Code 46
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Seit einigen Monaten staubte ein Film in meinen Regalen vor sich hin, den ich in meiner „Sozialkritische Filme“ Phase gekauft habe. Nun gestern hatte ich endlich Zeit und vor allem Muse dazu. Was ich zu sehen bekam war überaus interessant.
In einer nahen Zukunft, haben die Klontechniken und Invitro-Geburten ein Ausmaß angenommen, aus dem ein Schutzgesetz für die menschliche Rasse entstanden ist, denn nun können viele Menschen genetisch kompatibel sein, obwohl sie sich nicht kennen und nie gesehen haben. Genetische Kompatibilität führt zu Defekten in den Nachkommen und könnte am Ende die Menschheit gefährden. Deshalb wurde der Code 46 eingeführt. Dieser besagt, dass man ab einem gewissen Grad der Kompatibilität keine Beziehung miteinander eingehen darf. Geht eine Schwangerschaft aus einer solchen Beziehung hervor, ohne dass die Parteien etwas davon wussten, wird das Kind abgetrieben und sämtliche Erinnerungen an den Partner gelöscht. Handelt man wissentlich gegen Code 46, also weiß, dass der Partner einen zu hohen Kompatibilitätsgrad hat, begeht er eine Straftat.
Detektiv William Geld ermittelt in einem Diebstahlsfall in einer der stark beschützten Städte, denn die Zweiklassen Gesellschaft ist deutlicher denn je. In den umliegenden Wüstengebieten vegetieren die Armen vor sich hin, die nicht das Privileg genießen dürfen in den Städten zu leben. Sie werden aus gewissen Gründen aussortiert und bekommen keine Pellets, dass sind Passierscheine für die Städte. Geld untersucht nun Diebstähle solcher Pellets, die es einigen Armen ermöglichte dennoch in die Stadt zu gelangen. Schnell findet er den Schuldigen, denn mit Hilfe eines Einfühlungsviruses kann er die Gedanken anderer lesen, wenn diese zuvor etwas Persönliches von sich Preis gegeben haben. Das Problem ist aber, dass er sich in die Täterin verliebt. Nach einer heißen Affäre erfährt er, dass er mit ihr keine Beziehung eingehen darf, wegen Code 46. Doch er ist gefangen in seiner Liebe und auf dem besten Weg eine Straftat zu begehen.
Code 46 nimmt wird von den Mainstreamern gemieden, denn er ist keinesfalls für diese Gruppe gedacht. Vielmehr ist er ein innovatives Stück Film mit einer unvergleichlichen Optik und noch vielmehr mit einer unmissverständlichen Aussage. Einem Fingerzeig, einer Warnung vor dem was kommen wird, wenn wir nicht vorsichtig sind mit den Möglichkeiten der Technik. Solch sozialkritische Anklänge findet man häufig in Science Fiction Filmen, doch hier wirkt es realer denn je. Invitro Schwangerschaften gibt es heut schon, ebenso, wie die Möglichkeit in die Entwicklung eines Babys Einblick zu nehmen und gegebenenfalls eine Abtreibung vorzunehmen. Und auch von der Konstruktion des idealen Kindes sind wir nicht mehr weit entfernt. Somit betreiben wir in gewissem Maße schon Euthanasie. Und auch unsere Zweiklassen Gesellschaft gibt Anlass zur Sorge. Sollten wir da nicht drauf Acht geben wird uns die Vision von Michael Winterbottom schneller einholen, als uns lieb ist. Die sozialkritischen Anklänge verpackte der Regisseur in eine fesselnde Liebesgeschichte Zweier, die nicht zusammen sein dürfen. Eine Liebe über alle Grenzen hinweg und am Ende mit den unausweichlichen Konsequenzen. Die Thriller, oder wie es auch bezeichnet wird, Krimi Thematik rückt da etwas in den Hintergrund, was aber gar nicht stört. Visuell gesehen besticht „Code 46“ ebenfalls durch sterile Orte, mit viel weißem kalten Licht, so wie man es von „I Robot“ und „Minority Report“ her kennt, aber auch mit warmen lebendigen Tönen. Die Kameraführung begeistert mit ungewohnten Perspektiven und lässt damit eine ganz eigenen Stil und Atmosphäre entstehen. Unterstützt wird der gelungene Film noch von den Darstellern Tim Robbins und Samantha Morton. Besonders gut gefallen hat mir da ihr Tanz in der Diskothek gefallen, der von Winterbottom mit herrlicher Musik, Lichtblitzeffekten und Zeitlupe ungemein ansprechend Inszeniert wurde. Diese Szene übte eine unheimliche Wirkung auf mich aus. Ein filmischer Stil der mir gefällt wir kein anderer. Sinnlich, effektvoll, einfach umwerfend. Was man noch erwähnen sollte, ist, dass dem Projekt nicht sehr viel Geld zur Verfügung stand, weswegen man mitten im Leben filmte. Wenn alles passte holte man die Kamera heraus postierte die Darsteller und filmte drauf los. Samantha Morton passte das gut, denn sie sagt, sie reagiert lieber auf ihr Umfeld als künstlich zu agieren. Tim Robbins machte diese Form des Drehens mehr zu schaffen, doch kitzelte sie aus beiden das richtige Maß heraus.
Am Ende war ich ungemein beeindruckt. „Code 46“ hat seinen ganz eigenen Stil, seine ganz eigene Dynamik und eine ungemein ansprechende Optik. Die Effekte dienen nur zur Visualisierung der Zukunft und drängen sich nie in den Vordergrund. Die Darsteller sind überaus gut und vor allem der sozialkritische Ton und die Warnung vor dieser Form der Zukunft ist unüberhörbar und regt zum Nachdenken und darüber diskutieren an.