Rezension: Gruselkabinett - 148 - Im Labyrinth der großen Pyramide
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Rezension: Gruselkabinett - 148 - Im Labyrinth der großen Pyramide
Gruselkabinett - 148 - Im Labyrinth der großen Pyramide
Zum Inhalt:
Anlässlich der bevorstehenden Vermählung von Paul Forsyth mit seiner Verlobten Evelyn, räumen beide gemeinsam seinen Haushalt auf. Dabei fällt Evelyn ein altes, goldenes Kästchen aus Ägypten in die Hände, welches ungewöhnliche Samenkapseln enthält. Neugierig geworden, bedrängt sie Paul so lange, bis dieser schließlich widerwillig beginnt, ihr von seinen Erlebnissen in der Cheops-Pyramide zu berichten, aus der das Kästchen stammt...
Zur Produktion:
Es ist zwar nicht das erste Mal, daß Titania Medien das alte Ägypten und die damit verbunden Mythen und Legenden thematisiert (Gruselkabinett 02,51,61 & 103), aber es ist die erste Vertonung einer Geschichte der amerikanischen Autorin Lousia May Alcott (29.11.1832 - 06.03.1888), was mich gleich in mehrfacher Hinsicht überrascht. Bisher habe ich die Autorin nur mit ihrem bekanntesten Werk "Little Women" (1868) (im Deutschen "Betty und ihre Schwestern") und dessen zwei Fortsetzungen in Verbindung gebracht und hätte angenommen, daß man vor allem diese Bücher für die hauseigene Kinder- und Jugendhörspiel-Reihe "Titania Special" adaptieren würde, was bisher jedoch nicht der Fall war. Noch mehr erstaunt es mich aber, daß Alcott, die vor allem als Dichterin und eben Jugendbuchautorin bekannt war, ein Jahr nach ihrem Bestseller, eine Kurzgeschichte wie "Lost in a Pyramid, or the Mummy's Curse" (so der englische Originaltitel) verfassen würde.
Interessanterweise gab es damals bereits zwei weitere Geschichten anderer Schriftstellerinnen, bei denen eine weibliche Mumie eine zentrale Rolle spielte. Das brachte eine Kritikerin auf die Idee, eine Entsprechung zwischen der Entweihung von Grabstätten und einer Vergewaltigung zu sehen. Generell ist eine solche Sichtweise wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, erscheint mir aber im Fall von Alcott, auch aufgrund ihrer Vita, als sehr unwahrscheinlich. Diese Gruselgeschichte war jedenfalls eine ihrer letzten Erzählungen für ein erwachsenes Publikum und geriet anschließend lange Zeit in Vergessenheit, bis sie in den 1990er Jahren wiederentdeckt wurde.
Das Hörspielskript von Autor Marc Gruppe hält sich über weite Teile der Handlung an Alcotts Vorlage, beginnt jedoch mit einem kurzen zusätzlichen Dialog zwischen den Verliebten, der dazu dient, dem Hörer die beiden Hauptfiguren vorzustellen und ein wenig näher zu bringen. Auch im weiteren Verlauf gibt es noch einige durchaus bemerkenswerte Änderungen gegenüber der Vorlage. So ist hier beispielsweise die Fackel des Professors bereits erloschen, als Paul ihn findet. Eigentlich nur ein kleines Detail, welches aber das Geschehen ungleich spannender und auch wesentlich unheimlicher wirken lässt. Ebenfalls neu ist der bei Alcott lediglich kurz erwähnte Fluch der Mumie, welchen Gruppe für sein Hörspielskript stimmig ausformuliert hat. Mit leichter Abänderung der Reihenfolge einiger Ereignisse gelingt es ihm, das Geschehen wesentlich flüssiger zu präsentieren, als dies bei der Autorin selbst der Fall war. Der größte Unterschied zwischen der Kurzgeschichte und dem Skript betrifft jedoch den Schluß, welcher bei Gruppe wesentlich drastischer ausfällt. Obwohl es sich dabei um eine wirklich eklatante Abweichung zur Vorlage handelt und durchaus debattierbar wäre, welches Ende nun das schrecklichere ist, finde ich die Umgestaltung mehr als gelungen. Das Ganze klingt wie aus einem Guss, und das Grauen wird bis zum Ablauf der rund 54minütigen Laufzeit stetig gesteigert. Da die Geschichte so sehr viel düsterer und unheimlicher wirkt als im Original, und der Skriptautor diesen Grundton nicht verwässern will, fehlen hier natürlich auch größtenteils die ursprünglich vorhandenen humorvollen Wendungen, wie etwa die Bezeichnung "Madame la Momia". Wer nun neugierig geworden ist und sich selbst ein Bild der beiden unterschiedlichen Schlüsse machen möchte, findet die englischsprachige Kurzgeschichte im Internet unter http://gutenberg.net.au/ebooks06/0603041h.html.
Mit diesem Hörspiel beweisen die Produzenten und Regisseure Stephan Bosenius und Marc Gruppe erneut eindrucksvoll, wie gut sie ihr Handwerk beherrschen. Jeder einzelne Handlungsort wird mit einer Vielzahl vollkommen natürlich klingender Geräusche in Szene gesetzt. Neben den für diese Gruselgeschichte zu erwartenden quietschenden Türen, dem pfeifenden Wind in der Pyramide oder dem prasselnden Kaminfeuer, sind es vor allem die Töne, welche Bosenius und Gruppe extra für das Hörspiel kreieren mussten, die mich begeistert haben. Dazu zählen das Zischen der im Feuer verbrennenden Samen und das Knistern der verbennenden Mumie. Manche der Effekte sind unmittelbar herauszuhören, wie beispielsweise der Hall, mit dem die Stimmen innerhalb der Pyramide unterlegt werden, oder auch der Stimmenwechsel von Paul auf den Professor, als dieser den Brief des Gelehrten vorliest. Bei anderen muss man schon sehr genau zuhören, um sie mitzubekommen. Exemplarisch sei hier der subtil eingespielte, sich beschleunigende Herzschlag während des Auswickelns der Mumie genannt. Für das perfekte "Ägyptengefühl" bedarf es auch einer entsprechenden musikalischen Untermalung, und auch diesen Bereich beherrschen Stephan Bosenius und Marc Gruppe vollendet. Neben Trommeln, sind es vor allem die orientalisch anmutenden Flöten und Pfeifen, welche für ein adäquates Flair sorgen und mit deren Hilfe die unheilvollen, beklemmenden, teilweise traurig anmutenden Melodien eingespielt werden.
Zu den Sprechern:
Hauptfigur und Erzähler ist Pascal Breuer(Paul Forsyth) als der sympathische junge Mann, den seine grauenvollen Erfahrungen in Ägypten einfach nicht loslassen wollen. Sein Spiel fand ich tadellos, wobei sein überzeugendes Portrait des vor Erschöpfung keuchenden Begleiters des Professors, die ohnehin schon nervenaufreibenden Ereignisse innerhalb der Pyramide noch dramatischer erscheinen lässt. Highlight seiner Darstellung ist für mich aber der Moment, in dem er erkennt, welches Schicksal ihm bzw. seiner Braut droht. Sein Entsetzen und das damit verbundene jammernde Flehen, wird wohl keinen Hörer kaltlassen. Mindestens ebenso gut ist Fabienne Hesse(Evelyn) in der Rolle der eingangs unbekümmerten, liebevollen Verlobten, der es allein mit ihrer Stimme gelingt, den fortschreitenden Unschuldsverlust akustisch darzustellen. Der Moment, in dem sie plötzlich diesen seltsamen Unterton in ihre Stimme legt, zählt für mich zu den gruseligen Sequenzen der Folge. Horst Naumann(Professor Niles) ist für mich die perfekte Besetzung des agilen älteren Gelehrten, den seine Begeisterung jegliche Vorsicht vergessen lässt, und Stephanie Keller(Hohepriesterin) intoniert ihren Part als altägyptische Geistliche mal mit zorniger, mal mit hämischer Stimme. In weiteren Nebenrollen sind noch Valentin Stroh(Jumal) in der Rolle des besorgten einheimischen Führers, welcher nur gebrochenes Deutsch beherrscht sowie Dirk Petrick(Butler Wilckes) als gefasster, hilfsbereiter Diener und Benedikt Weber(Jeremy) als von den Ereignissen bedrückter, mit gedämpfter Stimme sprechender Bekannter des Professors zu hören.
Fazit:
Faszinierende, spannende und ausgezeichnet produzierte Variante des "Mumienhorrors".
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