Rezension: Gruselkabinett - 66 & 67 - Der Schatten über Inns

Neongrüne Riesenspinnen jagen Frankensteins Monster durch Draculas Schloß!
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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 66 & 67 - Der Schatten über Inns

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Gruselkabinett - 66 & 67 - Der Schatten über Innsmouth

Zum Inhalt:
Als der junge Robert Olmstead auf der Suche nach seinen Familienwurzeln nach Newbury Port kommt, erfährt er von dem seltsamen Hafenstädtchen Innsmouth. Neugierig geworden, beschliesst er, trotz zahlreicher Warnungen, sich den Ort anzusehen. Robert ahnt ja nicht, worauf er sich einlässt, denn in Innsmouth geht das Grauen um.


Zur Produktion:
"Die älteste und stärkste Empfindung des Menschen ist die Angst." Mit diesem aussagekräftigen Zitat von H.P.Lovecraft eröffnet Marc Gruppe seine Adaption eines der bekanntesten Bücher des berühmten Autors. Lovecrafts Werke gelten ja nach wie vor als so gut wie unverfilmbar, und auch die Hörspiel-Vertonung gestaltet sich extrem schwierig. Umso erfreulicher, daß sich Drehbuchautor Gruppe dieser sicherlich nervenaufreibenden Herausforderung immer wieder stellt. Geschickt nutzt er hier die zu Beginn der Originalgeschichte erwähnte Zerstörung Innsmouths, um das Hörspiel mit einem furiosen Auftakt zu starten.
Danach wird es ruhiger, und Gruppe baut, ganz im Stile Lovecrafts, das Grauen langsam auf. Um die Handlung adäquat erzählen zu können, hat Titania den Inhalt auf zwei CDs verteilt, die zusammen eine Laufzeit von ca. 126 Minuten erreichen. So verwundert es auch nicht, daß der erste Teil ausschließlich dazu dient, die Hintergründe zu erläutern, wobei der Horror hier in den immer neuen, phantastischen Details liegt, die sich dem Hörer schrittweise offenbaren. Nach diesem soliden Beginn erfolgt dann im zweiten Teil die eigentliche Konfrontation mit dem Grauen. Ich kann nur bewundernd den Hut vor Marc Gruppe ziehen, daß es ihm gelungen ist, insgesamt so dicht an der Lovecraft-Vorlage zu bleiben. Wer mir nicht glaubt, kann gerne auf der folgenden Webseite(http://www.dagonbytes.com/thelibrary/lo ... smouth.htm) die Story im englischen Original nachlesen.
Daß Marc Gruppe und Stephan Bosenius wahre Zauberer in der Produktion sind, ist ja nichts Neues. Jeder der schon mal ein Hörspiel von Titania gehört hat, weiß, wie opulent dessen Klangbild ausfällt, und Schatten über Innsmouth bildet da keine Ausnahme. Die dichte Soundkulisse auf dem Marktplatz beispielsweise, ist angefüllt mit vorbeifahrenden Kutschen, Autos, sowie allerlei tierischen und menschlichen Aktivitäten. Am effektivsten wirkt aber ein unvermittelt einsetzender Glockenschlag an anderer Stelle, der mich regelrecht erschreckt hat. Das alles vermittelt eine ungeheuere Lebendigkeit und sorgt für die passende Atmosphäre. Mindestens ebensoviel trägt die Musik zum Flair der Hörspiele bei. Die Produzenten setzen hier vor allem auf orchestrale Klänge, die sich mit sphärisch anmutenden Tönen abwechseln. Während mir das episch gehaltenen Intro durchaus gefallen hat, gab es aber doch einen Punkt in der Geschichte, an dem mich die konstante musikalische Untermalung eher gestört hat. (Da spricht der Hauptdarsteller von einer unheimlichen Stille, die es aber wegen der Musik überhaupt nicht gibt). Hier hätte ich mir gewünscht, tatsächlich nur den Sprecher zu hören und sonst nichts. Interessanterweise sorgt der Soundtrack dafür, daß die Geschichte etwas anders wirkt als bei Lovecraft. Während in der literarischen Vorlage doch eher Düsternis und Horror herrschen, heben die beiden Labelchefs mit ihrer Musik die Geschichte auf eine eher melancholische bzw.tragische Ebene. Das ist ein völlig neuer Ansatz und beweist eindringlich, wie sehr Musik das Empfinden beeinflussen kann.


Zu den Sprechern:
Erneut kann man dem Label Titania zu seiner Sprecherauswahl nur gratulieren. Schon der Eröffnungssatz, vorgetragen von Hasso Zorn(Ansage) jagt dem Hörer die erste Gänsehaut über den Rücken. Gemäß der Ich-Perspektive, aus der die Geschichte dargelegt wird, fungiert Hauptdarsteller Louis Friedemann Thiele(Robert Olmstead) nebenbei auch noch als Erzähler. Dabei spricht er jedoch so intensiv und gefühlvoll, daß man den erzählerischen Aspekt bald vergisst und vielmehr als eigenes Erleben versteht. Thiele deckt dabei nicht nur glaubhaft das ganze Spektrum menschlicher Emotionen ab, sondern darüber hinaus meint man fast, ihn im Verlauf der Handlung altern zu hören. Einzig seine Aussprache des Wortes Innsmouth hat mich irrtiert, da es bei ihm wie "Innsmth" klingt. Übertroffen wird Thiele nur noch von Peter Weis(Zadok Allen). Was für ein großartiger Schauspieler! Weis, der mit heiserer Stimme spricht, klingt zunächst freundlich und unbekümmert, um dann schlagartg ernst zu werden. Sein Portrait des verkommenen, alten Mannes ist deshalb so intensiv, weil er es versteht, mehrere Gefühle gleichzeitig in einem Satz mitschwingen zu lassen. So paart sich Wehmut mit Bitterkeit und Sorge mit panischer Angst. Dazu kommt noch, daß er eindeutig den schwierigsten Text hat, inklusive einer Beschwörungsformel, bei der sich jeder andere wohl die Zunge abgebrochen hätte. Bei ihm jedoch wirkt alles vollkommen natürlich, und man kann mit Fug und Recht sagen, dieser Mann lebt seinen Part. Benjamin Kiesewetter(Regierungsbeamter) und Peter Reinhardt(Funker) haben nur zwei sehr kurze Auftritte, die beide aber souverän und den Rollen angemessen ausfüllen. Jessy Rameik(Passantin) macht Spaß als freundliche,leicht frivole Passantin, und auch Hans-Jürgen Wolf(Fahrkarten-Verkäufer) weiß mit seiner bereitwilligen Art zu überzeugen. Reinhilt Schneider(Anna Tilton), die Kuratorin des Museums von Newbury Port, hört sich genauso charmant an, wie zu Beginn ihrer Karriere. Routiniert klingt sie mal überrascht, mal vorsichtig, bleibt dabei aber immer freundlich. Ronald Nitschke(Joe Sargent) ist einfach klasse als unfreundlicher Busfahrer, der seinen Text keuchend, zischend und kurzatmig vorträgt, um dann gegen Ende sogar beinahe ein wenig quäkend zu klingen. Genauso unheimlich ist auch Hans-Jürgen Dittberner(Hotel-Rezeptionist) der mit knarriger Stimme seiner Genervtheit Ausdruck verleiht. Dirk Petrick(Verkäufer) macht seine Sache als verstörter, ängstlicher Jugendlicher ebenso gut wie Wilfried Herbst(E. Lapham Peabody) als freundlicher, älterer Mann und Frank-Otto Schenk(Walter Wiliamson), der mit kräftiger Stimme agiert. Nicht ungenannt bleiben soll Sonja Deutsch(Roberts Großmutter) in ihrer perfekten Darstellung der herrischen Oma. Die "Wesen", die man ab und zu hört, werden nicht als Sprecher aufgeführt.


Fazit:
Sehr schöne Hörspieladaption, die aufgrund ihrer Machart einen ganz neuen Blick auf eine alte Geschichte erlaubt.

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Keeper of the Monsters

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