Rezension: Prof. Sigmund Freud - 06 - Sein und Haben
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Rezension: Prof. Sigmund Freud - 06 - Sein und Haben
Prof. Sigmund Freud - 06 - Sein und Haben
Zum Inhalt:
Der letzte überlebende Täter eines Banküberfalls scheint dem ermittelnden Wiener Gendarmeriebezirksleiter Karl Gruber geistig nicht ganz gesund zu sein. Da deshalb kein normales Verhör möglich ist, bittet Gruber den berühmten Psychiater Prof. Sigmund Freud, mit dem Gefangenen zu sprechen.
Zur Produktion:
Nach einer (gefühlt viel zu langen) Pause von etwas mehr als 4 Monaten, gibt es endlich eine weitere Folge der, meiner Meinung nach, innovativsten und anspruchsvollsten Hörspielneuheit des Jahres 2011. Auf den ersten Blick lassen die Angaben zum Inhalt vermuten, es handele sich einfach um einen missglückten Banküberfall, bei dem der "Kommissar" versucht, alle Hintergründe aufzudecken und die Beute sicherzustellen. Doch dieser Schein trügt, was spätestens dann deutlich wird, als direkt nach dem Verbrechen eine Sitzung Freuds zu hören ist. Der eigentliche "Fall" wird hier nämlich anhand verschiedener Analysen Freuds, die oberflächlich betrachtet nichts mit einem Bankraub zu tun haben, vertieft. Von daher ist es auch kein Zufall, daß der Titel Sein und Haben lautet, denn in den Patienten-Gesprächen geht es um das, was man jeweils glaubt zu sein bzw. zu haben und um die daraus erwachsenden Konsequenzen. Dem Hörer wird so vor Augen geführt, welch' unterschiedliche Gründe Menschen bewegen, etwas besitzen oder darstellen zu wollen.
Während es bei den ersten fünf Folgen am Ende noch einen wissenschaftlichen Kommentar gab, fehlt dieser hier, wie auch in der nachfolgenden siebten Episode. Ob das auf die diesbezüglichen, eher ablehnenden Äußerungen diverser Fans und Kritiker zurückzuführen ist oder schlicht keine weiteren Zusatzerklärungen geplant waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich schätze, einige Hörern werden die Anmerkungen vermissen, andere dürften erleichtert sein über deren Wegfall. Ungewohnt ist es allerdings schon.
Neben den interessanten Skripten von Heiko Marten, ist ein weiterer Aspekt, der mich an „Sigmund Freud“ fasziniert, die Inszenierung des Ganzen. Was Chistian Hagitte und Simon Bertling da jedes Mal aus Regie, Ton und Musik zaubern, begeistert immer wieder aufs Neue. Dunkle Klänge akzentuieren unheilvolle Stimmungen, scheinbar atonale Kompositionen nuancieren das gerade Gesprochene, kurz gesagt, das Ohr erlebt einen wahren Rausch. Viel dazu beigetragen hat auch Sonja Harth mit ihrer sicheren Hand und ihrem Feingefühl für Schnitt und Klanggestaltung. Allerdings sollte man als Hörer schon einen Hang zum Düsteren beziehungsweise Tragischen haben, denn fröhliche Melodien sucht man hier vergebens.
Zu den Sprechern:
Hans Peter Hallwachs glänzt einmal mehr als Sigmund Freud. Sein Schwächeanfall in dieser Folge, die sehr emotional vorgetragenen Selbstzweifel und Analysen, gepaart mit staubtrockenem Humor, lassen den berühmtesten Psychiater der Welt überaus lebendig werden. Felicitas Woll(Anna Freud) agiert so gut, wie es ihr der Part erlaubt. Leider wird sie diesmal etwas zu sehr auf die im Schatten ihres doch recht anstrengenden Vaters stehende Tochter reduziert, für dessen Arbeit sie, trotz allem, aber immer reges Interesse zeigt.
Andreas Fröhlich(Karl Gruber) ist wieder köstlich als der von Freuds Ausführungen leicht überforderte Gendarmeriebezirksleiter. Kerstin Sanders-Dornseif(Martha [Freud]) bleibt erneut auf eher wenige Sätze reduziert, mit denen sie es jedoch schafft, bodenständig zu wirken und die Besorgnis um das Wohl ihres Mannes angemessen auszudrücken. Für Nicolas Artajo(Über-Ich) und Cathleen Gawlich(Es) gehen mir inzwischen die Superlative aus. Die beiden sind einfach perfekt für ihre Rollen! Am besten hat mir aber Christian Stark(Carol Karnassing) gefallen. Was für ein ausgezeichnetes Spiel! Offensichtlich problemlos gelingt es ihm, mal nervös, dann regelrecht kindlich, seinen geistig zurückgebliebenen Charakter darzustellen. Andreas Wobich(Nossek) scheint den langweiligen, kurz angebundenen und etwas desillusionierten Bankangestellten geradezu verinnerlicht zu haben. Ebenfalls sehr überzeugend sind auch Freuds Patienten. Viola Morlinghaus(Frau Mühlgrabner) die mit leiser, ruhiger Stimme scheinbar von sich selbst fasziniert ist, Frank Braun(Herr Pfannenstil), geplagt von seinem schlechten Gewissen und ein wenig konsterniert über Freuds Heilvorschläge und nicht zuletzt die großartige Antje von der Ahe(Frau Strieck), als sexuell frustrierte, unglücklich verheiratetet Frau, der es gelingt, sich mal leicht hysterisch und dann wieder hocherotisch anzuhören. Nicht weiter genannte Nebenrollen werden passend von Tino Kießling und Roman Pogorzelski gesprochen.
Fazit:
Produktionstechnisch und inhaltlich auf höchstem Niveau, deshalb eine klare Kaufempfehlung.
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