Rezension: Gruselkabinett - 68 - Die Legende v Sleepy Hollow

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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 68 - Die Legende v Sleepy Hollow

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Gruselkabinett - 68 - Die Legende von Sleepy Hollow

Zum Inhalt:
Im Sommer des Jahres 1830 bekommt Tarrytown einen neuen Schulmeister,Ichabod Crane. Kaum angekommen, erzählt man ihm die Geschichte des hessischen Reiters, der nachts als kopfloser Geist durch das nahegelegene Sleepy Hollow reitet. Crane nimmt die Geschichte durchaus ernst und hätte wohl sofort die kleine Stadt verlassen, wäre da nicht die reizende Katrina van Tassel, in die er sich sofort verliebt. Leider gibt es noch einen Konkurrenten, Brom van Brunt, genannt Bones, der ebenfalls ein Auge auf die hübsche und vor allem reiche Bauerntochter geworfen hat.


Zur Produktion:
Dieses Jahr werden die Hörer zu Halloween von Titania wirklich besonders verwöhnt. Erst letzten Monat erschien die gelungene Lovecraft-Adaption von "Der Schatten über Innsmouth", und jetzt folgen schon wieder zwei echte Klassiker der phantastischen Literatur, "Die Legende von Sleepy Hollow" und "Die Stimme der Nacht".
Obwohl es eigentlich ein amerikanischer bzw. britischer Brauch ist, erfreut sich Halloween auch bei uns immer größerer Beliebtheit. Umso passender ist die Veröffentlichung dieses Hörspiels kurz vor dem 31.10., denn bis zu Tim Burtons Verfilmung des Stoffes im Jahr 1999, dürften wohl die wenigsten hierzulande gewusst haben, welchen Zusammenhang es zwischen Halloween und dem geschnitzten Kürbis gibt. Wer die Geschichte von Washington Irving(03.04.1783-28.11.1859), die 1820 zum ersten Mal veröffentlicht wurde und eigentlich 1790 spielt, gelesen hat, weiß, wie dröge und überaus altmodisch Irvings Erzählstil ist. Normalerweise bleibt Drehbuchautor Marc Gruppe ja stets dicht an der literarischen Vorlage, wofür ich ihn bewundere. Diesmal jedoch hat er sich die Mühe gemacht und viele der ansonsten nur erzählten Passagen in Dialoge umformuliert. Wäre er dem Originaltext buchstabengetreu gefolgt, so hätte man daraus allenfalls eine nicht sonderlich spannende inszenierte Lesung machen können. Stattdessen bekommt man ein lebendiges, sehr unterhaltsames Hörspiel präsentiert. Dazu wurde ungefähr die Hälfte der agierenden Charaktere von Marc Gruppe erfunden beziehungsweise mit Namen versehen und konkretisiert. Durch diese Herangehensweise verleiht der Autor der Geschichte eine Dynamik, die man in Irvings Fassung vergeblich sucht. So gibt auch der Running Gag mit den beiden Helfern Broms, Rob und Bob, dem Ganzen zusätzlich eine humoristische Note. Trotz der über weite Strecken locker und leicht dahinfließenden Handlung, wird es gegen Ende richtig spannend. Wenn ich überhaupt etwas zu beanstanden habe, dann höchsten den Gebrauch der Wörter "selbstmurmelnd" oder "Gesülze", die nicht recht zum historischen Kontext passen wollen. Auch die deutsche Übersetzung für Sleepy Hollow, "Schläfertal", ist etwas gewöhnungsbedürftig. Natürlich kann sich der geneigte Leser selbst ein Bild machen und die Geschichte unter http://www.bartleby.com/310/2/2.html im englischen Original nachlesen.
Die akustische Umsetzung des Ganzen lässt sich erneut nur als gelungen bezeichnen. Der Sommer wird mit Vogelzwitschern, Grillengezirpe und einem murmelnden Bach genauso gut dargestellt wie der Herbst mit Windrauschen, Käuzchenrufen und raschelnden Blättern. Neben dem schon beinahe obligatorischen prasselnden Kaminfeuer und der knarrenden Tür, welche einfach zur Schauerromantik gehören, gibt es noch eine Vielzahl weiterer Geräusche, wie Pferdeschnauben oder klappernde Hufe, die viel zur stimmigen Atmosphäre beitragen und zusammen mit der Musik ein harmonisches Ganzes ergeben. Wie von Titania gewohnt, sind beinahe alle Szenen, passend zum Setting, mit klassischer Musik unterlegt. Leider halten sich die beiden Produzenten und Regisseure Marc Gruppe und Stephan Bosenius ja ziemlich bedeckt, was die Herkunft der Musik beziehungsweise die agierenden Musiker angeht. Das einzige, was ich erkennen konnte, waren Teile der Melodie "Ich weiß nicht was soll es bedeuten". Es ist schon faszinierend, welche unterschiedlichen Stimmungen das Instrument Geige beim Hörer erzeugen kann. Während anfangs die Stücke mit Harfen und Geigen eher ruhig und heiter, bis hin zu sphärisch klingen, wirken sie gegen Ende des Hörspiels düster und bedrohlich.


Zu den Sprechern:
Hasso Zorn(Erzähler) ist nicht nur ein ausgezeichneter Sprecher, sondern versteht es darüber hinaus, auch als Erzähler den Hörer mit seiner rauhen, etwas knarrigen Stimme zu fesseln. Seine pointierte Betonung beeindruckt, und so manches Mal kann man regelrecht ein Lächeln in seinem Vortrag hören. Sprecherisches Highlight war für mich diesmal Hauptdarsteller Jens Wawrczeck(Ichabod Crane) der hier erneut großartig beweist, wie unfair es ist, ihn nur auf seine Dauer-Rolle des Peter Shaw bei den Drei Fragezeichen zu reduzieren. Wawrczeck spielt den unansehlichen, aber immer gutgelaunten, etwas überdrehten Schulmeister mit soviel Gusto, daß es schon beinahe an Overacting grenzt. Dabei entzündet er ein ganzes Feuerwerk an unterschiedlichsten Emotionen, die von fröhlich über ängstlich, bis hin zu entrüstet reichen. Filipe Pirl(Nathan van Holten) und Konrad Bösherz(Jost van Winkel), zwei von Ichabods Schülern, sind Figuren, die Marc Gruppe dazuerfunden hat. Pirl ist der nette Junge, der sich zwar auch über den neuen Lehrer mokiert, dabei aber insgesamt so diplomatisch wie möglich bleibt, während Bösherz aus seiner Verachtung gegenüber Ichabod kein Hehl macht. Hans-Jürgen Dittberner(Baltus van Tassel) und Katarina Tomaschewsky(Juliana van Tassel) überbieten sich gegenseitig beim Erzählen der Gruselgeschichten. Während Dittberner die Spannung mit seiner etwas bedächtigen und abwägenden Sprechweise erzeugt, ist es bei Tomaschewsky die Art und Weise, wie sie ihre Stimme im Laufe ihrer Erzählung so weit absenkt, dass sie beinahe flüstert. Anna Grisebach(Katrina van Tassel) verkörpert perfekt die Rolle des 18jährigen, schönen und freundlichen Mädchens, das sich seiner Ausstrahlung durchaus bewusst ist und entsprechend keck mit den Verehrern umgeht. Grisebachs weiche Stimme schmeichelt dem Ohr und klingt jederzeit natürlich. Klasse fand ich auch Martin Kautz(Brom van Brunt) als eifersüchtigen, verschlagenen Nebenbuhler von Ichabod, der mit brummiger Stimme so manche Gemeinheit knurrt. Das Highlight unter den Nebendarstellern sind aber eindeutig Benjamin Kiesewetter(Rob) und Dirk Petrick(Bob) die etwas dämlichen Kumpels von Brom, die sich so ähnlich sehen, daß sie ab und zu selbst nicht mehr wissen, wer eigentlich wer ist. Der Running Gag mit den beiden zieht sich durch das gesamte Hörspiel und sorgt so manches Mal für eine witzige Auflockerung. Nicht minder gut ist Wilfried Herbst(Hans van Ripper) als alter Bauer, der Ichabod beherbergt. Herbst hat hörbar Freude daran, seinen Untermieter mit Spott zu überschütten, und sein hämisches Lachen dürfte auch die Selbstbewusstesten unter uns an sich zweifeln lassen.


Fazit:
Herrlich frische Umsetzung der Geschichte, an der auch Hörer unter 14 Jahren ihren Spaß haben werden.

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