Rezension: Gruselkabinett - 104 - Allerseelen

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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 104 - Allerseelen

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Gruselkabinett - 104 - Allerseelen

Zum Inhalt:
Die Cousine von Kate Miller, Mrs. Sara Clayburn, liebt ihr altes Herrenhaus "Whitegates" über alles und kann sich gar nicht vorstellen, jemals von dort wegzuziehen. Doch an Allerheiligen im Jahr 1931 hat sie eine seltsame Begegegnung mit einer Fremden, die sich nach ihrem Anwesen erkundigt. Bereitwillig gibt Mrs. Clayburn Auskunft, ohne dem Vorfall weiter Beachtung zu schenken. Zu Hause angelangt, stürzt sie unglücklich und bricht sich ein Bein. In der Nacht findet Sara keine Ruhe, und als der Morgen anbricht, stellt sie fest, daß sie ganz allein im Haus zu sein scheint. Wohin ist das Personal verschwunden, und...ist sie wirklich allein?

Zur Produktion:
Freunden der Reihe 'Gruselkabinett' wird Edith Wharton(24.01.1862 – 11.08.1937) keine Unbekannte mehr sein, da es sich hier (nach Gruselkabinett - 47 - Verhext) bereits um die zweite Vertonung einer ihrer Publikationen handelt. "All Souls", wie die 1937 in dem Buch "Ghosts" erstmals veröffentlichte Geschichte im englischen Original heißt, nimmt eine besondere Stellung in ihrem Werk ein. Dazu muss man wissen, daß es zu Whartons Gewohnheiten gehörte, jedes Jahr in der Zeit des 01. bzw. 02. Novembers allein in ihrem Haus der Verstorbenen zu gedenken. So verfasste sie bereits 1909 ein Gedicht mit dem Titel "Allerseelen", und die diesem Hörspiel zugrundeliegende gleichnamige Kurzgeschichte, ist die letzte, die sie, nur sechs Monate vor ihrem Tod, schrieb. Darin verarbeitete die Autorin noch einmal ihr bisheriges Leben und vor allem ihre Ängste. Dazu gehörten ihre Erinnerungen an das geliebte Anwesen "The Mount", der Verlust ihrer sehr geschätzten, verstorbenen Dienerschaft, die Sorge vor Hilflosigkeit im Alter, das Gefühl der Einsamkeit bzw. Krankheit und vor allem ihre Furcht vor dem Tod. Da sich die Erzählung nicht im Public Domain befindet und ich sie auch nicht selbst besitze, kann ich diesmal leider keinen Vergleich zwischen dem Skript von Marc Gruppe und der literarischen Vorlage anstellen. Gruppe gibt die Handlung aus der Sicht von Saras Cousine Kate wieder, die ihrerseits deren Erlebnisse schildert. Das Geschehen entwickelt sich auch ziemlich dynamisch und steuert nach ca. 40 Minuten einem ersten Höhepunkt entgegen. Bedauerlicherweise fällt der Spannungsbogen dann ziemlich ab, was vor allem an dem (für mich) zu abrupten Übergang und den zu lang geratenen "Erklärungen" liegt. Doch nach dieser kleinen "Durststrecke", bei der man zunächst vermutet, es handele sich bereits um den Abschluss des Hörspiels, nimmt das Ganze noch einmal Fahrt auf und erreicht nach ungefähr 59 Minuten ein interessantes Finale.
Produktion und Regie, vorgenommen von Stephan Bosenius und Marc Gruppe, zählen für mich zu den besten Arbeiten, die die beiden bisher überhaupt gemacht haben. Zur Eröffnung hört man eine auf dem Klavier gespielte, langsame und getragene Melodie, die den passenden düsteren Grundton für das folgende Hörspiel bietet. Im weiteren Verlauf kommen dann unter anderem noch Geige und Synthesizer sowie ein Glockenspiel zum Einsatz. Beeindruckenderweise ist es Bosenius und Gruppe trotz der Musik gelungen, die von Wharton herausgearbeitete "Bedrückung durch Stille" auch akustisch darzustellen. Um diesen Effekt zu erreichen, werden Geräusche nicht etwa weggelassen, sondern, im Gegenteil, etwas lauter eingespielt. Besonders deutlich wird das in der Szene, als Sara durch ihr Haus schleicht. Neben dem Atmen der Schauspielerin, verraten nur die knarrenden Dielenbretter ihre Anwesenheit, und jeder, der schon einmal in einer ähnlichen Situation war, weiß, wie durchdringend solche Geräusche dann in den eigenen Ohren klingen. Geradezu nostalgisch war mir zumute, als das schnarrende Geräusch der toten Telephonleitung ertönte. Heutzutage, im Zeitalter der VoIP, hat man entweder ein Verbindung, oder man hört gar nichts.

Zu den Sprechern:
Hauptdarstellerin Judy Winter(Sara Clayburn) fand ich einfach umwerfend! Ihre etwas rau klingende Stimme passt hervorragend zur Darstellung der resoluten Sechzigjährigen, und ihr Spiel ist absolut makellos. Einer der Gründe, warum dieses Hörspiel mich so begeistert hat, ist mit Sicherheit ihre Begabung, Saras sich stetig steigernde Angst darzustellen. Beeindruckend, wie es ihr gelingt, erst nur leicht nervös und dann gereizt zu klingen, bis ihre Stimme langsam anfängt zu kippen, während das nackte Entsetzen zum Vorschein kommt. Auch Sabine Trooger(Kate Miller), als ihre Cousine, ist ausgezeichnet. Während sie als Erzählerin agiert, spricht sie eher ruhig und sachlich, aber in den Spielszenen zeigt sie, was in ihr steckt. Cathlen Gawlich(Fremde) überzeugt als seltsame, irgendwie unheimliche Frau, deren boshaftes Gelächter dem Hörer durch Mark und Bein geht, während Lutz Mackensy(Price) nur einen kurzen Auftritt als hilflos stotternder Butler hat. Herma Koehn(Agnes) ist gut als ältere Hausangestellte, die sich nicht ganz so verhält, wie man es erwarten würde. Gleiches gilt auch für Rainer Gerlach(Dr. Selgrove), den im wahrsten Sinne des Wortes brummigen Hausarzt, der sich über seine störrische Patientin amüsiert. Zu Bernd Rumpf(Nachrichtensprecher) kann man nicht viel sagen, da seine Stimme nur im Hintergrund eingespielt wird und mehr oder weniger unverständlich bleibt. In einer Nebenrolle tritt noch Constantin von Jascheroff(Dr. William Lusk) als freundlicher, aber bestimmter junger Arzt auf.

Fazit:
Gruselatmosphäre pur.

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