Rezension: Grimms Märchen - 2 - Allerleirauh / Rapunzel / Rumpelstilzchen
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Rezension: Grimms Märchen - 2 - Allerleirauh / Rapunzel / Rumpelstilzchen
Grimms Märchen - 2 - Allerleirauh / Rapunzel / Rumpelstilzchen
Zum Inhalt:
Allerleirauh:
Als ihr Vater beschliesst, sie heiraten zu wollen, fordert Allerleirauh von ihm drei ganz besondere Kleider und einen Pelzmantel. Doch wird sie damit die Hochzeit verhindern können?
Rapunzel:
Ein junges Mädchen wird von einer Zauberin in einem Turm gefangen gehalten, dessen einziger Zugang ein ganz oben gelegenes Fenster ist. Nur mit Hilfe ihrer langen Haare ist ein Zugang möglich...
Rumpelstilzchen:
Ein leichtsiniger Müller behauptet gegenüber seinem König, daß seine Tochter Marie aus Stroh Gold machen kann. Daraufhin nimmt der Adlige das Mädchen mit, um diese Aussage zu überprüfen. Doch wie soll Marie das schaffen?
Zur Produktion:
Zeitgleich zur CD Veröffentlichung der ersten Folge bei POP (Deutschlands größtem Hörspielhändler), ist auch die zweite Folge von Titania Medien veröffentlicht worden und erneut kann der Kunde zwischen der digitalen und der haptischen Version auswählen. Nicht nur wegen dem schönen Cover, gemalt von dem populären Künstler Ertugrul Edirne, sondern auch wegen der geringeren Trackanzahl, fällt mir die Wahl nicht schwer. Wie schon bei meiner Rezension zur ersten Folge dieser noch jungen Reihe, nachfolgend das Tracklisting, bei dem ich zuerst die Tracks der CD und dann die des Downloads bzw. Streams aufführe: "Allerleirauh" (Track 1-9/1-19), "Rapunzel": (Track 10-15/20-32) und "Rumpelstilzchen": (16-21/33-46).
Meine Begeisterung für diese Reihe hält unvermindert an, denn auch hier zeigt Skriptautor Marc Gruppe wieder einmal sein schriftstellerisches Talent. Bei allen Geschichten bleibt der Skriptautor dicht an der literarischen Vorlage der Gebrüder Grimm und nimmt, abgesehen von der notwendigen Wandlung des Textes in hörspielfreundliche Dialoge, nur wenige Veränderungen vor. So lässt er beispielsweise Allerleirauh ihre Kleider in drei statt nur einer Nuss verstecken, was zumindest etwas glaubwürdiger ist, als wie bei den Grimms nur in einer. Selbst wenn es sich dabei um Kokosnüsse handeln würde, dürfte es wohl schwer fallen, darin ein Kleid unter zu bringen. Aber wir sind hier schliesslich im Märchen, da kann und darf man es mit der Logik nicht so genau nehmen. Ausserdem verzichtet Gruppe darauf, alle Arbeiten des Mädchens aufzuzählen, vermutlich weil vieles davon heutigen Hörern sehr fremd vorkommen würde. Auch der ursprünglich sehr strenge Hofkoch ist hier wesentlich freundlicher als im Original. So sehr ich diese Adaption auch schätze, so ist dem Skriptautor doch ein kleiner Faux Pas unterlaufen, denn er hat es versäumt, das Auffinden der Spindel in der Suppenschüssel durch den jungen König zu schildern. Aus diesem Grund verrät sich Allerleirauh quasi schon da, als sie ihm gegenüber gestellt wird und behauptet, nichts von einer solchen zu wissen. Abgesehen von einigen füllenden Adjektiven, wie zB. "sauber" und "adrett" gibt es im sprachlichen Bereich nur eine Abänderung und aus dem "Pelzrock" wurde der moderne Begriff "Pelzmantel". Gruppes Version von Rapunzel hingegen unterscheidet sich, bis auf die etwas ausführlichere Einleitung, kaum von der literarischen Vorlage. Lediglich den Sprachduktus hat er an unsere Zeit angepasst und so ist bei ihm von "zur Welt bringen" statt "gebieren" die Rede, aus dem "Knaben" wird ein "Junge" und die "20 Ellen" hat er in die heutige Maßeinheit von "10 Meter" umgewandelt. Das der Prinz hier tagsüber auftaucht um Rapunzel zu besuchen, statt Nachts, ist eine weitere, für den Verlauf allerdings unerhebliche, Nuance. Bei Rumpelstilzchen, dem dritten und letzten Märchen des Hörspiels gibt es geringfügige Änderungen. Zum einen soll hier nicht nur Marie, sondern auch ihr Vater sterben, wenn ihr das Goldspinnen nicht gelingen sollte und zum anderen kommt Rumpelstilzchen hier auch nicht durch die reguläre, sondern durch eine Geheimtür in ihr Zimmer. Das ist einerseits logischer, da Rumeplstilzchen so nicht an den sicherlich vorhandenen Wachen vorbei muss und andererseits unterstreicht es noch zusätzlich das "märchenhafte" des Geschehens. Übrigens ist es Gruppe, welcher der, bei den Grimms namenlose, Müllerstochter den Namen Marie gegeben hat. Bis auf den Austausch des Wortes "Morgens" mit "Morgengrauen" gibt es, abgesehen von den Namen (aus Balzar wird Balthasar und aus Heinz der Hinz, damit es mit dem vorher genannten Kunz besser passt), keine sprachlichen Umgestaltungen. Auch wenn die Geschichten natürlich bekannt sind, so sind selbige so kurzweilig inszeniert, das man die Gesamtlaufzeit von ca. 69 Minuten kaum glauben mag.
Für die musikalische Untermalung greifen die Produzenten und Regisseure Stephan Bosenius und Marc Gruppe auch hier auf klassische Instrumente wie Flöte, Oboe, Geige, Harfe und Klavier zurück. Entweder ich habe es in der ersten Folge überhört, oder der Synthsizer blieb wirklich aussen vor. Dieses mal kommt er jedenfalls ganz kurz zum Einsatz, um die Zaubereien akustisch darzustellen. Die einzelnen Musikstücke fallen mal heiter und beschwingt und mal etwas düsterer und somit auch dramatischer aus, je nachdem was die jeweilige Szene gerade verlangt. Besonders gut gefallen hat mir auch hier wieder die Fanfare, welche die Vermählung ankündigt, der Walzer bei den Bällen und die liebliche Harfenmelodie, die bei Rapunzel erklingt. Wie gewohnt, sind alle drei Märchen sattsam mit den unterschiedlichsten Tönen unterlegt worden. Bei Allerleirauh knistert das Kaminfeuer, Gräser und Blätter rascheln, Hunde bellen aufgeregt, Pferde wiehern und Kleider rascheln beim An- oder Ausziehen. Explizit erwähnen möchte ich noch das gelungen Geräusch, das der Ring bei der Ablage in die Suppenschüssel macht und den überaus natürlich klingenden Kuss, den sich Allerleirauh und der junge König am Ende geben. Auch die anderen beiden Märchen wurden mit einer opulent zu nenennenden Geräuschkulisse ausgestattet. Die Vögel zwitschern, der Wind rauscht oder heult, die Rufe diverser nachtaktiven Vögel dringen ans Ohr, die Schreibfeder kratzt auf dem Papier und der Bach läuft glucksend an der Mühle vorbei. Akustisches Highlight sind für mich aber einmal mehr die kleinen unscheinbaren Geräusche, wie das raschelnde Stroh, das sich drehende Spinnrad und das Schleifen der Geheimtür über den steinigen Boden. Zugegebenermassen habe ich mich sogar ein wenig erschreckt, als sich das Rumpelstilzchen mit einem Donnerschlag selbst zerreisst. Die Effekte ähneln denen in der ersten Folge. Im Königssaal, der größten Strohhalle und beim Ruf der Zauberin nach Rapunzel, sind die Stimmen mit einem leichten Hall unterlegt und die Stimmen werden leiser eingespielt, sobald sie sich nicht mehr in unmittelbarer Nähe befinden.
Zu den Sprechern:
Bei allen drei Geschichten ist es Peter Weis(Erzähler), der den Hörer, unter Nennung der Titel, in die Märchen einführt. Seine Betonug ist auf den Punkt, genau wie sein erzählerisches Tempo. Obwohl er sich zurück hält, fliesst doch immer ein gewisses Quantum an Emotionen in seinen Text, was verhindert, daß er klingt, als würde er nur ablesen.
Allerleirauh:
Christoph Jablonka(König) spielt den bekümmerten Herrscher, der sich, aus Ermangelung an würdigen Alternativen, letztendlich dazu entschliesst seine eigene Tochter zu heiraten. Claudia Urbschat-Mingues(Königin) hat nur einen kurzen, wenn auch Eindruck hinterlassenden Auftritt als im Sterben liegende Monarchin, die mit ihren letzten Atemzügen dem Gemahl das Versprechen abringt, niemals jemanden zu heiraten, der nicht genauso schön ist wie sie und Claus Thull-Emden(Königlicher Rat) intoniert den höfischen Ratgeber, der den König zwar dazu drängt, sich wieder zu vermählen, aber von dessen Wahl dann so entsetzt ist, daß er ohnmächtig wird. Die titelgebende Rolle wird von Marie Bierstedt(Allerleirauh) gesprochen. Mit ihrer wohlklingenden Stimme und dem ausdrucksstarken Spiel ist sie die perfekte Wahl für diesen Part. Es ist ein Vergnügen, ihr dabei zuzuhören, wie aus dem zunächst selbstbewussten Mädchen eine schüchterne und schicksalsergebene junge Frau wird und als Hörer freut man sich entsprechend mit ihr, als sich schlussendlich doch noch alles zum Guten wendet. Ferdi Özten(Jäger) ist als erst ängstlicher und dann verblüffter Waidmann genauso überzeugend, wie Patrick Bach(Junger König) als verliebter und über die Unauffindbarkeit seiner Herzensdame verärgerter Regent. Gleiches gilt auch für Harald Dietl(Hofkoch) mit seinem Portrait des königlichen Speisezubereiters, der sich zwar streng gibt, aber letztendlich ein gütiges Herz hat. Ebenfalls zu gefallen wissen Dana Fischer, Katharina Stiller und Jennifer Rohde(Ballbesucher) als ein wenig neidische wirkende adelige Damen, die über Allerleirauhs Erscheinung tratschen, sie aber dann doch bewundern und ihre Schönheit auch anerkennen.
Rapunzel:
Jean Paul Baeck(Vater) spricht Rapunzels liebevollen Papa, der, obwohl er es besser weiß, seiner Frau jeden Wunsch erfüllt und Sigrid Burkholder(Mutter) intoniert seine neugierige Gattin mit dem unersättlichen Verlangen nach Rapunzeln. Sprecherisches Highlight in dieser Geschichte, ist für mich jedeoch nicht etwa die titelgebende Fabienne Hesse(Rapunzel), obwohl ihr Spiel als fröhlich vor sich hin trällernde bzw. summende junge Frau, makellos ist und mich ihr Flehen und Jammern durchaus rührt, sondern Ursula Wüsthof(Zauberin Frau Gotel) mit ihrem starken Portrait der bösartigen Magierin, die mit harter Stimme Rapunzels Vater erpresst und das Glück seiner Tochter um jeden Preis verhindern will. Beinahe genauso gut finde ich aber auch Louis Friedemann Thiele(Prinz) Darstellung des jungen Mannes, der für seine Liebe sogar den Kampf mit der Hexe aufnimmt und selbst nachdem er erblindet ist noch nach Rapunzel sucht. Das Marlene Bosenius(Neugeborenes) als glucksendes und schreiendes Baby so natürlich klingt, liegt wohl daran, daß ihre zu recht stolzen Eltern sie bereits damals aufgenommen haben.
Rumpelstilzchen:
Die raue Stimme von Harald Dietl(Müller) ist genau richtig für die Rolle des älteren Getreidewirtschaftlers, der seine Angeberei umgehend bereut und das Fehlverhalten seiner Tochter kleinlaut gestehen muss. Das gilt selbstverständlich auch für die einzigartige und unverkennbare Stimme von Reinhilt Schneider(Marie), die hier die verzweifelte Müllerstochter spielt und alles daran setzt, ihr Kind zu retten. Recht ambivalent fällt dagegen die, von Valentin Stroh(König) verkörperte Rolle des Souverän aus. Einerseits ist er goldgierig, hartherzig und bedroht Marie sogar mit dem Tode, andererseits ist er aber sofort bereit diese, trotz des Standesunterschiedes, zu heiraten. Besonders hervorheben möchte ich aber auch die sprecherische Glanzleistung von Bert Stevens(Rumpelstilzchen) als garstiges kleines Männchen mit den magischen Kräften. Sein diabolisches Kichern und Lachen sucht seines gleichen und wird nur von seiner fassungslosen Wut übertroffen. Markus Andreas Klauk(Bote) überzeugt als der Königin treu ergebener Abgesandter, der keine Mühen scheut um seiner Herrscherin zu helfen, genauso wie der ultrakurze Auftritt von Marc Gruppe(Kutscher) als Fuhrwagenlenker. So wie schon bei Rapunzel, wenn auch etwas älter und mit anderen Lauten, agiert Marlene Bosenius(Königskind) als gickelndes, brüllendes und weinendes Kleinkind.
Fazit:
Wer selbst in die wundervolle Welt der Märchen abtauchen will, oder seinen Kindern bzw. Enkelkindern diese nahe bringen will, ist hier goldrichtig.
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