Rezension: Grimms Märchen - 18 - Die Nixe im Teich / Die drei Spinnerinnen / Die zwölf Jäger

Von Pettersson und Findus bis hin zu den Drei Fragezeichen - Hier wird das kindliche Ohr gefüttert
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MonsterAsyl
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Rezension: Grimms Märchen - 18 - Die Nixe im Teich / Die drei Spinnerinnen / Die zwölf Jäger

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Grimms Märchen - 18 - Die Nixe im Teich / Die drei Spinnerinnen / Die zwölf Jäger

Zum Inhalt:
Die Nixe im Teich:
Ein armer Müller droht seine Mühle zu verlieren. Als er der Teichnixe sein Leid klagt, verspricht diese, ihm zu helfen. Allerdings hat ihre Hilfe einen hohen Preis: er muss ihr das geben, was gerade geboren wurde...
Die drei Spinnerinnen:
Ein faules junges Mädchen wird von seiner Mutter als Spinnerin ausgegeben. Daraufhin nimmt die Königin es mit auf ihr Schloß und verspricht, es mit ihrem Sohn zu verheiraten, wenn es ihm gelingt, drei Kammern voller Flachs zu Garn zu spinnen...
Die zwölf Jäger:
Ein verliebter Prinz soll auf Wunsch seines sterbenden Vaters ein anderes Mädchen heiraten als das, was er eigentlich wollte. Daraufhin überlegt sich die ursprüngliche Braut eine List, um ihn zurückzugewinnen...

Zur Produktion:
Eins ist sicher bei Titania Mediens Reihe "Grimms Märchen": es wird spannend, manchmal traurig, manchmal lustig, aber immer unterhaltsam, und das für Groß und Klein. Zu Eröffnung gibt es "Die Nixe im Teich", Kinder- und Hausmärchen 181, nachfolgend abgekürzt mit "KHM". Skriptautor Marc Gruppe hat hier eher wenige Veränderungen vorgenommen. Der Erzähltext wurde zwar teilweise in Dialoge umgewandelt, es gibt allerdings lediglich eine Modernisierung der Sprache, die mir aufgefallen wäre, nämlich die, daß der veraltete Begriff "ausbog" durch dem simpleren "bog" ersetzt worden ist. Ansonsten finden sich nur noch einige zusätzliche Füllwörter. Neu hinzugekommen sind beispielsweise "allmählich" beruhigen, "seltsamer" Traum, oder "dieses Mal" eine goldene Flöte. Gut gefallen hat mir das "Wisse..." der alten Frau und das Trösten "auf seltsame Weise". Auch wenn die Geschichte jetzt nicht hundertprozentig neu ist, denn so oder so ähnlich hat man das Thema schon in einigen Märchen gehört, macht auch diese Version wirklich Spaß, was vor allem an dem gut aufgelegten Cast und der Produktion liegt, auf die ich später noch eingehen werde. Obwohl es anfangs nicht so scheint, steht in der zweiten Geschichte, "Die drei Spinnerinnen" (KHM 14), ganz klar der Humor im Vordergrund. Wie schon im ersten Märchen, gibt es nur wenige Abweichungen zur literarischen Vorlage. So hat Marc Gruppe die drei Spinnerinnen unter dem Fenster, statt vor dem Fenster auftreten lassen, und den Text, den in der Vorlage nur eine Spinnerin spricht, auf alle drei verteilt. Davon abgesehen gibt es noch ein paar zusätzliche schmückende Adjektive wie "gewaltig" groß und den neu hinzugekommenen Abschlußsatz: "Es lebte glücklich und zufrieden und hat die drei Spinnerinen nie vergessen". Ich will nicht zu viel verraten, aber daß diese Geschichte so amüsant ausfällt, liegt am Aussehen der Spinnerinnen und welche Bedeutung dies für das faule Mädchen hat. Zum Abschluß folgt dann das dritte und letzte Märchen "Die zwölf Jäger" (KHM 67). Hier hat Skriptautor Gruppe etwas mehr hinzugefügt, als in den vorangegangenen Geschichten. Es gibt etliche Füllsätze, welche die Dialoge flüssiger gestalten, und außerdem einige neue Adjektive. So ist vom "zahmen" Löwen die Rede, und die Hochzeit wird selbstverständlich "prachtvoll" gefeiert. Besonders gut gefallen hat mir Gruppes Benennung des anderen Königreichs ("Königreich der Hyazinthen"), Das passt perfekt und wird wohl vor allem die jüngeren Hörer begeistern. Inhaltlich hat mir dieses Märchen am wenigsten gefallen, denn es ist für einen Erwachsenen schwer nachvollziehbar, daß die Beteiligten nicht sofort erkennen, was hinter den 12 Jägern steckt. Aber andererseits handelt es sich um ein Märchen, da darf man nicht in erster Linie nach Wahrheitsgehalt oder Wahrscheinlichkeiten fragen.
Unterm Strich hat man hier auf jeden Fall ca. 60 abwechslungsreiche Minuten, die den Hörer akustisch verwöhnen.
Bei der Produktion und Regie durch Stephan Bosenius und Marc Gruppe gibt es erneut nichts zu beanstanden. Alle drei Märchen sind mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Musikstücken unterlegt, welche für zusätzlich Atmosphäre sorgen. Dabei werden nur klassische Instrumente wie diverse Blas- und Streichinstrumente, die Harfe und sogar eine Triangel eingesetzt. Die Musik bei "Die Nixe im Teich" wird mit Oboe, Geige, Flöte, Harfe und der bereits erwähnten Triangel in Szene gesetzt. Zu Beginn ertönt eine leichte Weise, die dann in ein ganz bekanntes Stück übergeht, dessen Titel ich leider nicht kenne. Danach folgte eine dramatisch anmutende Orchestermelodie, bevor es mit einer Flöten- bzw. Harfenweise wieder etwas ruhiger zugeht. Gegen Ende erklingt eine melancholische Tonfolge, bevor die harmonisch wirkende Abschlussmelodie eingespielt wird. Bei "Die drei Spinnerinnen" sind ganz klar Gitarre und Geige vorherrschend, was für Abwechslung sorgt und ausgezeichnet zur Geschichte passt. Die Gitarre sorgt dabei für gute Laune, während die Geigenweise eher treibend wirkt. Das Streicherstück ganz am Ende ist zwar sehr bekannt, doch leider weiß ich auch bei ihm nicht, wie es heißt.
Im dritten Märchen, "Die zwölf Jäger", hört man unter anderem eine liebliche Geigenmelodie, eine temporeiche Orchesterweise und ein bezauberndes Harfenstück.
Für die unglaublich aufwendig produzierte Geräuschkulisse kann ich mich jedesmal aufs Neue begeistern. Bei "Die Nixe im Teich" gibt es einen mahlenden Mühlstein, raschelnde Gräser, diverse Wassergeräusche (mal planschend, mal tosend), zwitschernde Vögel bei Tag, rufende Vögel bei Nacht, ein knisterndes Kaminfeuer und quakende Frösche. Darüber hinaus, wird ein Stuhl geräuschvoll gerückt, die Tür in der Mühle quietscht ein wenig, aber anders als die Tür der Hütte, und dort knarrt der Stuhl, wenn man sich draufsetzt. Highlight sind hier für mich aber die patschenden Schritte am Teich, die genau so klingen, als würde jemand auf matschigem bzw. sehr feuchtem Boden gehen. Die Geschichte "Die drei Spinnerinnen" ist u.a. mit fröhlichem Vogelgezwitscher, einer knarrenden Kutsche (komplett mit Zaumzeug und wiehernden Pferden), sowie einer ächzenden Tür zum Spinnraum unterlegt. Besonders beeindruckend finde ich die Menschenmenge im Schloß, bei der man das Gefühl hat, es befänden sich über 50 Personen im Raum. Bei "Die zwölf Jäger" rascheln die Gräser und singen die Vögel. Dazu kommen noch galoppierende Pferde und rauschende Blätter. Auch hier gibt es wieder eine völlig anders klingende größere Menschenmenge im Schloß.
Für die Effekte greift man vor allem auf Hall zurück. Im Märchen "Die Nixe im Teich" wird die Stimme der freundlichen Alten mit Hall unterlegt, um zu verdeutlichen, daß nur die Protagonistin (Wilhelms Braut) sie hört. Bei "Die drei Spinnerinnen" hallt es leicht im Spinnraum, um dessen Größe akustisch darzustellen, und bei "Die zwölf Jäger" ist der Löwe mit leichtem Hall hinterlegt, um einerseits die Käfiggröße zu demonstrieren und andererseits seinem Text mehr Gewicht zu geben.

Zu den Sprechern:
Da Bodo Primus(Erzähler) diese Funktion in allen drei Märchen ausübt, gehe ich gesondert auf ihn ein. Primus leicht raue Stimme passt hervorragend zu dieser Aufgabe, und seine exakte Betonung steigert noch das Hörvergnügen. Besonders gelungen finde ich die Szenen, in denen er auch emotional mitgeht und damit die Ereignisse angemessen in Szene setzt.

Die Nixe im Teich:
Lutz Reichert spielt den jammernden, kummervollen Müller, der ob dem Hilfsangebot der Nixe verblüfft ist. Zunächst agiert er ein wenig ängstlich und fängt an zu stottern, aber dann überwiegt seine Begeisterung. Zumindest so lange, bis er realisiert, welchen Preis er zu zahlen hat. Ingeborg Kallweit(Müllerin) ist erst glücklich, dann entsetzt und schließlich hocherfreut. Wirklich großartig finde ich Eva Michaelis(Nixe) in der Rolle der Wassernymphe. Ihre Stimme klingt absolut verführerisch, als sie dem Müller ihr Angebot unterbreitet, und man glaubt auch zuerst, daß sie aufrichtig helfen will. Das ändert sich jedoch im Laufe des Märchens, als sie wütend wird und ihren scheinbaren Triumph kundtut. Spätestens da weiß man als Hörer, daß mit der Dame nicht gut Kirschen essen ist. Fabienne Hesse(Magd) verbreitet sofort gute Laune, als sie mit ihrer wohlklingenden Stimme ihrer Begeisterung Ausdruck verleiht. Marlene Bosenius(Säugling) gluckst als Baby fröhlich vor sich hin, und Edward McMenemy(Junger Wilhelm) liefert eine beeindruckende Darstellung des erschreckten, verunsicherten Jungen. Mindestens ebenso viel Spaß macht auch Martin Mays(Wilhelm) Portrait des jungen Mannes mit der sympathischen Stimme, der glücklich ist, seiner Braut den Antrag gemacht zu haben. Weil er so positiv rüberkommt, leidet man als Hörer gleich noch mehr, als er verzweifelt nach Hilfe ruft. Persönliches Highlight ist für mich mal wieder Reinhilt Schneider(Wilhelms Braut). Ihre fröhliche, ausgelassene Art zieht den Hörer sofort in ihren Bann, und genau wie bei May ist es dann umso schlimmer, wenn sie weint und schluchzt. Ebenfalls großartig finde ich Gerlinde Dillges(Freundliche Alte) Portrait der zuvorkommenden, ja geradezu liebevollen älteren Frau, die Trost spendet und dem verzweifelten Mädchen hilft.

Die drei Spinnerinnen:
Regine Lamster(Mädchen) ist einfach toll in der Rolle des zickigen Mädchens, das zunächst unwillig ist, mit der Königin mitzugehen. Im Schloß angekommen, bemitleidet es sich erst selbst, doch als dann Hilfe von unerwarteter Seite kommt, ist es einfach nur begeistert. Regina Lemnitz(Mutter) überzeugt den Hörer als wütende, äußerst aggressive Mama, die der Königin ihr Leid klagt. Man kann ihr förmlich die Erleichterung und Dankbarkeit anhören, als die Königin ihre Tochter mitnimmt. Manfred Liptow(Kutscher) hat nur einen kurzen Auftritt als Fuhrwerklenker, der dem Gespann die Kommandos gibt. Ursula Wüsthof(Königin) gelingt es, in dem Part der Monarchin einerseits freundlich, andererseits bestimmt aufzutreten. Das Highlight ihrer Darstellung kommt aber erst zum Ende des Hörspiels, als sie, erschrocken über das Aussehen der drei Spinnerinnen, beinahe sprachlos ist. Wie üblich macht Christian Stark(Prinz) eine gute Figur als netter, amüsierter Thronfolger. Sprecherisches Highlight sind für mich aber Philine Peters-Arnolds, Gerlinde Dillge und Arianne Borbach als Spinnerinnen. Deren fröhliche, hilfsbereite Art, das kreischende Lachen und das Gesumme bei der Arbeit machen die drei zu absoluten Sympathieträgerinnen.

Die zwölf Jäger:
Mit dem Wissen, daß Jürgen Thormann(Alter König) erst kürzlich verstorben ist, tat es mir fast schon physisch weh, ihn in der Rolle des sterbenden Monarchen zu hören. Thormann agiert wie immer souverän und liefert eine beeindruckende Leistung ab. Mit brüchiger Stimme keucht er seinen Text hervor, und als er seinen letzten Seufzer tut, standen mir regelrecht Tränen in den Augen. David Berton(Königssohn) spricht den jungen Mann mit sympathischer Stimme. Desto schlimmer ist es für den Hörer, wenn dann aus dem vergnügten Jüngling ein traurig weinender Mann wird. Da man natürlich will, daß alles gut ausgeht, fiebert der Hörer mit, ob es für ihn doch noch ein Happy-End geben wird. Die prägnante Stimme von Lutz Mackensy(König) ist perfekt ausgesucht, um den besorgten Herrscher zu vertonen, der seiner Tochter helfen will. Gleiches gilt für Uschi Hugo(Königstochter) als lebensfrohe Prinzessin, die fest entschlossen ist, ihren Bräutigam zurückzubekommen. Daß sie am Ende des Hörspiels sogar für den Löwen eintritt, macht ihre Figur noch liebenswerter. Martin May(Bote) spricht den Gesandten mit hartem Tonfall, obwohl er ziemlich außer Atem ist. Er wirkt einfach perfekt als dankbarer, zuvorkommender Nachrichtenüberbringer. Sehr gut gefallen hat mir auch Hans Bayer(Löwe) als ratgebender und listiger König der Tiere. Seine raue Stimme, gepaart mit kehligen Sätzen und wütendem Geknurr, lässt umgehend das furchteinflößende Raubtier im Kopf des Hörers entsehen. In einer Nebenrolle kommt noch Bernd Kreibich als hilfsbereiter, warnender Diener zu Ohren.

Fazit:
Drei abwechslungsreiche Geschichten, die man nicht schöner hätte inszenieren können.

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