Rezension: Gruselkabinett - 54 & 55 - Aylmer Vance

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Rezension: Gruselkabinett - 54 & 55 - Aylmer Vance

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Gruselkabinett 54 & 55: Aylmer Vance - Abenteuer eines Geistersehers

Zum Inhalt:
In der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts trifft Mr. Dexter in einem Gasthof zufällig auf Aylmer Vance. Da sich die beiden von einer Party her kennen, kommen sie schnell ins Gespräch, und Vance erzählt dem faszinierten Dexter von seinen Erlebnissen mit dem Übernatürlichen.

Zur Produktion:
Das Magazin The Weekly Tale-Teller veröffentlichte 1914 insgesamt acht Geschichten mit dem Geisterseher Aylmer Vance, einer Schöpfung des britischen Schriftstellerehepaars Alice(1874-1917) und Claude(1866-1917) Askew, die ihr einziger Beitrag zum phantastischen Genre bleiben sollte. Die Zusammenarbeit der Eheleute war so gut, daß sie innerhalb von zwölf Jahren 89 Romane und ein Sachbuch verfassten. Ihre unglaubliche Schaffenskraft kam erst durch einen U-Boot Angriff im Mittelmeer, bei dem tragischerweise beide ertranken, zum abrupten Stillstand. Die ersten vier Abenteuer ("The Invader", "The Stranger", "Lady Green-Sleeves", "The Fire Unquenchable") bilden die Grundlage für die beiden neuesten Folgen aus der Reihe Gruselkabinett. Im Herbst 2011 sollen dann mit den Nummern 56 und 57 die verbleibenden vier Erzählungen ("The Vampire", "The Boy of Blackstock", "The Indissoluble Bond", "The Fear") als Hörspiel erscheinen.
Auf dem CD Cover werden Aylmer Vance und Dexter als eine Art Sherlock Holmes und Dr. Watson des Übernatürlichen bezeichnet. Diese Beschreibung findet man in Literaturkreisen häufiger, doch der Vergleich hinkt meiner Meinung nach. Zum einen, weil Vance nicht wirklich ermittelt und es auch nicht um die Aufklärung eines Falls geht und zum anderen, weil Dexter, im Gegensatz zu Dr. Watson, intelligenzmässig seinem Partner beinahe ebenbürtig ist. In den ersten drei Episoden erzählt Vance dem neugewonnen Freund Dexter außerdem lediglich von seinen Fällen. Dabei handelt es sich um eine Seance mit einem befreundeten Ehepaar, bei der ein Geist von dem Medium Besitz ergreift und um zwei gefühlsbetonte Spukabenteuer, in denen sich die Beteiligten unglücklicherweise in Geister verlieben. Erst in der letzten Story wird Dexter durch Vance aktiv am Geschehen beteiligt. Zusammen versuchen sie herauszubekommen, was es mit den mysteriösen Feuern auf sich hat, die immer wieder spontan auf dem Anwesen der Tyrrells ausbrechen. Da ich die Originaltexte nicht besitze und diese auch nicht online finden kann, ist es mir unmöglich zu beurteilen, wie genau sich das von Marc Gruppe erstellte Skript an die Vorlagen hält. Anhand der bisherigen sorgfältigen Bearbeitungen kann man aber davon ausgehen, daß es sich auch hier um eine werkgetreue Umsetzung handelt. Thematisch sind die erste und die vierte Episode dem Gruselgenre zuzuordnen, während es sich bei den beiden anderen eindeutig um romantische Spukgeschichten handelt. Allen gemein ist der hohe Qualitätsstandard, für den der Name Titania bürgt. Dank dem tadellosen Einsatz realistisch klingender Geräusche und der dem emotionalen Charakter jeder Szene angepassten musikalischen Untermalung, erschaffen Marc Gruppe und Stephan Bosenius eine Stimmung, die den Hörer auch dann in den Bann schlägt, wenn es die Handlung selbst nicht vermag. Das gilt insbesonders für die Liebesgeschichten, deren Wirkung sich ohne diese atmosphärisch dichte Umsetzung kaum entfalten könnte. Obwohl alle Episoden durch ein Rahmengeschehen zusammengehalten werden, ist der Hörer nicht gezwungen, beide CDs am Stück zu hören, da die einzelnen Discs inhaltlich in sich abgeschlossen sind und jeweils eine Schauerromantik- und eine Gruselgeschichte beinhalten. Auf diese Weise kann man sich auch nur mit Folge 54 einen guten Eindruck verschaffen, ohne direkt das Set blind kaufen zu müssen.

Zu den Sprechern:
Hans-Georg Panczak(Aylmer Vance) und Ekkehardt Belle(Dexter) harmonieren perfekt miteinander und können die beginnende Freundschaft zwischen den Protagonisten glaubhaft darstellen. Insbesonders Panczak gelingt es eindrucksvoll, mit wenigen Worten eine unglaubliche emotionale Tiefe zu ereichen. Belle ist ebenfalls ausgezeichnet, bleibt aber, bis auf die Abschlußgeschichte, in seiner Rolle größtenteils unterfordert. Antje von der Ahe(Beryl) hat zwar nur einen kleinen Part als diejenige, die Vance und Dexter einander vorstellt, den füllt sie jedoch mit viel Chame und Spielfreude aus. Von Vance und Dexter abgesehen, treten in jeder Geschichte noch drei weitere Sprecher auf.
Bei "The Invader" glänzt Sabine Arnhold(Annie Sinclair) als ihrem Mann hörige Ehefrau, die ihm zuliebe jede Gefahr auf sich nimmt. Matti Klemm(George Sinclair) vermittelt glaubhaft eine Figur, die rücksichtslos ihr Ziel verfolgt, und Monika Barth(Medium) trifft genau den richtigen Tonfall, um ihrem Charakter die nötige unheilvolle Ausstrahlung zu verleihen.
In "The Stranger" ist es Luisa Wietzorek(Daphne Darrell), die eine beeindruckende Darstellung abliefert. Sie ist scheinbar mühelos in der Lage, die Altersspanne vom kleinen Mädchen bis hin zu einer Sechzehnjährigen zu überbrücken und dabei nuanciert die unterschiedlichsten Gefühle auszudrücken. Eva-Maria Werth(Miss Jane) hört sich genaus so an, wie man sich eine ältere, liebevoll besorgte Gouvernante vorstellt und Jan Panczak(Tony Halbert) passt sehr gut als Daphnes Verlobter.
Marie Bierstedt(Lady Green-Sleeves) ist souverän als titelgebende Hauptperson in "Lady Green-Sleeves". Mit beeindruckender Intensität deckt sie das gesamte Spektrum an Empfindungen ab. Dabei klingt sie mal wie die pure Lebensfreude, um dann, nur ein paar Sätze später, in eine Art leise Wehmut zu verfallen. Almut Eggert(Lady Latham) wirkt auf mich, mit ihrem Portrait der älteren Dame der Gesellschaft, fast ein wenig überzeichnet, doch Spaß macht ihr Auftritt allemal. Johannes Berenz(Mike) schafft es auch mit seinen wenigen Sätzen, sympathisch zu wirken.
Abschliessend treten in "The Fire Unquenchable" Michael Deffert(Mr. Tyrrell), als verunsicherter Familienvater, Uschi Hugo(Leila Trail) die eine liebevolle Ehefrau verkörpert und der begnadete Sprecher Sascha Rotermund(Ewan Trail), als tief bewegter und von seiner Umwelt unverstandener Dichter auf.

Fazit:
Interessante Mischung aus romantischen Spuk- und klassischen Gruselgeschichten.

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