Rezension: Krieg der Welten Teil 1
Verfasst: Mo 18.06.2018, 11:27
Krieg der Welten - Teil 1 von 3
Zum Inhalt:
Anfang des 20. Jahrhunderts beobachten Wissenschaftler rund um den Globus unerklärliche Explosionen auf der Marsoberfläche. Auch der englische Astronom Ogilvy bemerkt die Vorgänge und gemeinsam mit dem Journalisten Simon Shuster versucht er, dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Nach und nach erkennen die beiden, daß es sich bei den Ereignissen auf dem Mars um Raketenabschüsse handeln könnte und als eines Nachts ein "Komet" auf einem Feld, in der Nähe des englischen Dorfes Ottershaw einschlägt, sehen sich die beiden schnell in ihrer Vermutung bestätigt. Ogilvy versucht sofort Kontakt zu den Marsianern herzustellen, doch diese reagieren anders als erwartet...
Zur Produktion:
Nach dem zweiteiler "Die Zeitmaschine" und "Das Imperium der Ameisen", beide wurden bereits 2017 bei Folgenreich veröffentlicht, ist "Krieg der Welten" die dritte Adaption eines Romans des berühmten britischen Autors H.G. Wells (21.09.1866 - 13.08.1946). Die Vertonung des, in der deutschen Version knapp 176 Seiten umfassenden Romans, ist auf üppige drei CDs angelegt, welche im Abstand von jeweils einem Monat erscheinen werden. Bereits im Vorfeld gab es an dieser Veröffentlichungspolitik Kritik, vor allem, da der Zweiteiler "Die Zeitmaschine" auch an einem Tag erschienen war. Ich vermute, daß dies mit der Jahreszeit zusammen hängt. Üblicherweise werden im Sommer wenige, bis gar keine Hörspiele veröffentlicht und so sorgt Folgenreich dafür, daß man als Hörer jeden Monat was zu hören bekommt. Mich persönlich stört dieser Veröffentlichungsrythmus überhapt nicht, im Gegenteil er macht mir sogar Spaß, da es mich an mehrteilige Radiohörspiele erinnert, auf die man auch immer eine zeitlang warten musste. Abgesehen von der Erscheinungsweise gibt es allerdings noch einen Unterschied zu den bisherigen Produktionen. Während Oliver Döring bei diesen für Buch, Schnitt und Regie verantwortlich zeichnete, beschränkt er sich dieses Mal auf die beiden letztgenannten und das Hörspielskript stammt von Christian Gailus. Im Gegensatz zu Döring, der die Geschichten am Ende des 20. Jahrhunderts ansiedelt, weicht Gailus nur knapp 6 Jahre von Wells Vorlage ab und beginnt seine Schilderung am 01.01.1900, statt am 02.08.1894. Auf diese Weise kann der Skriptautor die Weltausstellung in Paris als Handlungsort nutzen, um einerseits den Erzähler und Hauptfigur Simon Shuster und dessen Bruder Stuart vorzustellen und andererseits deren technischen Wissenstand zu verdeutlichen. Apropos Erzähler: Dietmar Wunder hat hier als solcher weitaus mehr Text, als seine Figur des Journalisten.
[ANMERKUNG VON MIR FÜR DICH ZUM SPÄTEREN LÖSCHEN: Damit will ich höflich umschreiben, daß es sehr erzählerlastig ist ]
Im weiteren Verlauf orientiert sich Gaius stark an der literarischen Vorlage, inhaltlich umfasst das ca. 58 minütige Hörspiel die Kapitel 1 bis 12 des ersten "Buchs"; der Roman ist im Original in zwei "Bücher" unterteilt. Obwohl Gaius teilweise Sätze wortwörtlich übernommen hat, gibt es doch etliche Unterschiede zwischen dem Hörspielskript und dem Werk von Wells. So ist beispielsweise die Szene im Büro des Herausgebers neu hinzugekommen und auch die Figur von Professor Gryson lässt sich nicht in der schriftlichen Vorlage finden. Das der bei Wells namenlose Protagonist hier mit Vornamen Simon heisst, ist möglicherweise darauf zurück zuführen, daß Dörings Sohn (der hier auch eine kleine Rolle hat) ebenfalls diesen Namen trägt. Viel interessanter ist aber, daß Gaius die Zerstörung eines Tripods, also den ersten Erfolg der Menschheit bei der Verteidigung, einfach streicht und das Hörspiel so mit einer nihilistischen Note enden lässt. Das ist zwar nicht werkgetreu, aber erzähltechnisch wirkungsvoll, da man als Hörer nun umso gespannter ist, wie es weiter geht und ob überhaupt jemand überleben wird. Diejenigen, welche die Zeit bis zum Erscheinen der nächsten Folge mit einer Auffrischung von Wells Roman überbrücken möchten, finden die englischsprachige Originalausgabe im Internet, bei Wikipedia unter https://en.wikisource.org/wiki/The_War_of_the_Worlds.
Prouktionstechnisch steht das Hörspiel seinen Vorgängern in nichts nach. Oliver Döring und Alex Stelkens verleihen dem Geschehen mit einer Unzahl von vollkommen natürlich klingenden Geräuschen, angefangen von brausendem Wind, über pfeifende Silvesterrakten bis hin zum, bei der Einfahrt lauter werdenden, Zug die notwendige Atmosphäre, aber es sind die vielen "kleinen" Töne die das Hörspiel zu einem akustischen Erlebnis machen. So gibt es für die Arretierung des Teleskops ein anderes Knarren, als bei der Öffnung der Kuppel und der Zylinderdeckel, bei dem man Metal auf Erde knirschen hört, hat natürlich den beeindruckensten Sound. Auch der Hitzestrahl der Marsianer ist überaus gelungen, da britzelt und brutzelt es, was das Zeug hält. Da ist die uralte, quäkende Autohupe schon beinahe eine Art "Comic relief". Die Effekte sind geschickt eingesetzt, beispielsweise wird Ogilvys Warnruf leise eingespielt, um seine räumliche Entfernung zu Simon akustisch darzustellen und die Stimme des Erzählers wird mit einem leichten Hall unterlegt, um zu verdeutlichen, daß es sich bei dem Gesagten um einen inneren Monolog handelt. So ausgefeilt die Produktion auch ist, so gibt es doch zwei Dinge, die mir nicht so gefallen haben. Da wäre zunächst die "Menschenmenge", die man während des ersten Zusammentreffens von Ogilvy und Simon hört. Diese ist für meinen Geschmack zu laut und damit aufdringlich eingespielt, aber was mich noch mehr daran stört, ist das die Leute alle irgendwie panisch klingen, was zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht in die Handlung passt, da die Marsianer noch gar nicht gelandet sind. Mein zweiter, etwas kleinerer "Kritikpunkt" betrifft die Szene im Observatorium. Dort werden beide Stimmen (die von Simon und die von Ogilvy) mit dem selben Halleffekt verfremdet, der eigentlich nur dem Erzähler und seinem inneren Monolog vorbehalten ist, was mich ein wenig verwirrt hat. Genauso opulent wie die Geräuschkulisse ist auch die Auswahl an Instrumenten, die hier zum Einsatz kommen. Neben Klavier, Geige und Blasinstrumenten, welche den musikalischen Weisen, die mal spannungsgeladen und mal getragen daher kommen, vorbehalten sind, sorgt der Synthesizer für die "technische" bzw. bedrohlich wirkende Klangfarbe.
Zu den Sprechern:
Auf den ersten Blick scheint die Besetzungsliste nicht sehr umfangreich zu sein, da nur sieben Sprecher mit einer Rollenzuordnung versehen sind, aber dieser Eindruck täuscht, da der Großteil der Sprecher (21 an der Zahl!) erst danach aufgeführt wird. Die sympathische Stimme von Hauptfigur und Erzähler Dietmar Wunder(Simon) passt sehr gut zu der Figur des von Neuerungen begeisterten und stets neugierigen Journalisten, dessen anfängliches Interesse auf Grund der Ereignisse sehr schnell in Entsetzen und Fatalismus umschlägt. Sprecherisches Highlight ist für mich aber der kürzlich verstorbene Peter Groeger(Ogilvy) mit seinem gelungenen Portrait des zerstreuten Gelehrten, dessen Glauben an die Wissenschaft und Vernunft bis zum Schluß unerschütterlich ist. Reinhard Kuhnert(Soldat) spricht den vollkommen desillusionierten Kutscher mit stockender Stimme, was seinen Bericht noch eindringlicher wirken lässt. Oliver Stritzel(Gregg) hingegen schlägt einen härteren, kraftvollen Ton an und tritt der drohenden Gefahr entschlossen entgegen. Hans Bayer(Gryson) gefällt als, von der Invasion völlig überraschte und überaus verblüffte, Professor und Nico Sablik(Stuart) ist großartig als Simons enthusiastischer und extrem zukunftsorientierter kleiner Bruder. Gleiches gilt auch für Marieke Oeffinger(Cathy) mit ihrer Darstellung der völlig überrumpelten Ehefrau Simons, die sich schwer damit tut, auf ihre weltlichen Güter zu verzichten. Wie schon Eingangs erwähnt, bleibt der Rest der wirklich durchweg ausgezeichneten Sprecherriege, Jaron Löwenberg, Philip Schepmann, Detlef Bierstedt, Asad Schwarz, Daniel Montoya, Frank Röth, Marcus Staiger, Roman Shamov, Martin Baden, Susanna Bonaséwicz, Juliane Ahlemeier, Simon Döring, Alexander Weise, Udo Schenk, Luisa Wietzorek, Berenice Weichert, Carlos Lobo, Roland Wolf, Matthias Schmidt.Foß, Christoph Walter und Joachim Kerzel leider ohne Rollenzuordnung. Sie leihen ihre Stimen u.a.: den Bürgern Ottershaws und Wayrdges, der Menschenmenge auf dem Feld, einem Vater-Sohn Gespann, Soldaten, Arbeitern und dem schlitzohrigen Wirt eines Gasthauses.
Fazit:
Ansprechender Auftakt des Dreiteilers.
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