Rezension: Gruselkabinett - 150 - Herbert West, Wieder-Erwecker

Neongrüne Riesenspinnen jagen Frankensteins Monster durch Draculas Schloß!
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Rezension: Gruselkabinett - 150 - Herbert West, Wieder-Erwecker

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Gruselkabinett - 150 - Herbert West,der Wieder-Erwecker

Zum Inhalt:
Herbert West und sein Freund Clyde Simcox studieren seit drei Jahren gemeinsam Medizin an der "Miskatonic Universität" in Arkham. Bereits während dieser Zeit hat West ungewöhnliche Theorien über den Tod und wie er diesen mit Hilfe eines Serums zu überwinden hofft, aufgestellt. Da ihn seine Tierversuche nicht weiterbringen, bittet er den Dekan der Universität, Allan Halsey, um die Zuteilung menschlicher Körper. Entsetzt und von dem Ansinnen angewidert, lehnt dieser nicht nur ab, sondern verbietet dem jungen Mann auch jegliche Fortführung seiner Studien. Doch davon lässt sich ein Herbert West nicht abhalten! Gemeinsam mit seinem Freund Simcox forscht er heimlich weiter, was zu grauenvollen Resultaten führt.

Zur Produktion:
Bevor ich im Detail auf das Hörspiel eingehe, möchte ich zunächst Marc Gruppe und Stephan Bosenius zur 150. Folge dieser Reihe herzlich gratulieren! Nicht viele Serien bringen es auf eine so hohe Folgenzahl, was für eine ungebrochene Beliebtheit des "Gruselkabinetts" beim Publikum spricht.
Sicherlich werden einige Hörer überrascht sein, daß Titania Medien diese Folge, im Gegensatz zur 100. ("Träume im Hexenhaus"), ohne jegliche Extras präsentiert, ganz so wie damals auch die 50. Folge ("Das Gespenst von Canterville"). Mich stört das nicht, und ich gehe davon aus, daß man beim nächsten Jubiläum, der 200, diese Folge dann wieder mit zusätzlichen Boni ausstatten wird.
Eine Besonderheit gibt es aber doch, nämlich eine bisher in Deutschland unvertonte Story des beliebten amerikanischen Autors H.P. Lovecraft(20.08.1890 - 15.03.1937).
"Herbert West: Reanimator", so der Originaltitel der Kurzgeschichte, weist gleich mehrere interessante Aspekte auf.
Lovecraft verfasste sie im Zeitraum von Oktober 1921 bis Juni 1922, doch schon im Februar 1922 begann die Veröffentlichung in der Amateurpublikation "Home Brew", die von seinem Freund George Julian Houtain herausgegeben wurde. Um die Leser möglichst lange an das Magazin zu binden, erschien in den Heften 1-6 jeweils immer nur ein Kapitel. Nach eigenen Angaben wollte der Autor mit seiner Erzählung eine Parodie auf Mary Shelleys "Frankenstein" schaffen, und zur Verdeutlichung erwähnt er, genau wie Shelley, die Gedichte von Samuel Taylor Coleridge.
Lovecraft war Zeit seines Lebens nicht zufrieden mit dem Resultat und betonte immer wieder, daß er die "Abenteuer" von Herbert West nur wegen der 5 Dollar, die er pro Kapitel erhielt, geschrieben habe. Erschwerend kam hinzu, daß Houtain darauf beharrte, sämtliche Teile der Kurzgeschichte müssten mit einem Cliffhanger enden, was im Kontrast zu Lovecrafts literarischem Stil stand. Aufgrund des Fortsetzungscharakters sah sich der Autor außerdem gezwungen, jedes Kapitel mit einer Einführung zu versehen, in der die bisherigen Ereignisse zusammengefasst werden, um immer wieder auch neue Leser mit ins Boot holen zu können.
Immerhin findet hier aber die von Lovecraft erfundene "Miscatonic Universität" zum ersten Mal Erwähnung.
Da etliche maßgebliche Kritiker die Erzählung als eine seiner schwächsten bezeichneten, geriet sie schnell in Vergessenheit, was sich erst mit der Verfilmung im Jahr 1985 ändern sollte.
Obwohl der Zeichner Ertugrul Edirne sich für die Coverillustration ganz klar an deren Schauspielern orientiert hat, handelt es sich bei Titanias Hörspiel um eine werkgetreue Vertonung der Orignalgeschichte und nicht des Splatter-Klassikers. Doch keine Sorge, auch in der ursprünglichen Handlung geht es ordentlich zur Sache!
Lovecrafts Stories zu Hörspielskripten umzuarbeiten ist kein leichtes Unterfangen, aber darin hat Autor Marc Gruppe ja mittlerweile bereits einige Übung (siehe Gruselkabinett 24 & 25,39,44 & 45,58,66 & 67,78,90,100,114 & 115,126 & 138). Wie schon in der Vergangenheit, war er auch diesmal gezwungen, sich insofern vom Text lösen, als daß er den Großteil des Geschehens in Dialoge bzw. Spielszenen umschreiben musste, um einen flüssigen Ablauf zu gewährleisten. Die zuvor angesprochenen und für das Hörspiel uninteressanten Wiederholungen hat er natürlich gestrichen. Ebenfalls zurecht gekürzt wurde die Episode mit dem schwarzen Boxer. Während es in der ursprünglichen Fassung mehrere Boxer sind, darunter der erwähnte Farbige, die Wests "Medizin" zu schmecken bekommen, ist es bei Gruppe nur einer.
Wer die Geschichte im englischen Original nachliest, im Internet zu finden unter https://en.wikisource.org/wiki/Herbert_West:_Reanimator, wird schnell verstehen, warum der Skriptautor diesen Teil weggelassen hat. Als Kind seiner Zeit hatte Lovecraft kein Problem damit, Schwarze zu verunglimpfen (er vergleicht den Toten sogar mit einem Gorilla) und als minderwertig zu betrachten (weil er nur ein "Neger" ist, funktioniert das Serum bei ihm nicht).
Im Gegenzug fällt Gruppes Eröffnung etwas ausführlicher aus, und auch das detaillierte Gespräch mit der Vermieterin lässt sich so bei Lovecraft zwar nicht finden, trägt aber wesentlich zur Zeichnung der Protagonisten bei. Sämtliche sonstige Änderungen betreffen nur noch Kleinigkeiten. So verpasst Gruppe dem eigentlich namenlosen Erzähler den Namen Clyde Simcox, und statt der "unzähligen" Versuchstiere bei Lovecraft, konkretisiert Gruppe diese, indem er jede Tierart benennt und hohe Zahlen angibt, um die Absurdität der Versuche noch zu unterstreichen.
Obendrein trägt der nächtliche Besucher das menschliche Körperteil auch nicht mehr im Mund, sondern in der Tasche.
Besonders gut fand ich den zusätzlichen Twist ganz am Ende des Hörspiels, auf den ich aber nicht näher eingehen werde, um die Spannung zu erhalten.
Unterm Strich hat mir diese knapp 71 minütige Hörspielfassung mindestens ebenso gut gefallen, wie die berühmt-berüchtigte Verfilmung.
Wer die Geschichten von Lovecraft schon gelesen hat, der weiß, daß der Autor selten konkret wird und stattdessen lieber nebulöse Andeutungen macht, welche beim Leser die Phantasie anregen und für ein gewollt unheimliches Gefühl sorgen sollen. Diese Atmosphäre auf ein Hörspiel zu übertragen, ist hier die wahre Kunst, der sich die Köpfe hinter Titania Medien, Stephan Bosenius und Marc Gruppe, erfolgreich stellen!
Von der ersten Minute an gelingt es beiden, eine düstere, unheilvolle Stimmung aufzubauen, welche den Hörer sofort in seinen Bann zieht.
Mit Klavier, Geige und dem Synthesizer werden wahlweise beklemmende, langezogene Sounds eingespielt, oder es ertönen dumpfe Schläge, die unwillkürlich Assoziationen an einen Herzschlag auslösen. Wenn es besonders aufregend wird, erklingt auch schon mal eine treibende Melodie, deren dramatischer Unterton sich besonders zum Ende des Hörspiels hin immer weiter steigert. Da wirkt das verhältnismäßig ruhige Stück am Schluß schon beinahe versöhnlich.
Highlight der Soundkulisse sind für mich aber die vielen verschiedenen Geräusche, welche die einzelnen Szenen erst wirklich lebendig machen.
Die blubbernden Tinkturen und das Klirren der aneinanderschlagenden Ampullen und Reagenzgläser lassen das Labor akustisch erstehen, während die sonoren Kirchenglocken, zusammen mit den krächzenden Raben, für die nötige Friedhofsstimmung sorgen. Jede knarrende bzw. quietschende Tür klingt individuell, und selbst so unbedeutend erscheinende Töne wie das Rascheln der Zeitung oder ein gelegentliches Stuhlrücken, sind nicht vergessen worden.
Obwohl mich schon die klangliche Umsetzung der diversen Leichentransporte beeindruckt hat, sind mir vor allem die Kriegsszenen mit der Artillerie und den Granateinschlägen im Gedächtnis geblieben. Beinahe ebenso beeindruckend ist das dumpfe Hämmern innerhalb der Katakomben. Eigentlich ein harmloses, wenig bedrohliches Geräusch, welches hier aber durch den Kontext zum akustischen Terror mutiert.
Nicht so gut gefallen haben mir die für mich zu dünn klingenden Schußgeräusche des Revolvers, und auch die Schrittgeräusche fand ich nicht immer ganz stimmig. Aber das sind alles unwesentliche Kleinigkeiten, die das Hörvergnügen nicht wirklich beeinträchtigen.
Die Effekte bleiben im Hintergrund und beschränken sich auf einen leichten Hall, mit dem die Stimmen innerhalb der Universitätsräume unterlegt sind, und dem langen Schrei, der zeitverzögert ausklingt.

Zu den Sprechern:
Auch wenn es natürlich in erster Linie um die Titelfigur Herbert West geht, so hat Martin May(Clyde Simcox) doch den größten Textanteil, was nicht zuletzt daran liegt, daß er auch der Erzähler ist. In beiden Funktionen macht May eine ausgezeichnete Figur. Als Berichtender klingt er vor allem bedrückt und von den Ereignissen, welche er erlebt hat, gezeichnet, während er als Figur vor allem eingeschüchtert und gegenüber West geradezu hörig wirkt. In Anbetracht der geschilderten Begebenheiten, ist es einfach nur folgerichtig, daß sich sein Charakter irgendwann in sein unabwendbares Schicksal fügt.
Ein ganz anderes Kaliber ist dagegen Patrick Bach(Herbert West) in der Rolle des fanatischen Wissenschaftlers, der keine Skrupel kennt, wenn es darum geht, sein Ziel zu erreichen. Bach versieht seinen Part mit der notwendigen Arroganz und der dazugehörigen Menschenfeindlichkeit. Je weiter West in seinen Bemühungen kommt, umso mehr lässt ihn der Sprecher wie einen Wahnsinnigen wirken, treffend unterstrichen durch seine vorgetragene Begeisterung für den 1. Weltkrieg. Besser hätte man Herbert West für mich nicht in Szene setzen können!
Eine gleichwertige Darbietung liefert auch der großartige Horst Naumann(Allan Halsey) als über alle Maßen empörter Dekan der "Miscatonic Universität".
Sein Portrait des rechtschaffenen Universitätsvorstehers erinnert mich sehr an sein filmisches Pendant, allerdings ohne die damit verbundenen Anzüglichkeiten.
Leider gilt das nicht für seine Frau Martina Linn-Naumann(Vermieterin) als spöttische Wohnungsinhaberin. Den süffisanten Ton hat sie zwar perfekt getroffen, aber ihre Darbietung schwächelt, wenn es darum geht, das Entsetzen über die übel zugerichteten Mieter und die Wut über die zerstörte Wohnung auszudrücken. Claudia Urbschat-Mingues(Italienerin) besticht als hysterische, völlig aufgelöst jammernde Südländerin, gleiches gilt für Rainer Gerlach(Italiener), ihren radebrechenden Ehemann, der sich zunächst vor allem um seine Frau sorgt, nur um sich anschließend derart aufzuregen, daß er schon cholerisch erscheint. Normalerweise empfinde ich Doppelbesetzungen ja eher als störend, aber ich muss zugeben, daß mir gar nicht aufgefallen ist, daß Rainer Gerlach(Major) auch noch den Vorgesetzten von West und Simcox in Flandern spricht. Vielleicht liegt es aber auch daran, daß Gerlachs Auftritt als jovialer Armeeangehöriger, trotz aller Prägnanz, recht klein ausfällt. Jedenfalls spielt er auch diese Rolle souverän.
Peter Weis(Robert Leavitt) ist der zurecht mehr als wütende Handlungsreisende, und Bodo Primus(Wärter) leiht seine Stimme dem vor Entsetzen schlotternden und stotternden Anstaltsbedienstenen.
In weiteren Nebenrollen treten noch Rolf Berg(Officer) als dienstlich agierender Polizist, Matthias Lühn(Inspektor) als ungläubiger, mehr als skeptischer Beamter, Sascha von Zambelly(Detectiv) als ermittelnder Kollege sowie Marc Gruppe(Friedhofswärter) als vor lauter Grauen schreiender Angestellter auf.
Der tote Arbeiter, die Leiche in der Universität und der Priester bleiben zwar im Booklet ungenannt, aber ich könnte mir vorstellen, daß auch diese extrem kurzen Rollen von Herrn Gruppe gesprochen wurden.

Fazit:
Hörspieladaption die für mich die literarische Vorlage tatsächlich übertrifft und sich nicht hinter der kultigen Verfilmung verstecken muss.

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GIGAN
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Re: Rezension: Gruselkabinett - 150 - Herbert West, Wieder-Erwecker

Beitrag von GIGAN »

Danke für deine ausführlichen Besprechungen immer +++ :loveyouall:
...bestellt :klatsch:
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Re: Rezension: Gruselkabinett - 150 - Herbert West, Wieder-Erwecker

Beitrag von MonsterAsyl »

Äusserst gern geschehen, freut mich, wenn Dir die Rezi gefallen hat. Schreib mal, wie Dir die Folge gefallen hat.
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GIGAN
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Re: Rezension: Gruselkabinett - 150 - Herbert West, Wieder-Erwecker

Beitrag von GIGAN »

:klatsch: Mein Exemplar ist jetzt signiert von Allan Halsey +++ :klatsch: ...und auch der Vermieterin :)
"...und verbreitet unsere Warnung: ...kommt niie wieder auf den Mars"
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