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Rezension: ANGRIFF DER RIESENKRALLE

Verfasst: Sa 02.03.2019, 19:00
von DJANGOdzilla
ANGRIFF DER RIESENKRALLE
[THE GIANT CLAW][USA][1957]

Bild

Regie: Fred F. Sears
Darsteller: Jeff Morrow, Mara Corday, Morris Ankrum, Louis Merrill, Edgar Barrier, Robert Shayne, Frank Griffin, Clark Howat, Morgan Jones, George Cisar, Robert Williams


Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist... Oh! Nein, halt, es ist doch ein Vogel. Aber was für einer!

„Datum: der 17. des Monats. Wetter: trübe, bedeckt. Zeit: 13.32 Uhr. Ein bedeutsamer Moment in der Menschheitsgeschichte. Der Moment, in dem ein Elektronikingenieur namens Mitch MacAfee etwas am Himmel entdeckte. Etwas, das beinahe der Anfang vom Ende allen Lebens auf dieser Erde war“, verkündet die für Billighorror der 50er Jahre typische neutrale Erzählstimme aus dem Off. Und sie hat sehr Recht. Ein bedeutsamer Moment in der Menschheitsgeschichte. Und ein noch bedeutsamerer für die Geschichte des unfreiwilligen Komik-Kinos. Denn obwohl ANGRIFF DER RIESENKRALLE im Prinzip ein stinknormaler Riesenmonsterstreifen ist, wie es ihn zu seiner Zeit zu Dutzenden gab, erarbeitete er sich im Laufe der Jahre den Ruf eines geradezu unfassbaren Lachschlagers und erspielte sich somit eine treue Fangemeinde, von deren Ausmaß die Macher zum Zeitpunkt des Entstehens höchstens träumen konnten. Aber der Reihe nach!

Inhalt:

Mitch MacAfee [Jeff Morrow] arbeitet als Elektronikingenieur für die U. S. Air Force. Während eines Kalibrierungsfluges sichtet er eines Tages ein unbekanntes Flugobjekt. Über Funk alarmiert er das Militär, das sofort eine Fliegerstaffel losschickt. Diese jedoch kehrt unverrichteter Dinge zurück - es war schlicht nichts Außergewöhnliches auffindbar. Major Bergen [Clark Howat] hält Mitch für nen Kasper und macht ihn richtig rund („Wenn ich mit Ihnen fertig bin, Mr. Elektronikingenieur, werden Sie froh sein, wenn Sie noch irgendwo Lichtschalter putzen dürfen.“) Doch kaum ist die Standpauke vorüber, klingelt auch schon das Telefon. Ein Passagierflugzeug ist verschwunden – kurz nachdem der Pilot ein UFO gemeldet hatte. Zwar wird Mitch nun Glauben geschenkt, aber die Suche nach dem mysteriösen Objekt bleibt auch weiterhin erfolglos. Erst nach vielen weiteren Unglücksfällen entpuppt sich der Übeltäter als ein gigantischer Vogel vermutlich außerirdischen Ursprungs, dessen Schutzschild aus Antimaterie ihn unverwundbar macht. Verzweifelt suchen Wissenschaft und Militär nach einer Möglichkeit, das aggressive Großtier aufzuhalten, das mittlerweile New York erreicht hat, um dort ordentlich Schaden anzurichten.

Kritik:

Das alles folgt üblichen Mustern. Eine Bedrohung, die zunächst niemand ernstnimmt, gefolgt von bösem Erwachen, Hilflosigkeit im Angesicht der scheinbaren Übermacht, Tüfteleien, um der Katastrophe Herr zu werden, und nach mehreren Fehlschlägen schließlich Triumph von Technik, Forschung und schimmernder Wehr. Regisseur Fred F. Sears inszenierte mit ANGRIFF DER RIESENKRALLE eine handelsübliche Monsterfabel, die das für die Zeit typische Hohelied auf militärische Intervention anstimmt und deren außerirdische Bedrohung sich einmal mehr allzu leicht als Panikmache vor kommunistischen Umtrieben umdeuten lässt. Dabei zieht er sein Programm straff und überaus unterhaltsam durch und ist damit etlichen Mitbewerbern voraus, die trotz stets kurzer Laufzeit oft auch mit einer Menge Leerlauf zu kämpfen hatten. Auffallend ist hier auch der freundliche Grundton, der die Streitkraft wirken lässt wie einen fidelen Kegelverein. Man scherzt, man lacht, man schimpft zwar auch mal, verträgt sich aber auch gleich wieder. Es ist tatsächlich so, wie der einleitende Off-Kommentar verspricht: „Ein Elektronikingenieur, ein Radar-Offizier, eine Systemanalytikerin, ein Fluglotse und ein paar Zeichner. Menschen, die ihre Aufgabe erfüllen. Gut. Effizient. Mit Spaß bei der Sache. Ernsthaft bei der Arbeit.“

Der Grund für eine derart sympathische Zeichnung der Protagonisten liegt auf der Hand: ANGRIFF DER RIESENKRALLE sollte das Vertrauen der amerikanischen Bevölkerung in die Landesverteidigung stärken, sollte suggerieren, dass hier gute Männer (und Frauen) am Werke sind, die etwaige Bedrohungen effektiv abwehren können. Nicht ohne Grund werden, noch bevor es überhaupt richtig losgeht, erst einmal die technischen Errungenschaften in den Fokus gerückt (obwohl diese in den folgenden 70 Minuten quasi überhaupt keine Rolle mehr spielen). Und auch das weibliche Personal darf hier deutlich mehr tun als den Kaffee zu servieren und ein besorgtes Gesicht zu machen. Die von Mara Corday einnehmend verkörperte Analytikerin Sally Caldwell [→ TARANTULA] mischt aktiv mit und bringt wichtige Geistesblitze ein, die zur Problemlösung beitragen – nicht schlecht in Anbetracht des vorsintflutlichen Frauenbildes der 50er Jahre. Dass ANGRIFF DER RIESENKRALLE seit seinem Erscheinen als mächtige Spaß-Granate gilt, liegt daher weder an einer mangelhaften Inszenierung, noch an der naiven Handlung (die sich ohnehin nicht unterscheidet von anderen Vertretern der damaligen Zunft). Der Grund dafür ist der Antagonist, die 'Riesenkralle', der außerirdische Monstervogel, der so sagenhaft bescheuert aussieht, dass es einem schier die Schuhe auszieht.

Obwohl ursprünglich angedacht war, das Untier per Stop-Motion-Technik von Effekt-Pionier Ray Harryhausen entstehen zu lassen, entschied man sich (sicherlich aus Kostengründen) dann doch für eine Attrappe, die man bei einem Puppenbauern in Mexiko anfertigen ließ. Ob die Entscheidung, den Entwurf dann tatsächlich abzunehmen und auch zu verwenden, aufgrund von Zeitnot oder Inkompetenz erfolgte, lässt sich nicht genau sagen. Fest steht: Das Monstermodell hätte rein realistisch betrachtet niemals Verwendung finden dürfen, wollte man sich nicht vollends der Lächerlichkeit preisgeben. Doch zum Glück betrachtete man die Sache damals unrealistisch und schenkte der Filmwelt somit eine der wohl schrägsten Kreaturen, die jemals erschaffen wurden. Die 'Riesenkralle' sieht aus wie eine wilde Mixtur aus Geier und Truthahn, inklusive dämlicher Glubschaugen, unpraktischem Giraffenhals und schriller, stets auf halb Acht hängender Punk-Frisur. Das Vieh wirkt, als habe es die letzte Nacht durchgezecht, sei dann um 8 Uhr in der Früh vom Postboten geweckt worden und müsse nun jeden Augenblick kotzen, weswegen es hochgradig angepisst alles kaputtschlägt, was ihm in die Quere kommt. Nun konnte man den Leuten in den 50er Jahren noch deutlich mehr Unfug auftischen als nur wenige Jahrzehnte danach und vieles aus der Zeit wirkt selbst bei eigentlich guter Machart aus moderner Sicht ein wenig albern. Die 'Riesenkralle' jedoch sorgte auf Anhieb für allgemeine Heiterkeit – laut Cast und Crew brach das Premierenpublikum beim ersten Erscheinen des fiesen Federviehs in schallendes Gelächter aus und hörte bis zum Schluss auch nicht mehr damit auf.

Vielleicht stimmt die Legende, dass Hauptdarsteller Jeff Morrow das Monster bei der Premiere selbst erstmals zu Gesicht bekam und daraufhin den Saal vor lauter Scham noch während der Vorstellung verließ (falls ja, hat er sich allerdings schnell wieder erholt, immerhin trat er 1971 gegen den OCTAMAN an – ein weiteres unfassbar beknacktes Ungetüm, abermals mexikanischen Ursprungs). Tatsächlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass Trick- und Realaufnahmen getrennt aufgenommen und erst später kombiniert wurden. Das würde auch die Diskrepanz zwischen den albernen Monsterszenen und dem restlichen Material erklären. Morrow und Konsorten agieren nämlich sehr anständig und wirken keineswegs so, als sei ihnen bewusst, durch was für eine Unfassbarkeit sie hier eigentlich stolpern. Dass die Dialoge dabei genregerecht wissenschaftlichen Nonsens der Extraklasse verbreiten, macht die Sache freilich noch mal um einiges amüsanter. "Dieser Vogel ist extraterrestrisch, vielleicht sogar extragalaktisch. Er kommt aus einer gottverlassenen Antimaterien-Galaxis Millionen, Abermillionen Lichtjahre von uns entfernt. Das müssen wir aus den Beweisen folgern“, verkündet ein Wissenschaftler da mit bierernster Miene und guckt dabei maximal betroffen aus der Wäsche. Zu diesen eindeutig versehentlich humoristischen Aussprüchen – so viel sei zugestanden - gesellen sich allerdings auch welche, die gewollt amüsant und durchaus pointiert sind. So erinnern die verbalen Kabbeleien zwischen männlicher und weiblicher Hauptrolle an amerikanische Screwball-Komödien, was gut funktioniert. Und als einer der Piloten Jagd auf den Vogel macht, ruft er über Funk: „Jetzt kann ich meine Schwiegermutter nie wieder 'Hässlicher Vogel' nennen.“

Abseits des verunglückten Riesenkrallen-Designs sind auch die restlichen Trickeffekte insgesamt eher unterdurchschnittlicher Natur. Zwar spricht alles immer bestürzt davon, wie unfassbar viel Schaden das Monster in New York anrichtet, wirklich viel sehen jedoch tut man nicht davon. Sicher, ANGRIFF DER RIESENKRALLE ist eine Billig-Produktion, aber wenn man bedenkt, wie viel effektive Destruktion der japanische GODZILLA bei seinem ersten Auftritt bereits drei Jahre zuvor mit ähnlichen Mitteln angerichtet hat, ist das Gebotene doch sehr bescheiden. Da man die Zerstörungssequenzen auch noch mit Material aus früheren Katastrophenfilmen anreicherte, ergibt das zudem jede Menge Anschlussfehler. In der einzigen etwas imposanteren Szene hockt der Supervogel auf dem UN-Gebäude, um es im Anschluss in gewohnt schlechter Laune mit einem beherzten Schnabelhieb in Stücke zu hacken. Ansonsten schnappt er hauptsächlich Fallschirmspringer-Püppchen vom Himmel und klaubt eine Modelleisenbahn wie eine Wiener-Würstchen-Kette vom Schienenstrang. Auch über die Ausmaße der Kreatur hat man sich keine großen Gedanken gemacht. Mal passt gerade mal ein Mensch in deren Schnabel, später dann plötzlich doch ein ganzes Flugzeug. Aber das schert zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon längst niemanden mehr. ANGRIFF DER RIESENKRALLE ist ein Fest für Freunde des fröhlichen filmischen Unfugs, und man muss den Machern Dank sagen für die Traute, die bizarre Kreation durchgewunken zu haben. Der garstige Gummi-Geier wird garantiert noch Generationen beeindrucken.

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s. auch: ANGRIFF DER RIESENKRALLE

Re: Rezension: ANGRIFF DER RIESENKRALLE

Verfasst: So 24.03.2019, 14:10
von Dschungeldrache
Klar, das Design der Bestie war lächerlich. Aber die Technik der Puppe mit ihren Bowdenzügen fand ich ästhetisch überzeugend.

Schade, daß die Mexikaner nicht auf die Idee gekommen sind die damals gemachten Erfahrungen in mehr eigenen Filmen einzusetzen.