eine deutsche Synchronisation liegt demnach natürlich nicht vor.
Neben
Das Grauen schleicht durch Tokio (Japan 1958) und
The human Vapour (Japan 1960), stellt Densô Ningen den zweiten Eintrag der sogenannten "Henshin Ningen-Trilogie" von Toho dar und erschien im gleichen Jahr, allerdings einige Monate vor
The human Vapour. Allesamt sind diese Filme stark unterrepräsentiert und stehen im Schatten von Godzilla und Co wenn man von Scifi Filmen aus dieser Zeit spricht. Hierzulande hat es lediglich der erste Eintrag geschafft, aber auch bei diesem warten wir vergeblich auf eine Heimveröffentlichung. Diese stiefmütterliche Behandlung erfahren diese Filme wahrlich zu Unrecht, so wurden sie sogar jeweils von namhaften Regiesseuren abgedreht. Für sowohl
Das Grauen schleicht durch Tokio als auch
The human Vapour war Altmeister Ishirô Honda persönlich verantwortlich.
Secret of the Telegian hingegen gilt als die erste alleinig ausgeführte Regiearbeit von Jun Fukuda, welcher uns Godzillafans ebenso wie Honda ein Begriff sein sollte. Obwohl ich persönlich sehr großer Fan von Fukudas Godzillafilmen bin, stellt
Secret of the Telegian fast schon seinen besten Film überhaupt dar. Wenn man die Godzilla-Fanbrille einmal ablegt, ist er es objektiv gesehen auch zweifelsohne.
Noch kurz zu der zuvor erwähnten "Henshin Ningen-Trilogie": Den Filmen ist allen gemein, dass es um Menschen geht, die ihren Körper aus verschiendenen Gründen verwandeln können. In
Das Grauen schleicht durch Tokio aka Ekitai Ningen war es ein flüssiger Mensch, in
The human Vapour aka Gasu Ningen ein gasförmiger und im hier besprochenen
Secret of the Telegian aka Densô Ningen ist es ein elektrischer Mensch, der sich teleportieren kann. Neben diesen dreien, gab es noch zwei weitere Filme, die thematisch sehr nah verwandt sind aber nach traditioneller Zählung nicht zu dieser Trilogie gezählt werden. Da wären zum einen
Invisible Man aka Tômei Ningen (Japan 1954) und zum anderen
Matango (Japan 1963). Wohingegen letzterer noch eher bekannt sein dürfte, ist ersterer dafür umso mehr in der Versenkung verschwunden, erfuhr außerhalb Japans (und auch dort kaum) fast keine Beachtung und ist neben der obligatorischen japanischen Toho-DVD auch nicht zugänglich. Regie führte hier übrigens Motoyoshi Oda, welcher ein Jahr darauf uns den zweiten Godzillafilm
Godzilla kehrt zurück (Japan 1955) bescheren sollte. Wenn wir uns
noch einen Schritt weiter zurück begeben wollen, bleibt zu erwähnen, dass die Konkurrenzgesellschaft Daiei (u.a. verantwortlich für unser Aller Lieblingsschildkröte Gamera) im Jahre 1949 (!) bereits einen ersten Film zur Thematik „unsichtbarer Mensch“ abgedreht haben. Die Rede ist von
Invisible Man appears aka Tômei Ningen arawaru. Die Idee ist wie unschwer zu erkennen an den Universal Klassiker angelehnt, welcher mit
Der Unsichtbare (USA 1933) eine sehr erfolgreiche Franchise startete, die zahlreiche Fortsetzungen nach sich ziehen sollte.
Invisible Man appears war übrigens Japans zweiter Film mit Spezialeffekten nach dem Kriegsende (sog. Tokusatsu Eiga). Verantwortlicher hierfür war kein geringerer als Eiji Tsuburaya. Zwei Monate zuvor erschien ebenfalls von der Daei
Niji-Otoko aka Rainbow Man.
Als wäre es der Abdriftungen nicht schon genug, hier noch eine letzte Information für den besonders wissbegierigen Leser. 1975 schrieb Jun Fukuda ein Drehbuch mit dem Werktitel „Tomei Ningen tai Kaen Ningen“ (übs. Der Unsichtbare gegen den Feuermenschen). Zu diesem Film sollte es allerdings aufgrund der finanziell schlechten Lage der Toho Filmgesellschaft und dem sinkenden Interesse für Science-Fiction Stoff (und für Film allgemein) in Japan leider nicht kommen. Immerhin ging ja sogar Godzilla in genau diesem Jahr in eine neunjährige Auszeit. Düstere Zeiten für’s japanische Kino brachen an, allerdings ist das dann wieder eine andere Geschichte…
Zurück zu unserem Film
Secret of the Telegian aka
Densô Ningen.
Die Story setzt ein in einem Vergnügungspark, um genauer zu sein, steht die Geisterbahn im Vordergrund. Wo sich für gewöhnlich gegruselt wird, passiert zu diesem Zeitpunkt ein echter Mord. Die Gäste rennen schreiend nach draußen und die Polizei wird alarmiert. Obwohl der Mörder die Geisterbahn mit Gewissheit nicht verlassen hat, ist er dennoch spurlos verschwunden, die Polizei tappt im Dunkeln. Das Opfer war Teil einer Gruppe von Soldaten die kurz nach dem zweiten Weltkrieg Goldbarren aus einer Mine plündern wollten. Damals stellte sich ein Soldat namens Tudo gegen sie und es kam zur Auseinandersetzung. Die Soldaten überwältigten Tudo, ließen mit ihm auch den führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der „Transmission“, Dr. Nikki, zurück und sprengten die Mine. Als sie ein Jahr später zurückkehrten um die Goldbarren sicherzustellen, waren weder diese, noch die Leichen der beiden aufzufinden. Verwirrt und mit leeren Händen vergaßen sie diese Epoche ihres Lebens. Doch schon bald holte sie ihre Vergangenheit ein, denn nachdem der erste Mord geschah, sollten auch die restlichen drei Soldaten von damals mittels eines Tonbands über ihr künftiges Schicksal erfahren. Auf dem Tonband spricht der todgeglaubte Tudo, er würde sich rächen und einen nach dem anderen töten. Kaum versieht man sich, ist auf äußerst seltsame Art und Weise der Mörder bereits im Komplex und tötet den ersten. Als die Polizei daraufhin in den Raum bricht, springt der Mörder aus dem Fenster und rennt davon. Obwohl einige ihm folgen, verschwindet er abermals spurlos.
Der dritte Kandidat bekommt ein genaues Datum mit Uhrzeit genannt wann er sterben wird. Obwohl er als Krimineller selbst die Polizei meiden will, fürchtet er sein androhendes Schicksal umso mehr, stellt sich und steht fortan unter Polizeischutz. Diese bewacht ihn in jeder Sekunde. Als nun die Todeszeit angebrochen ist, kommt plötzlich eine seltsame Lieferung an und lockert die Bewachung auf. In einer unbemerkten Sekunde wirkt eine Wache wie ausgetauscht – der Mörder ist bereits unter ihnen! Von da an geht alles ganz schnell. Der Mörder schlägt zu, rennt davon und verschwindet. Ein letztes Opfer bleibt. Dieses flüchtet auf eine einsame Insel, doch auch hier scheint es nicht sicher. Langsam kommt die Polizei der Sache auf die Schliche. Der Mörder hat mithilfe von Professor Nikki einen Teleporter aus umgebauten Kühlmaschinen entworfen. Diese Maschinen schickt er in die Nähe der Tatorte, damit er nach getaner Arbeit so schnell wie möglich abhauen und sich direkt nach hause teleportieren kann. Die Maschinen sprengt er nach Benutzung damit kein weiterer Verdacht aufkommen kann. Sein Alibi scheint also bombensicher. Nachdem er auch den letzten Mord erfolgreich absolviert hat und sich zurückteleportieren will, rächt sich, welch Ironie, der Professor an ihm, weil dieser ihn zuvor umbringen wollte, und zerstört während der Teleportation den Ausgangsteleporter. Die Polizei sieht nur noch wie Tudo schmerzerfüllt schreiend ins Nichts teleportiert wird.
Der Film bietet einen sehr straffen Erzählfluss und lässt keine Sekunde aus um die Story weiterzubringen. Dadurch dass mehrere Opfer gefordert werden und diese ihren Todeszeitpunkt auch relativ genau wissen, werden geschickt mehrere Höhepunkte in den Film eingebaut. Es ist jedesmal wirklich unglaublich fesselnd inszeniert wie der Mörder es doch schafft, wider jeder Sicherheitsmaßnahmen, sein Ding durchzuziehen und sogar unbeschadet davonzukommen. Teilweise erinnert es sogar an Matrix, da der Mörder sich scheinbar in vertraute Personen verwandeln kann, die sich erst komisch verhalten und dann plötzlich der Mörder sind. Der Zuschauer wird hier scheinbar sogar selbst überrumpelt, das Unglaubliche geschieht. Die ersten beiden Henshin Ningen Filme wirkten mir einfach etwas zu laff, mit zu vielen Längen versehen. Dieser hier ist Action pur und konzentiert sich auf’s wesentliche. Auch die angedeutete Liebegeschichte scheint nicht zu stören und verläuft sich unbemerkt im Sand.
Secret of the Telegian ist wirklich ein ganz großer Film und, wie schon erwähnt, sicherlich Fukudas größter. Falls ihr die Chance habt an den Film ranzukommen, lasst es euch auf keinen Fall entgehen! Das hier ist Tokusatsu Pflichtprogramm!