Rezension: Gruselkabinett - 84 & 85 - Die Katze und der Kana

Neongrüne Riesenspinnen jagen Frankensteins Monster durch Draculas Schloß!
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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 84 & 85 - Die Katze und der Kana

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Gruselkabinett - 84 & 85 - Die Katze und der Kanarienvogel

Zum Inhalt:
Exakt zwanzig Jahre nach dem Tod von Cyrus West, bittet dessen Nachlassverwalter Roger Crosby, die sechs verbliebenen Angehörigen des Verstorbenen zur Testamentseröffnung. Diese findet erstaunlicherweise nicht in seiner Kanzlei statt, sondern, gemäß dem Wunsch des Toten, auf dessen abgelegenem Landsitz. Grund dafür ist eine Klausel, die verlangt, dass der/die Erbberechtigte zuvor eine Nacht in der Bibliothek verbringen, dem Sterbezimmer von Cyrus West. Die Vorstellung, in dem alten, unheimlichen Bauwerk schlafen zu müssen, ist eigentlich schon schlimm genug, aber als sich herausstellt, dass draußen auch noch ein geisteskranker Serienmörder sein Unwesen treibt, bekommen die Gäste langsam Panik.


Zur Produktion:
Normalerweise basieren die Folgen der Reihe "Gruselkabinett" auf Romanvorlagen mehr oder minder bekannter Autoren aus den unterschiedlichsten Epochen. Diesmal jedoch ist die Vorlage das Theaterstück "The Cat and the Canary" von dem amerikanischen Autor John Willard(28.11.1885-30.08.1942). Über Willard selbst ist so gut wie nichts bekannt, und die wenigsten dürften heute überhaupt noch seinen Namen kennen. Sein populärstes Stück jedoch hat die Zeiten überdauert. Bereits 1927 erkannte Universal das cineastische Potential des Stoffes, und so entstand, unter der Regie des berühmten Paul Leni, die erste, und meiner Meinung nach auch bisher beste, Verfilmung. Erfreulicherweise hat es sich Skriptautor Marc Gruppe nicht nehmen lassen, die kompletten drei Akte zu adaptieren, was auch die Unterbringung auf zwei CDs erklärt. Wie gewohnt wurden für die Hörspielumsetzung nur geringfügige Änderung vorgenommen. Das beginnt bei den Umbenennungen der Charaktere (Charles heißt hier Charlie, Cicely wird zu Cicily) und hört bei völlig neuen Dialogen auf. Eine Textzeile à la "Du bist ja groß geworden - überall." hätte in den 1920ern so wohl kein Schauspieler zu einer Frau sagen dürfen.
Die meisten dieser Sätze sind durchaus lustig und lockern das Geschehen angenehm auf. Lediglich der hinzugekommene Spruch über den Teufel und seine Haufen sowie der Bezug auf den Hintern eines der Akteure, passen meiner Meinung nach nicht ganz in das Setting. Was mich etwas gewundert hat, ist Gruppes Umformulierung des gestellten Rätsels, obwohl die Abwandlung von Wein auf Bier natürlich ganz gut nach Deutschland passt, genau wie die politisch korrekte Ausmerzung des Slangs von Mammy Pleasant. Warum Gruppe jedoch verschweigt, daß der Geisteskranke Angst vor seinem Wärter und dessen Prügelattacken hat, bleibt mir absolut unverständlich. Zumal es die Bedrohlichkeit des irren Mörders noch verstärkt hätte, wie ich finde.
Wer sich für das Bühnenstück interessiert, kann es im Internet auf der Seite https://archive.org/details/WILLARD1922CatCanary nachlesen. Das ist auch insofern lohnend, als es sämtliche Regieanweisungen enthält, inklusive des Aufbaus der Bühne.
Da sich die Handlungsorte bei diesem Hörspiel auf nur zwei Zimmer beschränken, gibt es entsprechend wenig Geräusche, die Stephan Bosenius und Marc Gruppe einsetzen konnten. Und so beschränkt man sich auch auf die für solche Lokalitäten üblichen Sounds, wie knarrende Türen, beinahe permanentes Donnergrollen oder das prasselnde Kaminfeuer. Dafür spielt die Musik eine weitaus größere Rolle als gewohnt. Dumpfes Brummen und langgezogene Töne sorgen dabei für die passende Grundstimmung, zusätzliche verstärkt durch die Verwendung von Klavier und Streichinstrumenten. Natürlich wird auch nicht auf den einen oder anderen Effekt verzichtet, wie beispielsweise der absichtlich dumpf klingende Dialog, den Anabelle hinter ihrer Tür mithört. Akustische Highlight ist für mich eine Szene im zweiten Akt, welche das Können der beiden Macher besonders deutlich zeigt. Sie besteht nur aus der Beschreibung, wie Annabelle die Kette findet und gleich darauf wieder verliert, wobei die visuellen Vorgaben Wirklich erstaunlich gut hörbar umgesetzt wurden.


Zu den Sprechern:
Es wäre unfair, hier eine(n) Sprecher(in) besonders hervorzuheben, denn alle können in ihren Rollen vollends überzeugen. Dagmar von Kurmin(Mammy Pleasant) ist toll als die geheimnisvolle alte Negerin, die nichts überraschen kann und die mehr weiß, als in den Schulbüchern steht. Eckart Dux(Roger Crosby) spricht den sympathischen älteren Rechtsanwalt mit rauer Stimme, und Sascha Wussow(Harry Blythe) wirkt souverän als kaltschnäuziger möglicher Erbe. Das Gespann Julia Stoepel(Cicily Young) und Joseline Gassen(Susan Sillsby) besticht durch den starken Kontrast der beiden Charaktere. Stoepel ist jung und quirlig, während Gassen herablassend und eher steif auftritt. Diese "Unbeweglichkeit" macht sie allerdings mit ihren intriganten Fragen und boshaften Unterstellungen mehr als wett. Patrick Bach(Charlie Wilder) agiert im Gegensatz zu seinem Cousin Harry freundlich und charmant, und Claus Thull-Emden(Paul Jones) portraitiert den extrem schüchternen, ängstlichen Pferdedoktor mit spürbarem Enthusiasmus. Nana Spier(Annabelle West) macht viel Freude als die weltoffene junge Frau, deren Reizen die Männer erliegen, genau wie Axel Lutter(Hendricks) in seiner Rolle als grobschlächtiger Irrenwärter, von dem ich nur zu gern die oben erwähnte fehlende Textstelle gehört hätte. Zu guter letzt gibt es noch einen verhältnismäßig kurzen, aber prägnanten Auftritt von Jürgen Thormann(Dr. Patterson) als beharrlicher, in seinen Ansichten festgelegter Landarzt.


Fazit:
Ausgezeichnete Hörspieladaption der Bühnenvorlage.

Das Hörspiel Gruselkabinett - 84 & 85 - Die Katze und der Kanarienvogel
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