Rezension: Gruselkabinett - 72 - Markheim
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Rezension: Gruselkabinett - 72 - Markheim
Gruselkabinett - 72 - Markheim
Zum Inhalt:
Am ersten Weihnachtstag des Jahres 1888 ist Markheim bei seiner Verlobten zum Essen eingeladen, und da er nicht ohne Geschenk kommen möchte, beschließt er, noch schnell etwas bei dem Antiquitätenhändler Miller zu kaufen. Dieser zeigt ihm verschiedene Stücke, unter anderem einen Spiegel, in dem Markheim etwas erblickt, das ihn mit unbeschreiblichem Grauen erfüllt.
Zur Produktion:
Im Frühling freut sich der Hörspielfan nicht nur auf das milde Wetter, sondern auch auf die ersten Folgen der neuen Gruselkabinett-Staffel. Los geht es mit einer Geschichte des berühmten Autors Robert Louis Stevenson (13.11.1850-03.12.1894). Obwohl dieser leider bereits relativ jung gestorben ist, hat er der Nachwelt doch einige der bekanntesten Geschichten überhaupt hinterlassen. Nicht nur "Die Schatzinsel", sondern auch "Die Abenteuer des David Balfour" und natürlich Dr. Jekyll und Mr. Hyde(Gruselkabinett 10) stammen aus seiner Feder. Es ist schon eine Weile her, daß man bei Titania ein Werk von Stevenson wählte("Der Leichendieb" - Gruselkabinett 27), aber das Warten hat sich gelohnt.
"Markheim" ist eine extrem düstere Geschichte, die von Skriptautor Marc Gruppe behutsam für das Medium Hörspiel adaptiert wurde. Manche Dialoge hat er lediglich etwas erweitert, andere komplett neu geschrieben. Dabei gelingt es ihm stets, dem ursprünglichen Text treuzubleiben, von einer Ausnahme abgesehen. Wie schon bei verschiedenen anderen Hörspielen aus der Reihe, beginnt die Geschichte mit einem von Gruppe selbstverfaßten Prolog. Dieser ermöglicht zwar den rasanten Einstieg in die Handlung, verrät aber unnötigerweise schon vorzeitig deren Auflösung. Dadurch bekommt das Ganze zwar einen netten Ambrose-Bierce-Touch à la "An Occurence at Owl Creek Bridge", verliert meiner Meinung nach jedoch gleichzeitig an Spannung. Weil es im Endeffekt aber hauptsächlich um die alte Frage nach Gut und Böse bzw. die Tragweite unserer Entscheidungen geht und das Ganze lediglich in eine Schauergeschichte verpackt ist, bleibt Stevensons ursprüngliche Intention trotzdem erhalten. Wer möchte, kann, wie üblich, einen Vergleich zwischen Hörspielskript und englischsprachigem Originaltext vornehmen. (http://www.gutenberg.org/files/344/344-h/344-h.htm)
Die Produktion an sich ist wieder ein wahrer Ohrenschmaus. Jede Szene wurde von Stephan Bosenius und Marc Gruppe mit den unterschiedlichsten Melodien ausgestattet. Deren Spektrum reicht von düsteren Synthiklängen bis hin zu einer beinahe disneyesquen, voll orchestralen Weihnachtsmusik. Der Sologesang des Chorknaben mag heutigen Hörern vielleicht ein wenig kitschig oder gar übertrieben vorkommen. Es handelt sich dabei jedoch um eine wirklich gelungene Umsetzung der literarischen Vorgabe. Neben der opulenten musikalischen Untermalung, spart man auch nicht mit dem Einsatz natürlich klingender Geräusche. Obwohl das Setting mehr oder weniger auf einen Raum begrenzt ist, wird dieser durch die unterschiedlichsten Sounds lebendig. Da sind eine Vielzahl tickender Uhren, der Wind heult durchs Gebälk, steter Regen fällt aufs Dach, und draußen fährt eine Kutsche vorbei. Der akustische Höhepunkt ist für mich die Heimsuchungs-Szene, bei der die Produzenten sehr geschickt den Surround-Sound einsetzen.
Zu den Sprechern:
Da die Geschichte aus seiner Perspektive geschildert wird, hat Helmut Zierl(Markheim) den umfangreichsten Textanteil. Zierl trägt diese "Last" jedoch mühelos, und es ist schon erstaunlich, wie es ihm mit wenigen Worten glingt, das Portrait eines Mannes zu zeichnen, der zunächst vollkommen verunsichert ist und sich dann plötzlich zur Bedrohung entwickelt. Sein nuanciertes Spiel gibt dem Charakter eine ungewöhnliche Tiefe, und nur Hans Bayer kann ihm hier das Wasser reichen. Mit seiner tiefen, ein wenig kratzigen Stimme verkörpert dieser perfekt den unheimlichen Fremden. Auch wenn es nicht explizit bestätigt wird, lassen der beißende Spott, das diabolische Gelächter und die Art und Weise, wie er die Menschen verhöhnt, keinen Zweifel aufkommen, um wen es sich bei ihm handeln soll. Beinahe ebenso gut wie die beiden Vorgenannten, ist Wolfgang Welter(Mr. Miller) als skrupelloser Geschäftsmann, der für Geld jede Moral vergißt und sich mit fieser Lache über seinen Kunden lustigmacht. Julia Stoepel(Lucy) hat als Millers Hausmädchen einen sympathischen Kurzauftritt, und Rolf Berg(Jahrmarkt-Ausrufer) ist gut als reimender Schausteller. Vollkommen unauffällig bleiben Marc Oliver Schulze, Marc Gruppe, Matthias Kofler und Horst Naumann als Passanten. Lediglich derjenige unter ihnen, der den wenig begeisterten Kunden spielt(Schulze?), tritt nennenswert in Erscheinung.
Fazit:
Hochwertige Umsetzung einer klassischen Gruselgeschichte.
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