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Rezension: Grimms Märchen - 15 - Der Eisenhans / Das Rätsel / Die drei Federn

Verfasst: Mi 24.04.2024, 15:21
von MonsterAsyl
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Grimms Märchen - 15 - Der Eisenhans / Das Rätsel / Die drei Federn

Zum Inhalt:
Der Eisenhans: Ein König nimmt einen wilden Mann gefangen und sperrt diesen im Schloßhof in einen Käfig. Eines Tages rollt der goldene Ball des Prinzen dort hinein, und der urwüchsige Mann will ihn nur herausgeben, wenn der Königssohn ihn dafür freilässt...
Das Rätsel: Ein Königssohn und sein treuer Diener erleben allerlei Abenteuer.
Die drei Federn: Ein alter König gibt seinen drei Söhnen eine Aufgabe, um zu bestimmen wer von ihnen den Thron erben soll. Doch da sie mit dem Gewinner nicht einverstanden sind, fordern zwei der drei Söhne eine weitere Aufgabe...

Zur Produktion:
Auch diesmal präsentiert Titania Medien eine bunte Mischung aus bekannten und weniger bekannten Märchen. Den Auftakt macht "Der Eisenhans", das Kinder- und Hausmärchen (nachfolgend abgekürzt mit KHM) 136. Skriptautor Marc Gruppe folgt zwar im Großen und Ganzen der Vorlage der Gebrüder Grimm, hat jedoch ein paar kleine Veränderungen vorgenommen. Neben der behutsamen Modernisierung einiger Begriffe wie z.B. "griff" statt " grapste" und "Einschlagen" statt "Hauen", fallen dem Märchenkenner noch zwei kleinere Änderungen auf. Neu ist die Entschuldigung Leonards und dessen Akzeptanz durch den Eisenhans, sowie die Beschreibung "schäbiger, alter Hut" für Leonards Kopfbedeckung. Darüber hinaus übernimmt Leonard hier eine zuvor unbesetzte Stellung, während es bei den Gebrüdern Grimm einen Stellen-Tausch zwischen Leonard und dem Gärtnerjungen gibt. Ebenfalls hinzugekommen sind die "Hoch lebe König Leonard!"-Rufe am Ende des Hörspiels. Daß Gruppe sich die Mühe gemacht hat, den Begriff "Grind" (krustiger Hautausschlag) in einem Nebensatz zu erklären, dürfte vielen Hörern ein Nachschlagen dieses veralteten Ausdrucks ersparen.
Auch in der mittleren Geschichte, "Das Rätsel" (KHM 22), gibt es einige wenige Neuerungen. So wird im Hörspiel der "Abschiedstrank" als "gar köstlich" bezeichnet, und das eigentlich bereits zweite Haus, in das die beiden Helden der Geschichte kommen, ist hier identisch mit dem ersten, in dem sie zuvor waren. Auch den für Märchen typischen Abschlußsatz: "Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.", findet man nicht in der literarischen Vorlage.
Daß lediglich ein Richter auftritt, statt der ursprünglichen zwölf, spielt für die Handlung keine Rolle und ist nicht nur aus Budget-Gründen nachvollziehbar, sondern ergibt sich schon fast von selbst durch den wenigen Text, den er nur hat. Die Zahl zwölf taucht auch noch in einem anderen Zusammenhang auf, und hier hat sich beim Skriptverfassen ein kleiner Fehler eingeschlichen. Zunächst ist nur von zehn, statt wie im Märchen zwölf, Mördern die Rede. Doch später im Hörspiel, als die Lösung des Rätsel präsentiert wird, ist deren Zahl wieder auf die ursprünglichen zwölf angestiegen.
Das dritte und letzte Märchen, "Die drei Federn", wurde ebenfalls ein wenig erweitert bzw. verändert. Neu ist die Frage der Itsche (Kröte) nach dem Namen des jüngsten Sohnes, den dieser mit "Johann" angibt, und während er in der Vorlage einfach nach irgendeiner Kröte greift, wählt er hier gezielt eine aus.
Auch das dritte Gedicht, welches sich nur durch die "kleine" Schachtel von den anderen unterscheidet, gab es so vorher nicht.
Eine weitere Änderung betrifft eine Stelle in der Geschichte, über die ich schon beim Lesen gestolpert bin. Dort verwandelt sich die Rübe bereits in der Grube zur Kutsche, und ich hatte mich gefragt, wie sie der Jüngling dann wohl dort herausbekommen hätte. Diese schwer nachvollziehbare Szene hat Marc Gruppe erfreulicherweise so nicht übernommen, denn bei ihm findet die Verwandlung erst an der Oberfläche statt. Das Ende des Märchens hat der Skriptautor leicht ausgeweitet, und der Hörer erfährt noch, was die beiden anderen Söhne zu tun planen, nachdem sie den Wettbewerb verloren haben.
Produktion und Regie liegen natürlich in den bewährten Händen von Stephan Bosenius und Marc Gruppe, die wieder einmal sämtliche Register ziehen, um die Märchen zum Leben zu erwecken. Die einzelnen Musikstücke werden hauptsächlich mit klassischen Streich- und Blasinstrumenten wie beispielsweise Geige, Oboe und Flöte intoniert. Für "Der Eisenhans" greifen die beiden auf drei sehr bekannte klassische Stück zurück, die auch zur Gänze ausgespielt werden. Zwar sind die Melodien alle überaus passend, erscheinen mir aber, insbesonders am jeweiligen Ende der einzelnen Märchen, ein wenig zu lang. Bei "Das Rätsel", der düstersten der drei Erzählungen, kommt für die bedrohlichen Töne ein Synthesizer zum Einsatz. Abgeschlossen werden alle drei Geschichten mit orchestralen Weisen.
Das Salz in der Suppe sind aber natürlich die vielen, immer realistisch klingenden Geräusche.
"Der Eisenhans" beginnt mit einem furchtsam winselnden Hund, dem Platschen im Pfuhl, einer Menschenmenge im Thronsaal, Hundebellen im Schloßhof, scharrenden Schritten auf Kies und einem klimpernden Schlüssel. Im Wald und im Garten bekommt man dann Vogelgezwitscher, Wind, der durch Gräser und Büsche streift, Grillenzirpen und Krähenkrächzen zu hören. Am besten haben mir aber die unzähligen kleinen Geräusche gefallen, die man wie selbstverständlich nebenher wahrnimmt. Dazu gehören das Schneiden von Gemüse auf dem Holzbrett, das Scharren des Kruges beim Absetzen auf dem Tisch, der Spaten, der in die Erde sticht, und das Klimpern kleiner Münzen. Bei "Das Rätsel" galoppiert ein Pferd, es ruft ein Käuzchen, und in dem kleinen Haus knarrt die Eingangstür und prasselt ein Feuer im Kamin. Später krächzen die Raben, ein Gewehrschuß knallt, und als die Magd geschlagen wird, klingt das so derb, daß man sofort Mitleid mit dem armen Mädchen hat. Im Märchen "Die drei Federn" knarzt die Falltür beim Anheben, ein heulender Wind fegt durch die Grube, und Mäuse fiepen und quieken. Highlight ist für mich aber der Anlauf, den die Prinzessin vor dem Sprung nimmt, da dieser sich extrem echt anhört.
Auch wenn die Soundkulisse so schon perfekt wirkt, kommen zusätzlich noch ein paar Effekte zum Einsatz. In "Der Eisenhans" hallen die Stimmen im Thronsaal und dem Treppenaufgang wider, um deren räumliche Größe darzustellen, während die Rufe des Königs und die des Eisenhans' teilweise ein wenig leiser eingespielt werden, um ihre Entfernung zum jeweiligen Adressaten akustisch abzubilden. Die Stimme der Prinzessin hat man in einer Szene mit einem Filter versehen, der sie dumpf klingen lässt, um zu verdeutlichen, daß sie sich hinter einer massiven Tür befindet. In "Das Rätsel" und "Die drei Federn" sind die Stimmen innerhalb des Schloßes aus den bereits genannten Gründen ebenfalls mit Hall unterlegt worden.

Zu den Sprechern:
Da Peter Weis(Erzähler) wieder bei allen drei Märchen diese Funktion ausübt, möchte ich zunächst kurz auf ihn eingehen, bevor ich das mit den übrigen Akteuren tue. Weis gelingt auch diesmal auf unnachahmliche Weise, seinen Text mit Emotionen zu füllen, ohne die drei Geschichten zu dominieren. Stattdessen fügt er sich nahtlos in die jeweilige Sprecherriege ein und ist ein willkommener Ruhepol, wenn es für die jüngsten Hörer mal wieder zu aufregend werden sollte.

Der Eisenhans:
Lutz Mackensy(König) ist großartig als besorgter, durch die Ereignisse verwunderter Monarch. Obwohl er nur einen kurzen Auftritt hat, hinterlässt Jonas Minthe(Jäger) als wagemutiger Weidmann mit kerniger Stimme einen bleibenden Eindruck beim Hörer. Sprecherisches Highlight ist für mich aber Bert Stevens(Eisenhans), der die titelgebende Figur spricht. Zunächst stößt er nur unartikulierte Laute hervor, um anschließend mit rauer Stimme dem jungen Prinzen zu schmeicheln. Edward McMenemy(Junger Prinz Leonard) ist einfach toll in der Rolle des jungen Königssohns, der Freude genauso überzeugend spielt wie Erschrecken. Ich denke, man wird in Zukunft noch viel von ihm hören. Regina Lemnitz(Königin) brilliert als besorgte Monarchin, die sich um ihren Sohn ängstigt. Gleiches gilt für Dirk Petrick(Prinz Leonard), der den inzwischen erwachsenen Königssohn spielt. Er keucht bei der Gartenarbeit und wagt es sogar, dem Gärtner zu widersprechen. Zum Schluß des Hörspiels klingt er so glücklich, daß sich das Gefühl auch auf den Hörer überträgt. Lutz Reichert(Koch) leiht dem freundlichen Küchenchef, der nach der Rüge durch den König zu jammern anfängt, seine Stimme. Absolut würdevoll agiert dagegen Helmut Zierl(König des Nachbarlandes), selbst wenn sein Charakter verärgert oder niedergeschlagen wirkt. Matthias Lühn(Gärtner) macht viel Spaß als Landschaftspfleger, der über Leonards Verhalten staunt und manchmal auch amüsiert ist. Besonders gut gefallen hat mir seine Verlegenheit gegenüber der Prinzessin, die von Regine Lamster(Königstochter) gespielt wird. Das tut diese mit so viel Elan, daß man ihr den Part der neugierigen jungen Frau jederzeit abnimmt. In weiteren Nebenrollen sind noch Marc Gruppe(Soldat) als zackiger Armeeangehöriger, sowie spottende und erstaunte Höflinge zu hören, die aber im Booklet nicht genannt werden.

Das Rätsel:
Jesse Grimm gibt den sympathischen, mutigen Königssohn, der Gegner spöttisch auslacht, und Matthias Lühn(Diener) als sein treuer Knappe, steht ihm in nichts nach. Lühn bringt mit seiner Art: "Oh Du meine Güte!" zu sagen, auch ein wenig Humor in das Geschehen. Die von mir so verehrte Reinhilt Schneider(Mädchen) ist perfekt in der Rolle der freundlichen jungen Frau, die den Königssohn und seinen Diener eindrücklich warnt. Ursula Wüsthof(Alte) gelingt es, trotz freundlicher Worte, einen unheilvollen Unterton in diese zu legen. Willi Röbke(Wirt) ist der grummelige Kneipier mit der rauen Stimme, und Philine Peters-Arnolds(Magd) spielt die überraschte, ihrer Herrin treu ergebene Bedienstete. Richtig gut ist auch Eva Michaelis(Königstochter) als schöne, aber eingebildete Prinzessin, die auf unredliche Weise versucht, das Rätsel zu lösen. In einer Nebenrolle tritt noch Lutz Reichert(Richter) als entschlossener, mit fester Stimme sprechender Gerichtsvorsitzender auf. Die stöhnenden Mörder und die jubelnden Höflinge im Schloß bleiben ohne Sprecherzuordnung.

Die drei Federn:
Der bedauerlicherweise inzwischen verstorbene Horst Naumann(Alter König) leiht seine prägnante Stimme dem weisen Herrscher, der über die Leistungen seines Jüngsten mehr als erstaunt ist. Jonas Minthe(Ältester Sohn) und Patrick Bach(Mittlerer Sohn) spielen die zwei gehässigen Nachkommen, die den Jüngsten verspotten, obwohl sie selbst nicht die Hellsten sind, und die heftig protestieren, als dieser sie übertrumpft. Ferdi Özten(Jüngster Sohn) füllt seine Hauptrolle voll aus. Es ist beeindruckend, wie es ihm scheinbar mühelos gelingt, die verschiedensten Gefühle wie Enttäuschung, Verblüffung oder Verzweiflung wiederzugeben. Die liebliche Stimme von Daniela Bette(Itsche) will so gar nicht in das Bild der hässlichen Kröte passen, zumal sie gegenüber dem Jüngsten äußerst freundlich agiert und ihn darüber hinaus ermutigt, seinen Mann zu stehen. Die unverwechselbare Stimme von Reinhilt Schneider(Prinzessin) erkennt der Hörer sogar, wenn sie nur quakt und leise kichert. Weitere Nebenrollen werden von Silke Horvarth(Bauernweib) und Dana Fischer(Bauernweib) als derbe jammernde, wimmernde und weinende Landwirtinnen gesprochen. Die kleinen lachenden und quakenden Itschen bleiben zwar ohne Sprecherzuordnung, aber ich gehe davon aus, daß es sich dabei ebenfalls um Silke Horvarth und Dana Fischer handelt.

Fazit:
Die Spielzeit von rund 77 Minuten ist angefüllt mit sehr gelungener märchenhafter Unterhaltung.

Das Hörspiel Grimms Märchen - 15 - Der Eisenhans / Das Rätsel / Die drei Federn
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