Rezension: Gruselkabinett - 196 - Flaxman Low - Der Fall Saddler's Croft

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MonsterAsyl
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Rezension: Gruselkabinett - 196 - Flaxman Low - Der Fall Saddler's Croft

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Gruselkabinett - 196 - Flaxman Low - Der Fall Saddler's Croft

Zum Inhalt:
Phil Strewd, ein alter Freund von Flaxman Low, bittet den "Geisterjäger" um Hilfe. Das mit Strewd befreundete Ehepaar Corcoran hat, trotz seiner eindringlichen Warnung, das Nachbarhaus erworben, in dem es spuken soll. Anfangs geht alles gut, aber dann beginnt sich Sadie Corcoran seltsam zu verhalten...

Zur Produktion:
Das vorliegende Hörspiel beinhaltet (nach Gruselkabinett 149, 155, 167, 179 und 193) bereits das sechste Abenteuer rund um den "Geisterjäger" Flaxman Low. Verfasst wurde "The Story of Saddler's Croft", so der englischsprachige Originaltitel, von Hesketh Vernon Prichard (17.11.1876 - 14.06.1922) und seiner Mutter Kate O'Brien Ryall Prichard. Die Erzählung erschien erstmals 1899 in der Februarausgabe des "Pearson's Magazine" unter dem Pseudonym E. & H. Heron. Eine deutsche Veröffentlichung ist bisher nicht erfolgt. In den Geschichten wird Flaxman Low (übrigens ebenfalls ein Pseudonym, für welches es nie eine Auflösung gibt) als einer der führenden Wissenschaftler des Viktorianischen Zeitalters bezeichnet, der sich ganz dem Studium des Okkultismus verschrieben hat.
Die Handlung beginnt damit, dass das Ehepaar Corcoran zufällig am leerstehenden Nachbarhaus seines guten Freundes Phil Strewd vorbeikommt. Sadie Corcoran verliebt sich sofort in das Anwesen, und auch wenn ihr Gatte Andy nicht ganz so begeistert ist, beschließen sie, es als neuen Wohnsitz zu kaufen.
Darauf folgt das prägnante Intro, in dem der Name Flaxman Low wie üblich in rauem Flüsterton gesprochen und mit eindringlichen, düsteren Sounds unterlegt wird. Das Glück im neuen Haus währt nicht lange, denn schon bald muss sich Andy hilfesuchend an Strewd wenden, zu dessen Freunden zufällig auch Flaxman Low gehört.
Dieser ist sofort interessiert und beginnt mit seinen Untersuchungen. Offensichtlich geht von einem im Garten gelegenen tempelartigen Bauwerk, das im griechischen Stil errichtet wurde, eine große Gefahr aus. Außerdem gibt es noch den Nachbarssohns Sinclair Jr., der einen unheilvollen Einfluss auf Sadie ausübt. Die Dinge geraten schnell außer Kontrolle, und Flaxman Low hat alles Hände voll zu tun, um das bedrohliche Geheimnis zu lüften.
Wie gewohnt bleibt Hörspielskriptautor Marc Gruppe dicht an der literarischen Vorlage. Neu hinzugekommen sind die zeitliche Verortung in das Jahr 1897 und einige Dialoge. Die Beschreibungen der Szenerie hat Gruppe ebenfalls in die Dialoge eingearbeitet, um weitestgehend auf einen Erzähler verzichten zu können.
In Fällen, wo dies nicht möglich gewesen ist, übernimmt Low den Part selbst. Trotz aller Werktreue, gibt es doch einige, allerdings nur marginale Unterschiede zu der Kurzgeschichte. Passenderweise wird aus der "Psychologie" die "Parapsychologie", und statt "psychologisch" ist hier von "Medialität" die Rede. Beide Begriffsersetzungen machen wesentlich mehr Sinn bzw. passen besser zum Inhalt. Daß "Agapolus" bei Gruppe "Aguplous" heißt, spielt für die Handlung ebensowenig eine Rolle, wie die Tatsache, daß beim Eintreffen Sinclairs Sherry statt Tee gereicht wird. Da man keine Schleichwerbung machen wollte, hat Gruppe das Wort "Kodak", welches damals wohl ein Synonym für "Kamera" war, mit dem neutraleren "Photokamera" ersetzt. All diese Änderungen erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. Außerdem gibt es noch eine weitere Ergänzung, die aber meiner Meinung nach bereits zu viel verrät. Dabei geht es um die Erwähnung der "Countertenorstimme", welche umgehend auf eine der agierenden Figuren hindeutet. Auch der Schluss ist ein klein wenig verändert worden. Im Hörspiel ist Low der Ansicht, daß Sadie sich erst einmal nicht mehr mit Spiritismus beschäftigen sollte, während es bei Prichard heißt, sie solle es ganz lassen. Außerdem sagt Low in der Kurzgeschichte, eine der Figuren hätte "die Türen des Lebens" geöffnet, während er bei Gruppe vom "Tor der Geister" spricht. Amüsiert habe ich mich über die Beschreibung Sadies, die im Hörspiel, wie auch in der Vorlage, als typisches "Ami Girl" bezeichnet wird, das hübsch und charmant ist.
Ich fand die Handlung stringent und durchweg spannend inszeniert, so daß bei mir innerhalb der 80 Minuten Spielzeit keine Langeweile aufkam.
Produktion und Regie von Stephan Bosenius und Marc Gruppe sind einmal mehr tadellos. Für die beinahe konstante musikalische Untermalung greifen die beiden, neben dem Synthesizer für die düsteren, sphärischen Töne, auf klassische Instrumente wie Klavier, Gitarre, Geige und Harfe zurück. Die Melodien alternieren zwischen harmonisch und tragisch, während die abschließende Klavierweise etwas beinahe "Erlösendes" innehat. Mein einziger, wenn auch kleiner Kritikpunkt ist ein Klavierstück, das in der Geschichte als "seltsame" Melodie bezeichnet wird, während man im Hörspiel ein durchaus bekanntes, so gar nicht "seltsames" Stück zu hören bekommt, dessen Titel ich aber leider nicht kenne. Abgesehen davon, ist die Musik immer passend und akzentuiert das Geschehen vortrefflich. Gleiches gilt für die Geräuschkulisse. Jede Szene wurde mit einer Vielzahl verschiedenster Töne unterlegt, welche die Handlungsumgebung lebendig werden lassen. Als die Corcorans auf das Anwesen zugehen, sind die Schritte von zwei Personen auf kiesigem Untergrund zu hören, diverse Vögel zwitschern fröhlich, und der Wind streicht leise durch die Bäume. Wenn Tee gereicht wird, bekommt man nicht nur das Eingießen, sondern auch das Klappern der Tassen beim Absetzen auf die Untertasse zu Gehör. Während der Zugfahrt ertönt ein konstantes Rattern der Räder. Innerhalb des Hauses der Corcorans tickt eine Wanduhr, ein Kaminfeuer prasselt leise vor sich hin, und sobald die Protagonisten aufstehen, werden Stühle gerückt. Nachts zirpen die Grillen, ein Uhu ruft durch den Wald, in der Ferne ist eine Kirchturmglocke zu hören, die Büsche rascheln leise, und selbst die für Fledermäuse typischen Töne fehlen nicht. Akustische Highlights waren für mich die klirrenden Eiswürfel im Martiniglas, der schöne, unverständliche Gesang, der unheimlich heulende Wind innerhalb des Tempels und das krachende Geräusch, als eine der Figuren fällt. Für die Effekte greifen Bosenius und Gruppe auf unterschiedlichen Hall zurück.
So dient selbiger innerhalb des Salons, des Boudoirs und des Tempels dazu, die Größe der unterschiedlichen Räumlichkeiten akustisch darzustellen, wohingegen sein Einsatz während des Gesangs die unheimliche Atmosphäre noch weiter unterstreicht.

Zu den Sprechern:
Rolf Berg(Flaxman Low), der auch das Intro flüstert, verschmilzt förmlich mit seiner Figur. Er ist stets hilfsbereit und gespannt auf die nächste Herausforderung. Mal agiert er verwundert, dann verständnisvoll und natürlich immer ein wenig zweifelnd. Der Höhepunkt seiner Darbietung ist die Szene, in der er versucht, sich zu beruhigen, um nicht den geisterhaften Erscheinungen zu erliegen. Dabei stöhnt und keucht er so eindringlich, daß man seinen inneren Kampf beinahe physisch miterlebt. Christian Rudolf(Phil Strewd) überzeugt als Freund der Corcorans, der diese ausdrücklich vor dem Anwesen warnt und sich hörbar schwer damit tut, anderen von dem Spuk dort zu erzählen. Ebenso gut spielt Kai Taschner(Andy Corcoran) den Ehemann, der eher verhalten auf die Begeisterung seiner Frau reagiert und auch nach dem Erwerb des Anwesens skeptisch bleibt. Seine Nervosität und Aufregung, gepaart mit Verwirrung, sind stets nachvollziehbar. Die liebevolle, freundliche Stimme von Regine Lamster(Sadie Corcoran) passt hervorragend zur Figur seiner Gattin, deren Begeisterung ansteckend wirkt und deren überschwengliche Art bei der Begegnung mit Low sie noch sympathischer wirken läßt. Ebenfalls großartig ist auch Tim Kreuer(Sinclair Jr.) als 25jähriger Nachbar, der mit einer für sein Alter etwas merkwürdigen Stimme spricht und sich selbst so oft durch Husten unterbricht, daß man meinen könnte, sein Charakter habe die Schwindsucht. Desssen ablehnende und zurückweisende Art lassen ihn allerdings nicht gerade zu einem Sympathieträger für den Hörer werden.

Fazit:
Es macht einfach Spaß, den "Geisterjäger" Flaxman Low bei seinen finsteren "Fällen" zu begleiten.

Das Hörspiel Gruselkabinett - 196 - Flaxman Low - Der Fall Saddler's Croft
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