Rezension: Gruselkabinett - 80 & 81 - Der Mönch

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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 80 & 81 - Der Mönch

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Gruselkabinett - 80 & 81 - Der Mönch

Zum Inhalt:
Ganz Madrid liegt dem jungen Mönch Ambrosio zu Füßen, denn die leidenschaftlichen Predigten des gutaussehenden Geistlichen beeindrucken nicht nur die weiblichen Gläubigen. Während einer seiner Messen kommt es zum Treffen des jungen Adligen Don Lorenzo de Medina und der mittellosen Antonia Dalfa, bei dem sich beide sofort ineinander verlieben. Kurze Zeit später verliert Lorenzos Schwester Agnes, eine junge Nonne, während ihrer Beichte bei Ambrosio einen Brief, in dem von ihrer Liebe zu Lorenzos Freund Raymondo, einem Kind, das sie von ihm erwartet und einer geplanten Flucht die Rede ist. Der Mönch, der das Schriftstück findet und kein Verständnis für die Nöte der jungen Frau hat, übergibt es der unbarmherzigen Äbtissin Agatha, die sich durch Agnes' Geständnis persönlich beleidigt fühlt. Noch während sie weggeführt wird, verflucht Agnes Ambrosio für seinen Verrat und wünscht ihm, daß auch er einer Versuchung erliegen möge. Schneller als gedacht erfüllt sich die Verwünschung, und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.


Zur Produktion:
Wenn man den "Mönch" gehört hat, fällt es schwer zu glauben, daß die literarische Vorlage bereits 1796 erschienen und von einem erst Zwanzigjährigen verfasst worden ist. Der Autor Matthew Gregory Lewis (09.07.1775 – 16.05.1818) war sich angeblich nicht darüber im Klaren, welchen Skandal er mit seinem Buch "The Monk: A Romance" auslösen würde, das dämonische Pakte, Vergewaltigung und Inzest - alles in Verbindung mit der katholischen Kirche - zum Inhalt hat. Die erste öffentliche Kritik kam von dem berühmten Dichter Samuel Taylor Culeridge, der das Werk wegen Mathildas vielschichtigem Charakter zwar einerseits lobte, es aber gleichzeitig, aufgrund der in seinen Augen vulgären, allzu zahlreichen Horrorszenen, verdammte. Um den vielen Anfeindungen, die auch zu einer Belastung für seine Familie wurden, entgegenzuwirken, überarbeitete Lewis sein Werk mehrfach und bemühte sich, für die vierte Auflage sämtliche vermeintlich anstößigen Passagen zu streichen bzw. umzuschreiben. Letztlich ging er sogar so weit, sich im Vorwort für sein Werk zu entschuldigen. Das alles tat der großen Popularität des Buches keinen Abbruch - im Gegenteil. Neben einer Oper aus dem Jahre 1855, gab es im 20.Jahrhundert noch mehrere Verfilmungen, und 1990 schaffte es der Stoff sogar in den Comic "Batman: Gothic".
Obwohl es sich das Label Titania nicht hat nehmen lassen, die Geschichte auf zwei CDs zu erzählen, musste Drehbuchautor Marc Gruppe den ursprünglich in drei Bänden erschienenen Text dennoch stark kürzen. Bei einem Vergleich mit dem ursprünglichen Werk, das man im Internet beim Gutenberg Projekt (http://www.gutenberg.org/files/601/601-h/601-h.htm) auf Englisch nachlesen kann, wird direkt sichtbar, daß sämtliche Gedichte herausgestrichen wurden. Lewis beginnt und endet seine Kapitel nämlich nicht nur jeweils mit unterschiedlich langen Versen, sondern bringt diese auch immer wieder innerhalb der Geschichte. Meiner Meinung nach kann man darauf jedoch problemlos verzichten, denn für die Handlung macht das Fehlen keinerlei Unterschied. Ebenfalls weichen mussten einige ausufernde Beschreibungen, die Marc Gruppe teilweise in Dialoge umwandelte, und diverse Nebenfiguren, deren Text, soweit zum Verständnis nötig, aber von anderen Sprechern übernommen wurde. Daß Gruppe die Reihenfolge einzelner Szenen geändert hat, ist ein Gewinn für den Hörer, da die so aufgebaute Spannungskurve sehr viel mehr dem heutigen Geschmack entspricht als die des Romans. Sämtliche übrigen Abwandlungen, wie z.B. die Szene, in der Matilda Ambrosio etwas schenkt und dieser im Buch mit "stiller Dankbarkeit" reagiert, während es im Hörspiel akustisch geschieht, sind dem geänderten Medium geschuldet. Weniger gefallen hat mir allerdings, daß der Drehbuchautor sein Augenmerk mehr auf die romantischen Aspekte der Geschichte richtet als auf deren Horrorelemente. Die Morde fallen weit weniger brutal aus als bei Lewis, und die Folterung durch die Inquisition findet kaum Erwähnung. Da 'Gruselkabinett' jedoch eine Reihe ist, die sich auch der Schauerromantik verschrieben hat und es neben der eigentlichen Handlung noch eine kleine, wirklich unheimliche Gespenstergeschichte gibt, passt das natürlich wieder.
Die Produkton von Stephan Bosenius und Marc Gruppe bleibt wie gewohnt in der obersten Referenzklasse. Jede einzelne Szene ist musikalisch unterlegt, und die zahlreichen Instrumente, wie Geigen, Harfe, Flöte oder Klavier, sorgen für eine entsprechende Verstärkung der jeweiligen Stimmung. Passenderweise kommen auch immer wieder männliche und weibliche (Kirchen-)Chöre zum Einsatz, die einen starken Kontrast zu den meist düsteren Musikstücken bilden. Genauso üppig wie die melodiöse Untermalung, fallen auch die Effekte und Geräusche aus. So wird beispielsweis in der Kirche ein anderer Hall als in der Gruft verwendet, oder der Ton schwillt an, um ein heraufziehendes Unheil noch bedrohlicher zu machen. Die eingesetzten Geräusche, von der Kirchenglocke über die schmatzenden Sauggeräusche, bis hin zum obligatorischen Käuzchenruf, klingen jederzeit natürlich und verleihen dem Geschehen viel akustische Tiefe.



Zu den Sprechern:
Hasso Zorn(Erzähler) wird, wie bereits in der vorangegangenen Folge (Gruselkabinett - 79 - Lodoiska), nur spärlich eingesetzt, um mit seiner leicht knarrigen Stimme und in düsterem Ton das Geschehen zu begleiten. David Nathan(Ambrosio) ist großartig als naiver Mönch, der dann doch der irdischen Versuchung erliegt, und die von ihm dargestellte Seelenpein übertrifft nur noch sein Wandel hin zum Saulus. Joseline Gassen(Leonella Dalfa) amüsiert als überkandidelte, tratschende und letztlich enttäuschte Adelige, und Marie Bierstedt(Antonia Dalfa) überzeugt als junges, unsicheres Mädchen, das aufgrund seiner Schönheit zum Objekt der Begierde wird. Arianne Borbach(Elvira Dalfa) spielt die erleichterte, dankbare Mutter, die genau weiß, wie ihre Tochter fühlt, und Julia Stoepel(Agnes de Medina) liefert ein herzzerreißendes Portrait der unglücklichen, um Gnade flehenden Nonne. Fabian Oscar Wien(Don Lorenzo de Medina) ist ausgezeichnet als junger, frischverliebter Mann, der für seine Schwester und Antonia alles tun würde, genau wie Marius Clarén(Christoval Condé d´Ossorio) Lorenzos guter, ein wenig vorlauter Freund, der den Mund manchmal etwas zu voll nimmt. Patrick Bach(Raymondo de las Cisternas) ist zu Beginn amüsiert, doch als er die Zusammenhänge begreift, ist sein Schluchzen das eines gebrochenen Mannes. Rubina Nath(Matilda) meistert ihre komplexe Rolle mit Bravour und vermag ihre Leidenschaft hörbar zu machen. Jana Nagyova(Zigeunerin) passt perfekt auf den Part der erschreckten Zigeunerin, die bedauert, keinen Einfluss auf ihre Vorhersagen nehmen zu können, genau wie die einzigartige Dagmar von Kurmin(Äbtissin Agatha), die mit herrischer, harter Stimme die gnadenlose Oberin verkörpert. Polonca Olszak(Schwester Camilla) ist die freundliche, aber bestimmte Nonne, welche die Anweisungen der Mutter Oberin ausführt, und Margot Rothweiler(Schwester Ursula) tröstet mit sanfter Stimme ihre Freundin Agnes. Highlight ist aber für mich Susanne Uhlen(Beatrice de las Cisternas), deren düstere, unheimliche Darstellung mich frösteln machte. In weiteren Nebenrollen sind noch der ruhig und bedächtig sprechende Eckart Dux(Pater Pablos) sowie die beiden Inkarnationen des Teufels Axel Lutter(Alter Luzifer) und Dirk Petrick(Junger Luzifer) zu hören. Während Lutter eher rauh klingt und seine Sätze mit diabolischem Gelächter begleitet, spricht Petrick seinen Part mit einschmeichelnder Stimme. Die beiden "Macher" Stephan Bosenius und Marc Gruppe(Pöbel) geben ein gelungenes Gastspiel als Teil der aufgebrachten Menge.


Fazit:
Unheimliche Liebesgeschichte mit einigen Elementen, die auch bei Goethes Faust zu finden sind.

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Keeper of the Monsters

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