Alamo (1960)
Ich glaube es war vor einigen Jahren, dass ich mit einem Kollegen über Westernfilme redete und in dem Zusammenhang kamen wir auch auf John Wayne. Schon bald wollte ich mal einen Western mit ihm sehen und mich auch überhaupt mit dem Genre näher befassen. Mein erster Kontakt mit den Filmen vom Duke, hab ich mit „El Dorado“ gehabt und damit wahrlich einen seiner besten Western erlebt. Jedoch richtig bewusst einen Wayne Film gesehen hab ich mit „Die vier Söhne der Katie Elder“ und dieser machte mich auch zum John Wayne Fan, denn mittlerweile habe ich schon massig Streifen mit dem Duke gesehen und dabei nicht nur Western, sondern auch aus sämtlichen anderen Genres, in denen er drehte. Nichts kommt ihm gleich. Kein anderer Schauspieler lässt sich mit dem Duke vergleichen. Er ist größer als alle anderen, eben ein wahrer Duke. Wie gern hätte ich ihn einmal live erlebt.
John Wayne war einer der wenigen Schauspieler, die ihren eigenen Weg gingen. Er gründete seine eigene Produktionsgesellschaft und machte sich selbständig. So konnte er sich seine Projekte aussuchen und verdankte dies auch seinen Söhnen, denn Michael Wayne führte die Geschicke Daddys Firma Batjac Productions und Sohnemann Patrick tauchte auch tatkräftig als Darsteller in Erscheinung.
Bei Projekten, die John Wayne besonders am Herzen lagen führte der Duke auch schon einmal selbst Regie, wie bei „Die grünen Teufel“ und eben auch bei „Alamo“. Wayne fand, dass es dieses historische Ereignis wert war erzählt zu werden. Schon in den 20ern gab es eine Verfilmung des Stoffes, doch diese hier sollte alles bisher da gewesene in den Schatten stellen.
Mit einer Laufzeit von 157 Minuten ist ein epochales Werk daraus geworden, das besonders in der finalen Schlacht enorme Ausmaße zeigt. Ganze 2200 Pferde und Reiter waren im Einsatz und noch eine Menge anderer Statisten zu Fuß. Hinzu kommen die beeindruckenden Zerstörungen und die damit verbundenen spektakulären Stunts, bei denen sicherlich einige ihre Schrammen davontrugen. Die Glaubwürdigkeit des Geschehens unterstützt es jedoch sehr. Beeindruckt verfolgt man diese Schlacht und wer die Geschichte kennt, weiß wie es aus geht.
Von der Inszenierung her bin ich überrascht, wie gut es der Duke vermag die Geschichte zu erzählen. Gekonnt ruft er im Zuschauer Emotionen wach, wenn Col. William Travis seinen zu strengen Führungsstil zum Besten gibt. Jedoch stempelt er ihn nicht gänzlich zum Arschloch, sondern lässt der Strenge stets triftige Gründe für sein Verhalten folgen. Dennoch bleibt Travis den Film über ein Unsympath, was sich im Finale dann aber ändert. Colonel wird von Laurence Harvey sehr überzeugend verkörpert. Man nimmt ihm die Arschlochstränge ab, sowie die ehrlichen Begründungen seines Handelns. Ein weiterer übergroßer Part fiel an Richard Widmark. Dass Widmark ein hervorragender Darsteller ist weiß jeder, der sich mit Filmklassikern beschäftigt. Ich habe bisher noch nicht viele Filme mit ihm gesehen, doch spätestens mit seiner Rolle des Jim Bowie bin ich von seinem Können überzeugt worden. Dies wird besonders in der Szene deutlich, in der Bowie einen Brief erhält.
In der deutschen Synchronisation hat man den Namen seiner Figur aber recht verschandelt, denn hier klingt er nicht wie Bowie, sondern wie Bui. Das „w“ wird im Englischen nicht deutlich gesprochen. In der deutschen Übersetzung lässt man es ganz fallen. Puristen stört es, mich hingegen nicht wirklich.
Und schließlich übernimmt der Duke himself den wohl passendsten Part, nämlich den des Col. Davy Crockett. Typisch Wayne werden viele sagen, die ihn im Film erleben, aber so ist er nun mal. Und so überragt er alle anderen Schauspieler und wird zum Sympathieträger Nummer eins. Einfach klasse die Szene vor der Cantina, wo Graciela Carmela Maria 'Flaca' de Lopez y Vejar (was für ein Name) verschwinden will und von einem zudringlichen Kerl einfach nicht gelassen wird. Herrlich wie sich der Duke aufführt und unvergleichlich danach die herzhafte Schlägerei. So wollen die Fans ihn sehen.
Neben dem gekonnten Erzählstil hatte Wayne aber auch ein gutes Händchen für die optische Umsetzung. So greift er in eben geschilderter Szene einmal zu einer interessanten Beleuchtungsform. Ich versuch das mal zu schildern: Die Szene ist in Weitwinkel aufgenommen. Flaca steht auf der rechten Seite des Bildes in der Tür. Aus ihrem Zimmer scheint das Licht der Lampen auf den Flur und beleuchtet nur sie richtig. Der rest des Flures liegt im Finstern. Nur von der Wand reflektiert Licht von der Straße und davor zeichnet sich die Silhouette des im Flur stehenden Crockett ab. Optisch ein beeindruckendes Ensemble und von dieser Art sieht man viel in „Alamo“.
Letztendlich war es für John Wayne ein Kraftakt gewesen, doch ist ein oscarverdächtiges Werk daraus geworden. Leider bekam der Film nur einen der begehrten Trophäen verliehen, obwohl er für ganze 7 nominiert war, darunter auch in der Kategorie „Best Picture“. Aber „Alamo“ musste sich Billy Wilders „Das Appartement“ (mit Jack Lemmon und Shirley MacLaine), Richard Brooks „Elmer Gantry - Gott ist im Geschäft“ (mit Burt Lancaster) und Stanley Kubrik überragenden „Spartacus“ (mit Kirk Douglas und Peter Ustinov) geschlagen geben und bekam den Oscar somit nur in der Kategorie „Best Sound“ verliehen, was ich ehrlich gesagt eine kleine Unverschämtheit finde.
Wenigstens Dimitri Tiomkins einprägsamen Filmscore hätte man noch würdigen sollen. Tiomkin war zur damaligen Zeit zwar schon vierfacher Oscar Preisträger, doch die wunderschöne Melodie geht doch direkt ins Ohr. Und auch die gesungenen Klänge, die ebenfalls auf sein Konto gingen wurden nominiert. Man erinnere sich nur an seinen herrlichen Song in „High Noon“ (12 Uhr Mittags). Ähnlich gelungen sind die Songs hier.
Somit gebe ich:
Keoma (1976)
Italowestern: schmutzig, ernst, hart, erbarmungslos. Die größten Vertreter dieses Genres bieten diese Elemente und Enzo G. Castellaris Film macht da keine Ausnahme.
Covertext: Sein Name ist Keoma. Er ist geächtet und vogelfrei, doch sein Colt spielt die "Melodie des Sterbens". Seine Feinde fürchten ihn, denn er ist gerecht und seine Rache ist gnadenlos.... Als Kleinkind überlebt Keoma als einziger das blutige Gemetzel auf einer Farm. Zusammen mit seinen drei Stiefbrüdern, die ihn als Bastard verachten, wird er vom Vater groß gezogen. So wird der Negersklave George sein Spielgefährte und bester Freund. Bald ist Keoma der schnellste Schütze weit und breit: Nun zieht der Bürgerkrieg mit seinen Schrecken über das Land. Als Keoma kampferprobt zurückkehrt, ist die Farm verkommen und der Vater ergraut und müde. Eine Bande marodierender Soldaten terrorisiert die ganze Gegend. Sie haben Pockenkranke in einer verlassenen Minensiedlung mit Gewalt abgesondert und wollen die Dahinsiechenden ihrem grausamen Schicksal überlassen. Keine Hilfe. Kein Arzt. Keine Medikamente. - Da taucht Keoma auf! Er befreit eine junge schwangere Frau aus den Händen der feigen Horde und will den Kranken helfen, doch die Übermacht scheint für den Einzelgänger zu groß, der sich nur auf seinen treuen Freund George verlassen kann. Doch mutig und selbstlos tritt Keoma der Mörderbande entgegen und sein schneller Colt spielt ihnen die "Melodie des Sterbens". - Da stellen sich auch seine drei Stiefbrüder gegen ihn...
Oft war es im italienischen Kino so, dass ein Film gedreht wurde, von dem lediglich der Titel bekannt war. Ein Script gab es nicht. Man filmte einfach drauf los. Dass dabei mitunter ziemlicher Schrott herauskam zeigen einige Vertreter, doch abhängig vom Regisseur konnte ein wahres Meisterwerk entstehen. Zu „Keoma“ existierte also lediglich der Titel, der ein indianischer Name ist, und eine Intension des Regisseurs. Nämlich „Peckinpah Stile“. Die Story entwickelte sich erst im Lauf des Filmes und schenkt man Franco Nero Glauben, so stammt einiges davon auch aus seiner Feder und der der Schauspieler.
Neben den markanten Gesichtszügen von Franco Nero kann man zudem den Österreicher William Berger ausmachen, der Italowesternfans auch als Banjo aus Sabata (mit Lee van Cleef) bekannt sein dürfte. Und auch der einmalige Woody Strode gibt sich hier die Ehre und spielt einen Alkoholsüchtigen Ex-Sklaven. Bei den Stuntmänner fällt sofort Giovanni Cianfriglia und Riccardo Pizzuti auf. Letzterer bekam in vielen Bud Spencer und Terence Hill Filmen regelmäßig Prügel und ersterer war als Stuntdoubel von Steve Reeves (Herkules) tätig.
Die Musik stammt aus der Feder von Maurizio und Guido de Angelis und wer diese Namen kennt weiß, was ihn erwartet. Wieder ein herrlicher Filmscore, der eine unvergleichliche Atmosphäre schafft, denn dafür sind die Oliver Onions nun einmal bekannt gewesen.
Aber nun zum Film. „Peckinpah Stile“, dies fällt einem hier wahrlich auf, denn Enzo G. Castellari schwelgt in den Gewaltszenen geradezu überschwänglich in Zeitlupenszenen und macht das Ganze damit zum Fest fürs Auge. Da Keomas Waffe locker sitzt bekommt man wirklich einiges geboten. Aber auch sonst greift der Regisseur zu interessanten Perspektiven und nutzt das Cinemascope Bild von 2.35:1 so richtig aus. Recht interessant ist da eine Kamerafahrt. Nero und Berger, also Keoma und sein Vater, sitzen am Tisch und die Kamera fährt von Keoma zum Vater in einem Halbkreis und lässt die beiden damit keine Sekunde aus dem Blickfeld. Schnell merkt man, dass diese Szene nur der Kamerafahrt wegen gemacht wurde, denn was Nero hier zu sagen hat ist sehr überflüssig. Auch halte ich die Veränderung der Perspektive nicht gerade für gelungen, denn optisch entfernen sich die Protagonisten voneinander und nähern sich danach wieder an. Ich hätte das hier mit einem Streitgespräch verbunden, in dem sie sich in ihrer Meinung voneinander entfernen und danach wieder annähern. Wenn man dies dann noch so gestaltet hätte, dass man zu Anfang Keomas Meinung teilt und danach aber eher zu der des Vaters tendiert hätte die Kamerafahrt ihren Nutzen gehabt und in ihrer Form sogar eine Symbolik bekommen.
Wo wir gerade bei Symbolik sind. Die alte Frau, die im Film immer wieder auftaucht scheint einen besonderen Zweck zu haben, der sich mir aber nicht erschließen will. Es bleibt für mich ungeklärt, ob sie nur ein Hirngespinst von Keoma ist, oder eine tatsächlich existierende Figur. Oft sah ich in ihr die Personifizierung des Todes, denn überall wo sie auftaucht gibt es kurz darauf Tote. Zudem sagt sie zu Beginn zu Keoma: „Erinnerst du dich? Ich war auch da gewesen.“ Und spielt damit auf das ausgelöschte Indianerdorf an, in dem Keoma als einziger Überlebender war. Rings um ihn nichts als Leichen.
Ich bin beeindruckt. Emotional zwar nicht so sehr, wie bei Sergio Corbuccis „Django“, doch wurde ich dennoch erstklassig unterhalten. Enzo G. Castellari ist ein fesselnder Italowestern mit einer herrlichen Optik und massig Actionszenen gelungen. Gewisse Elemente der Story geben dem Ganzen ihre Würze und besonders im letzten Drittel erreicht der Film mit überraschenden Wendungen eine ganz eigene Qualität. Der „Peckinpah Stile“ ist Castellari dabei hervorragend gelungen.
Meine Wertung also: