Rezension: Titania Special - 13 - Der geheime Garten
Verfasst: Di 28.11.2017, 19:54
Titania Special - 13 - Der geheime Garten
Zum Inhalt:
Als die Eltern der 10jährigen Mary Lennox zu Beginn des 20. Jhds in Indien an der Cholera sterben, wird sie auf das Anwesen ihres Onkels Archibald Craven nach England gebracht. Misselthwaite Manor ist ein großer, düsterer Bau, und das verzogene Mädchen kommt nur schwer mit dem Leben dort zurecht. Niemand findet Zugang zu der selbstsüchtigen, meist schlechtgelaunten Kleinen, und auch diese lehnt ihre neue Umgebung zunächst ab. Das ändert sich jedoch, als sie eines Tages zufällig von einem geheimen Garten erfährt, über den keiner sprechen darf. Neugierig geworden, macht sich Mary auf die Suche danach...
Zur Produktion:
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und die Macher von Titania Medien verabschieden sich mit einer neuen Episode ihrer Reihe "Titania Special" in die wohlverdiente Winterpause. Bereits zum 13. Mal vertont das Label einen berühmten Klassiker der Kinderliteratur, und es ist, nach "Titania Special - 2 - Der kleine Lord", die zweite Folge, die auf einer Geschichte von Frances Hodgson Burnett (24.11.1849-29.10.1924) basiert. "The secret Garden", so der englische Originaltitel, wurde zunächst 1910 als Fortssetzungsroman in einem amerikanischen Magazin abgedruckt, bevor es dann ein Jahr später zur Buchveröffentlichung kam. Die Publikation war ein weltweiter Erfolg, und neben zahlreichen Adaptionen für das Theater, entstanden auch etliche Film- und Fernsehversionen, von denen die aus dem Jahr 1949 wohl zu den bekanntesten gehört.
Da es sich hier um einen Roman mit rund 375 Seiten handelt, ist es schwierig, die komplette Handlung in ca. 75 Minuten zu erzählen. Schon allein deswegen blieb Skriptautor Marc Gruppe nichts anderes übrig, als umfangreiche Kürzungen vorzunehmen. Beispielsweise wurde das erste Kapitel, in dem der Leser die kleine Mary kennenlernt, komplett gestrichen. Wer die Geschichte schon gelesen hat, weiß auch warum. Das Mädchen ist bei Burnett, ganz seiner Erziehung und dem sozialen Hintergrund entsprechend, total verwöhnt, voller Standesdünkel und den Indern gegenüber mehr als herablassend eingestellt. Viele Ausdrücke, die Mary den Einheimischen bzw. dem Dienstpersonal gegenüber benutzt, sind dermaßen verächtlich und vulgär, daß sie heutzutage eigentlich nicht mehr in ein Kinderbuch passen. Wer sich selbst ein Bild davon machen will, findet die Geschichte im englischen Originaltext unter http://www.gutenberg.org/files/17396/17 ... 7396-h.htm.
Der weitere Handlungsaufbau ist ein erneuter Beweis für Herrn Gruppes Talent, auch eine umfangreiche Vorlage für das Medium Hörspiel zu adaptieren. So schafft er es, den "Kern" der einzelnen Kapitel zu extrahieren und in einen stringenten, stimmigen Ablauf zu bringen, der auch in der Wortwahl dem des Romans entspricht. Daß einige Charaktere, wie der Doktor oder die Krankenschwester, hier fehlen, fällt gar nicht weiter auf, da ihre Texte teilweise anderen Figuren in den Mund gelegt werden.
Da Stephan Bosenius und Marc Gruppe, die beiden Produzenten und Regisseure, mit dieser Reihe auch ein jüngeres Publikum ansprechen wollen, haben sie die Inszenierung entsprechend angepasst. So sind überwiegend harmonische, sanfte Melodien zu hören, nur als Mary abgrundtief schluchzt, wird es einen Hauch dramatischer. Neben den klassischen Blas- und Streichinstrumenten, kommt vor allem das Klavier zum Einsatz. Genauso überwiegend positiv wie die Musik, fällt auch die Geräuschkulisse aus. Selbstverständlich sorgen wieder die unterschiedlichsten Töne dafür, daß im Kopf des Hörers ein realistisch wirkendes akustisches Bild der Umgebung entsteht. Doch die Mehrzahl der eingesetzten Geräusche, wie der geschäftige Bahnhof mit seinen ankommenden und abfahrenden Zügen oder der Garten mit seinem Vogelgezwitscher und den im Wind raschelnden Gräsern, sind eben neutraler oder freundlicher Natur.
Zu den Sprechern:
Bodo Primus(Erzähler) hat mir gut gefallen, und seine Betonung ist ausgezeichnet, aber ich hätte mir eine etwas ältere bzw. rauer klingende Stimme für diesen Part gewünscht, um den "Märchenonkel"-Aspekt noch mehr zu betonen. Ich höre ja seit meiner Kindheit Hörspiele, und wie ich oft erst sehr viel später gemerkt habe, wurden bereits damals Kinderrollen häufig mit erwachsenen Sprechern besetzt. Mich hat das nie größer gestört, und ich denke, auch heute wird es den meisten Kindern gar nicht auffallen. Als erwachsener Hörer bemerkt man in "Marys" Fall den Altersunterschied zwischen Rolle und Sprecherin jedoch sofort. Dabei macht Uschi Hugo(Mary Lennox) ihr Sache wirklich gut, und man hat als Hörer viel Spaß dabei, ihrer Verwandlung vom zunächst patzigen, unselbständigen Mädchen, hin zu einem fröhlichen, liebenswerten Menschen zu verfolgen, aber ihre Stimme klingt einfach nicht mehr wie die einer 10jährigen. Dieses Problem hat man mit Dagmar von Kurmin(Mrs. Medlock) als ältere, strenge Haushälterin nicht, denn sie passt perfekt zum "Guten Geist" des Hauses. Thomas Balou Martin(Mr. Pitcher) überzeugt als leicht blasierter Butler, ebenso wie Matthias Lühn(Archibald Craven) in der Rolle des immer noch trauernden Witwers, der über seinen Kummer alles andere vernachlässigt und erst spät inneren Frieden findet. Tom Raczko(Colin Craven) liefert eine emotionale Darstellung des widerspenstigen, eingebildeten Kranken, der durch Mary neuen Lebensmut bekommt, und Reinhilt Schneider(Martha Sowerby) schäumt geradezu über mit ihrem Portrait des gutgelaunten, redseligen Dienstmädchens. Jannik Endemann(Dickon Sowerby) spielt den freundlichen kleinen Bruder Marthas, dessen Verhältnis zu Tieren geradezu magisch ist, und Horst Naumann(Ben Weatherstaff) heisere Stimme passt ausgezeichent zu seinem Part des mürrischen Gärtners, der sich selbst in Mary wiedererkennt. In einer winzigen Nebenrolle ist noch Marie Bierstedt(Lilian Craven) als liebende Gattin, die Archibald im Traum erscheint, zu hören.
Fazit:
Kindgerechte Adaption eines Klassikers der Literatur, an der auch Erwachsene ihre Freude haben werden.
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