METROPOLIS am 12.2.2010 (fast) uncut auf ARTE!
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METROPOLIS am 12.2.2010 (fast) uncut auf ARTE!
"Metropolis" bei ARTE
Ein klobiges Bürohaus am Münchner Stadtrand. Draußen scheint die pittoreske Ödnis auf die Kamera eines Wim Wenders oder David Lynch zu warten. Drinnen haben Sonnenlicht und Außenwelt nichts zu suchen. Hier, bei der Firma Alpha & Omega, werden Filme restauriert. Genauer gesagt treffen sich hier Filmwissenschaft, Programmierkunst, der Umgang mit Chemikalien, die für Chemiebaukästen nicht geeignet sind, und eine Riesenportion Enthusiasmus für die Arbeit der digitalen Filmrestaurierung. Für jeden Cineasten gibt es Orte und Situationen, bei denen ihm ein mehr oder weniger heiliger Schauer den Rücken hinunterläuft. Uns hat es hier erwischt: Beim ersten Ansehen eines digital restaurierten Teils von Fritz Langs gewaltigem Stummfilm „Metropolis“. Eines Teils, den wir noch nie gesehen haben.
ARTE LIVE EVENT
Metropolis Stummfilm • FR • 12.2.
Eröffnungsgala • 20.15
Filmvorführung • 20.40
Die Reise nach Metropolis
Dokumentation
FR • 12.2. • 23.10
Ein abenteuerlicher Fund
Bevor wir in die „verlorenen“ Szenen von „Metropolis“ eintauchen, lassen wir uns zwei Geschichten erzählen. Die eine vom abenteuerlichen Fund des Materials für die vollständigste Fassung des Films seit seiner Uraufführung. Die andere von einer gänzlich neuen Methode, Filmbilder, die wegen zahlloser Schrammen und Laufstreifen nur noch schemenhaft erkennbar sind, durch den Einsatz neu entwickelter Rechenprogramme so zu restaurieren, dass Lichtführung und Kontraste wieder dem entsprechen, was der Regisseur 1925/26 gedreht hat.
Über die Geschichte des Fundes berichtet Helmut Poßman, Vorstand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, welche die Restaurierungsarbeiten leitet, und es fällt ihm dazu zunächst das dezente Wort „kurios“ ein: Fernando Pena, ein leidenschaftlicher Filmliebhaber, hatte gegen Ende der 1980er Jahre ein Gespräch mit dem Leiter eines kleinen Filmclubs in Buenos Aires. Der beklagte sich über die Mühen bei der Projektion einer Kopie von „Metropolis“. Mehr als zwei Stunden müsse er da neben dem Projektor stehen und auf den alten Film drücken, damit er nicht aus der Führung springe. Die „mehr als zwei Stunden“ waren entweder die kleine Übertreibung eines gestressten Projektionisten – oder aber der Hinweis auf eine sensationelle Entdeckung.
Denn „Metropolis“, das ist auch die unglückliche Geschichte einer Filmverstümmelung, von der man bis vor kurzer Zeit glaubte, sie sei unwiderruflich. Heute sehen wir in Fritz Langs Film gerne den Zeitgeist der 20er Jahre, eine wilde Mischung aus Zukunftsangst und Vision, christlichem, marxistischem und leider auch protofaschistischem Gedankengut. Zum Zeitpunkt seiner Uraufführung aber schien dieser bis dahin teuerste deutsche Film den Geschmack des Publikums gründlich zu verfehlen. Und auch die Kritik blieb, bei aller Begeisterung für die technischen Leistungen, höchst skeptisch. „Ein sachliches Thema grausam verkitscht. Effekte, nicht weil Weltanschauungen zu Explosionen drängen, sondern weil der Film seine Tricks will. Der Schluss, die tränenreiche Versöhnung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer – entsetzlich.“ So etwa vernichtete der Berliner Börsen-Courier am 11. Januar 1927 „Metropolis“ nach seiner Uraufführung. Damals war der Film 4.189 Meter lang, was einer Dauer von etwa 154 Minuten entspricht. Nachdem Kritik und Zuschauer ihre Gefolgschaft verweigert hatten, wurde im Auftrag der Parufamet-Verleihfirma eine drastisch gekürzte Version zusammengeschnitten, die sich an eine Fassung anlehnte, für die der amerikanische Autor Channing Pollock verantwortlich zeichnete. Freimütig hatte er bekannt, sich auf die Handlung einen eigenen Reim gemachten zu haben. Als der Film in der neuen Fassung wieder in die deutschen Kinos kam, betrug seine Länge nur noch 3.241 Meter.
Zu schön um wahr zu sein
Schnitt in das heutige Buenos Aires. Hier hatte die Erwähnung der langen Fassung von „Metropolis“ unserem Filmenthusiasten Fernando Pena keine Ruhe gelassen. Doch die Suche ging zunächst einmal ins Leere, vermutlich hatte das „Museo del Cine“ Angst vor fremden Blicken auf mehr oder weniger sachgemäß gelagerte Schätze der Filmgeschichte. Erst als Paula Félix-Didier, früher die Ehefrau von Fernando Pena, die Leitung des Filmmuseums übernahm, wurde die Suche intensiviert und hatte sehr rasch Erfolg. Bis freilich die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung die Kopie endlich sichten und den Startschuss für die Restauration geben konnte, waren noch etliche Telefonate, E-Mails und Reisen über den Ozean nötig. Die Geschichte von der beinahe originalgetreuen Kopie von „Metropolis“ war einfach zu schön, als dass man sie auf Anhieb hätte glauben können.
Rehabilitierung eines Meisterwerks. Der Plot von „Metropolis“ ist einigermaßen bekannt: In der Zukunft herrscht ein gewisser Johann Fredersen über eine industrielle Weltstadt, in der sich die Arbeiter bis zur Erschöpfung an gewaltigen Maschinen plagen. Als Fredersens Sohn Freder das Elend in dieser „Unterwelt” gewahr wird, stellt er sich auf die Seite der Rebellion, zumal er sich in die schöne Maria verliebt, die dort, in den Katakomben, ein urchristliches Ideal der tätigen Nächstenliebe verkörpert. Doch da gibt es noch einen Schurken, den Erfinder Rotwang, der mit Fredersen eine persönliche Rechnung offen hat. Mithilfe eines Roboters, der die Züge von Maria erhält, nutzt er die Rebellion der Arbeiter für sich. Es kommt zur Katastrophe. Und am Ende, als Metropolis gerade noch dem Untergang entgangen ist, zu jener berühmt berüchtigten Versöhnung von Geist und Hand, vermittelt durch das Herz.
Durch die neuen Szenen erhält vieles in dem Film neue Bedeutung. Das Original ist emotionaler und menschlicher als das, was wir bislang als architektonisch kühnes Filmmärchen kannten. Besonders beeindruckend ist etwa die Szene, in der die Kinder aus der Unterstadt flüchten, die gerade – was erst in der vollständigen Version erkennbar wird – durch das Wasser aus der Oberstadt geflutet wird. Diese Szene enthält beides, eine deutlich schärfere Kritik an der Klassenstruktur der Stadt, und eine emotionale Wucht, die möglicherweise nach Meinung der Verleiher damals das Publikum überforderte. Auch heute noch geht die Szene einem an Katastrophenbildern geschulten Blick sehr nahe.
Beinahe ebenso wichtig in der neuen Fassung: Wir sehen, dass Metropolis von Menschen bewohnt wird. Die alten Fassungen zeigen einen archetypischen Konflikt, und schon von daher ist beim Ansehen immer etwas auseinandergebrochen: die Bewunderung für die visuelle Kraft des Films und das Kopfschütteln über die seltsame Ideologie (von der sich übrigens Fritz Lang später vehement distanziert hat). In der restaurierten Fassung entdecken wir nun die innere Verwandtschaft von Metropolis mit dem Berlin der 20er Jahre. Und darin Menschen, die ähnlich hin und hergerissen sind zwischen Lebensgier und Loyalität, Verantwortung und Mitläufertum. Dieses Metropolis hat nicht nur eine äußere Gestalt, sondern auch ein Innenleben. Und Fritz Langs Film hat wieder, was ihm genommen worden war: eine Seele.
Seelenarbeit am Computer
Bis der Film dieses verlorene Leben vermittelt, mussten die wiederentdeckten Szenen wie in einem Puzzlespiel in die bisherige Version von „Metropolis“ eingefügt werden. Der Fahrplan zur Rekonstruktion entstand in der Murnau-Stiftung in Wiesbaden, Grundlage war die überlieferte Originalmusik von Gottfried Huppertz mit ihren 1028 Angaben zum synchronen Zusammenspiel von Film und Orchester. Im Anschluss wurde ein eigenes Programm zur digitalen Verarbeitung beschädigter Filmbilder entwickelt. „Es geht darum“, so Thomas Bakels von Alpha & Omega, „das Bild zu reparieren, ohne seine Integrität zu verletzen. Es darf keinen fremden Inhalt durch die Bearbeitung geben, nicht ein einziges Pixel wird von uns verändert“. Wie das im einzelnen funktioniert, wird natürlich nicht verraten. Aber wir ahnen, dass auch ein Computer damit beginnen kann, Bilder nicht mehr bloß zu erkennen, sondern sie auch zu „denken“. Nach der digitalen Bearbeitung wird das Ergebnis wieder auf Film kopiert, damit die Bilder die ursprüngliche Körnigkeit erhalten. So erscheint der Film nicht wie eine kalte digitale Rekonstruktion, sondern so, als säße man gerade im Kino. 1927 vielleicht.
Dazu trägt schließlich auch bei, was dem rekonstruierten „Metropolis“ den letzten entscheidenden Hauch einer Seele gibt, die Musik. Die Leitlinie der Restaurierung bildet nun die Partitur der Originalmusik von Gottfried Huppertz, die der Dirigent Frank Strobel minutiös rekonstruiert und bildgenau mit dem Rundfunk Sinfonieorchester Berlin einstudierte. Am 12. Februar werden wir „Metropolis“ nicht nur sehen, sondern auch hören, ganz nahe an dem, wie es die Besucher der Berliner Premiere getan haben. Vielleicht mit einem kleinen Unterschied: Wir wissen, was wir an diesem cineastischen Meisterwerk haben, das wir beinahe verloren hätten.
DIE ARTE-GASTAUTOREN GEORG SEESSLEN, FILMKRITIKER UND AUTOR, UND MARKUS METZ, JOURNALIST, ZEIGEN GEMEINSAM DAS MULTIMEDIA-PROJEKT „ZUKUNFT DES KINOS“
ARTE PLUS
PUBLIC VIEWING: Die Weltpremiere der rekonstruierten „Metropolis“-Fassung im Friedrichstadtpalast wird live und öffentlich am Brandenburger Tor übertragen. Am 12. Februar ab 20.15
AUSSTELLUNG: „The complete Metropolis“, Sonderausstellung des Museums für Film und Fernsehen in Berlin. Bis 25. April 2010
BUCH-TIPP: „Fritz Langs Metropolis“, Hg. Deutsche Kinemathek, Belleville-Verlag 2010
Freitag, 12. Februar 2010 um 20.40 Uhr
Wiederholungen:
Keine Wiederholungen
Metropolis
(147mn)
ZDF
Metropolis - die Anti-Utopie einer Großstadt: In der streng getrennten Klassengesellschaft leben die Arbeiter versklavt in unterirdischen Fabriken, die Reichen dagegen genießen ein luxuriöses Dasein in der Oberstadt. Persönliche Leidenschaften und Intrigen, ein weiblicher Maschinenmensch als Instrument eines dämonischen Wissenschaftlers und ein Arbeiteraufstand beschwören einen zerstörerischen Machtkampf herauf, der die gesamte Stadt und ihre Bewohner zu vernichten droht ... ARTE überträgt die Welturaufführung der rekonstruierten Fassung live und in HD-Qualität - direkt von der Berlinale 2010 aus dem Friedrichstadtpalast.
Metropolis - die Anti-Utopie einer Großstadt: In der streng getrennten Klassengesellschaft leben die Arbeiter versklavt in unterirdischen Fabriken, die Reichen genießen ein luxuriöses Dasein in der Oberstadt. So auch Freder, der Sohn von Joh Fredersen, dem mächtigsten Mann von Metropolis. Eines Tages begegnet er Maria, die den Arbeitern mit ihren Predigten von Liebe und Klassenlosigkeit Hoffnung schenkt, und folgt ihr in die Unterwelt.
Als er die Lebensverhältnisse der Arbeiter sieht, ist er erschüttert und will einer von ihnen werden. Um dies zu verhindern und Maria auszuschalten, beauftragt sein Vater den Erfinder Rotwang, eine Doppelgängerin von Maria zu erschaffen, die zu Kampf und Zerstörung aufruft. Rotwang erfüllt diesen Wunsch, doch nicht um Fredersen zu helfen, sondern um ihn und seine Stadt zu vernichten.
Der Grund: Rotwang hasst Fredersen, da er an ihn seine Geliebte Hel verloren hat und diese bei Freders Geburt gestorben ist. Rotwang wollte Hel in einer Menschmaschine wiedererschaffen; nun verleiht er ihr die Gestalt Marias. Fredersens Plan geht zunächst auf: Von Marias Doppelgängerin aufgestachelt, revoltieren die Arbeiter und verwüsten die Arbeiterstadt.
Als sie jedoch erkennen, dass sie eine Überschwemmung ausgelöst haben und ihre Kinder in Gefahr sind, wollen sie sich an Maria rächen. Die unheilbringende Doppelgängerin wird gefasst und verbrannt, während die wahre Maria gemeinsam mit Freder die Kinder der Arbeiter vor den Wassermassen rettet.
Im Showdown zwischen Freder und Rotwang wird der Erfinder getötet und die Arbeiter erkennen den fatalen Betrug. Die Bewohner von Metropolis sind geeint und der Weg ist frei für eine Welt ohne Klassenunterschiede.
Entdeckt wurde diese weltweit einzigartige "Metropolis"-Fassung in Argentinien, von Fernando Martín Peña und der Direktorin des Museo del Cine, Paula Félix-Didier. Im Museo del Cine in Buenos Aires lagerte ein 16-mm-Negativ des Films, das 30 Minuten Filmmaterial enthält, welches in keiner anderen überlieferten Kopie inbegriffen ist. Dank dieser Zusätze vermittelt die aktuelle Restaurierung einen authentischen Eindruck von der ursprünglichen Fassung des Films, auch wenn noch etwa 300 Meter Film fehlen.
Die Verstümmelung des Monumentalfilmes begann kurz nach seiner Premiere am 10. Januar 1927 im Berliner Ufa-Palast am Zoo. Die Uraufführungsfassung von 4.189 Metern lief vier Monate ohne Erfolg, weshalb die Ufa den Film zurückzog und um circa 30 Minuten auf 3.241 Meter kürzen ließ. Dabei orientierte sie sich an der bereits 1926 hergestellten amerikanischen Verleihfassung; der von der Paramount beauftragte Theaterautor Channing Pollock hatte den Film um etwa ein Viertel auf eine gängige Kinolänge von 3.100 Meter gekürzt und alle "kommunistischen Tendenzen" eliminiert.
Kurz nach der Premiere - und noch vor den Kürzungen des Films - erwarb der argentinische Filmverleiher Adolfo Wilson eine Kopie, die er ab 1928 in argentinischen Kinos einsetzte. Nach der kommerziellen Auswertung gelangte diese Kopie in den Privatbesitz des Filmkritikers Manuel Peña Rodriguez, dessen Sammlung später in das Museo del Cine Pablo C. Ducrós Hicken gelangte. In den 70er Jahren wurde von der inzwischen stark beanspruchten Nitrokopie eine Sicherheitskopie auf 16-mm-Negativ gezogen. Das leicht entflammbare Nitromaterial, dessen Beschädigungen im Duplikat nun verewigt sind, wurde anschließend vermutlich vernichtet.
Eine der großen Herausforderungen der Filmrestaurierung ist der problematische Zustand des in Argentinien wiederentdeckten 16-mm-Materials, das von einer stark abgenutzten 35-mm-Verleihkopie gezogen wurde. Trotz modernster Restaurierungstechnik wird der Unterschied der wiederentdeckten Teile zur fotografischen Güte der Fassung von 2001 immer sichtbar sein. Das 16-mm-Material wurde bei ARRI in München gescannt und unter Einsatz einer individuell entwickelten Software bei alpha&omega im Einzelbildverfahren retouchiert.
Eine weitere Herauforderung liegt in der Herstellung der ursprünglichen Montage des Films; dabei spielt die überlieferte Originalmusik von Gottfried Huppertz eine entscheidende Rolle. Archiviert sind im Filmmuseum Berlin die handschriftliche Partitur von Gottfried Huppertz für großes und kleines Orchester sowie ein handschriftliches Particell und der gedruckte Klavierauszug, der 1.028 Synchronmarken enthält. Mit Hilfe dieser originalen Musikmaterialien wurde sowohl die Platzierung des wiederentdeckten Materials verifiziert, als auch eine Korrektur der Schnittfassung der bisher kursierenden "Metropolis"-Kopie vorgenommen, die zuletzt 2001 überarbeitet wurde. Für die Rekonstruktion der Musikfassung zeichnet Frank Strobel verantwortlich, der als Dirigent und Musikhistoriker zusammen mit Anke Wilkening (Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung) und Martin Koerber die aktuelle Restaurierung betreut hat, mit der die verlorene Originalfassung von "Metropolis" fast wieder vollkommen hergestellt ist.
Parallel zur Filmrestaurierung liefen die Vorbereitungen zur Wiederaufführung und Musikeinspielung, koordiniert von der Filmredaktion ZDF/ARTE in Zusammenarbeit mit dem RSB, Deutschlandradio und der Europäischen Filmphilharmonie. Dabei entstand ein komplett neuer Notensatz auf der Grundlage der überlieferten handschriftlichen Musikmaterialien, der von der Filmphilharmonie sowohl als Urtextausgabe wie auch als kritisch-editorische Aufführungsausgabe veröffentlicht wird.
Restauriert wurde "Metropolis" von der in Wiesbaden ansässigen Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Kooperation mit ZDF und ARTE, gemeinsam mit der Deutschen Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen und in Zusammenarbeit mit dem Museo del Cine Pablo C. Ducrós Hicken sowie mit finanzieller Unterstützung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die gemeinnützige Kulturfonds FrankfurtRheinMain GmbH, die VGF-Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH sowie die DEFA-Stiftung.
Freitag, 12. Februar 2010 um 23.10 Uhr
Wiederholungen:
Keine Wiederholungen
Die Reise nach Metropolis
(Deutschland, 2009, 52mn)
SWR
Regie: Artem Demenok
"Metropolis" gehört zu den wichtigsten Werken der deutschen Filmgeschichte und ist der erste Film, der von der Unesco zum Weltdokumentenerbe erklärt wurde. Doch die Originalversion des 1927 in Berlin uraufgeführten Klassikers war 80 Jahre lang verschollen. Erst im Sommer 2008 spürten Mitarbeiter des Museo del Cine in Buenos Aires ein 16-mm-Duplikatnegativ auf, das einen großen Teil des verloren geglaubten Materials enthält. Die Dokumentation erzählt die spannende Geschichte eines filmischen Meisterwerks und seiner Restaurierung.
Alles an "Metropolis" ist gigantisch. Allein die Produktionsdauer dieses monumentalen Werkes des deutschen Films war rekordverdächtig, Fritz Lang drehte an 310 Tagen und in 60 Nächten. Es entstand ein Klassiker mit mythischen Zügen und kühnen Spezialeffekten, für den der Regisseur keinen Aufwand scheute: 36.000 Komparsen (darunter 750 Kinder und 1.100 Menschen mit Glatze), 200.000 Kostüme, 3.500 Paar Schuhe, 75 Perücken, 500 Wolkenkratzer mit jeweils 70 Etagen und endlose Kilometer Filmmaterial. Es war der aufwendigste deutsche Film aller Zeiten, so die damalige Presseabteilung der Ufa.
"Metropolis" ist ein Meisterwerk, das von seinen Widersprüchen lebt. Es ist gleichzeitig ein Durchbruch in die Zukunft und Tribut an die damalige Mode, ein finanzielles Wagnis, ein Monumentalfilm mit Augenblicken der Vorahnung und Tränen aus Glyzerin, hoffnungslos veraltet und verblüffend aktuell. Fritz Langs Film inspiriert auch heute noch, selbst Hollywood. So lassen der Science-Fiction-Film "Blade Runner" von Ridley Scott und das Musikvideo "Express Yourself" von Madonna ihr Vorbild deutlich erkennen.
1927 in Berlin uraufgeführt, floppte "Metropolis" zunächst an der Kasse. Der Film wurde abgesetzt und neu geschnitten. Von 40 Kopien der Premierenfassung ist keine einzige überliefert. Das Original wiederherzustellen wurde zur ehrgeizigen Aufgabe jedes Filmarchivars. Aber welches war das Original, wenn es drei verschiedene Negative gab? 2001 hat die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung eine aufwendige, digitale Restaurierung auf der Berlinale vorgestellt, die das wiederentdeckte Originalnegativ der amerikanischen Fassung zur Grundlage machte und damals alle bekannten Überlieferungen einbezog. Doch Lücken blieben immer noch, und keiner hätte sich träumen lassen, dass die fehlenden Szenen noch irgendwo auftauchten, und das Restauratorenteam der Murnau-Stiftung in Wiesbaden das Original nun endlich wiederherstellen könne.
Die Dokumentation macht Station in Berlin, Paris, Moskau und Buenos Aires, um die spannende Geschichte der endgültigen Restaurierung zu erzählen. Außerdem geht es um die Superlative, die diesen Filmklassiker so herausragend machen.
www.arte.tv
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Mich wundert es, daß ARTE als Bildfomat 16:9 angibt, denn zur Stummfilmzeit gab es noch kein Breitbildformat...
Vielleicht läuft METROPOLIS im normalen ARTE in 4:3 und auf ARTE HD in 16:9?
Oder nur ein "Druckfehler"?
Ein klobiges Bürohaus am Münchner Stadtrand. Draußen scheint die pittoreske Ödnis auf die Kamera eines Wim Wenders oder David Lynch zu warten. Drinnen haben Sonnenlicht und Außenwelt nichts zu suchen. Hier, bei der Firma Alpha & Omega, werden Filme restauriert. Genauer gesagt treffen sich hier Filmwissenschaft, Programmierkunst, der Umgang mit Chemikalien, die für Chemiebaukästen nicht geeignet sind, und eine Riesenportion Enthusiasmus für die Arbeit der digitalen Filmrestaurierung. Für jeden Cineasten gibt es Orte und Situationen, bei denen ihm ein mehr oder weniger heiliger Schauer den Rücken hinunterläuft. Uns hat es hier erwischt: Beim ersten Ansehen eines digital restaurierten Teils von Fritz Langs gewaltigem Stummfilm „Metropolis“. Eines Teils, den wir noch nie gesehen haben.
ARTE LIVE EVENT
Metropolis Stummfilm • FR • 12.2.
Eröffnungsgala • 20.15
Filmvorführung • 20.40
Die Reise nach Metropolis
Dokumentation
FR • 12.2. • 23.10
Ein abenteuerlicher Fund
Bevor wir in die „verlorenen“ Szenen von „Metropolis“ eintauchen, lassen wir uns zwei Geschichten erzählen. Die eine vom abenteuerlichen Fund des Materials für die vollständigste Fassung des Films seit seiner Uraufführung. Die andere von einer gänzlich neuen Methode, Filmbilder, die wegen zahlloser Schrammen und Laufstreifen nur noch schemenhaft erkennbar sind, durch den Einsatz neu entwickelter Rechenprogramme so zu restaurieren, dass Lichtführung und Kontraste wieder dem entsprechen, was der Regisseur 1925/26 gedreht hat.
Über die Geschichte des Fundes berichtet Helmut Poßman, Vorstand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, welche die Restaurierungsarbeiten leitet, und es fällt ihm dazu zunächst das dezente Wort „kurios“ ein: Fernando Pena, ein leidenschaftlicher Filmliebhaber, hatte gegen Ende der 1980er Jahre ein Gespräch mit dem Leiter eines kleinen Filmclubs in Buenos Aires. Der beklagte sich über die Mühen bei der Projektion einer Kopie von „Metropolis“. Mehr als zwei Stunden müsse er da neben dem Projektor stehen und auf den alten Film drücken, damit er nicht aus der Führung springe. Die „mehr als zwei Stunden“ waren entweder die kleine Übertreibung eines gestressten Projektionisten – oder aber der Hinweis auf eine sensationelle Entdeckung.
Denn „Metropolis“, das ist auch die unglückliche Geschichte einer Filmverstümmelung, von der man bis vor kurzer Zeit glaubte, sie sei unwiderruflich. Heute sehen wir in Fritz Langs Film gerne den Zeitgeist der 20er Jahre, eine wilde Mischung aus Zukunftsangst und Vision, christlichem, marxistischem und leider auch protofaschistischem Gedankengut. Zum Zeitpunkt seiner Uraufführung aber schien dieser bis dahin teuerste deutsche Film den Geschmack des Publikums gründlich zu verfehlen. Und auch die Kritik blieb, bei aller Begeisterung für die technischen Leistungen, höchst skeptisch. „Ein sachliches Thema grausam verkitscht. Effekte, nicht weil Weltanschauungen zu Explosionen drängen, sondern weil der Film seine Tricks will. Der Schluss, die tränenreiche Versöhnung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer – entsetzlich.“ So etwa vernichtete der Berliner Börsen-Courier am 11. Januar 1927 „Metropolis“ nach seiner Uraufführung. Damals war der Film 4.189 Meter lang, was einer Dauer von etwa 154 Minuten entspricht. Nachdem Kritik und Zuschauer ihre Gefolgschaft verweigert hatten, wurde im Auftrag der Parufamet-Verleihfirma eine drastisch gekürzte Version zusammengeschnitten, die sich an eine Fassung anlehnte, für die der amerikanische Autor Channing Pollock verantwortlich zeichnete. Freimütig hatte er bekannt, sich auf die Handlung einen eigenen Reim gemachten zu haben. Als der Film in der neuen Fassung wieder in die deutschen Kinos kam, betrug seine Länge nur noch 3.241 Meter.
Zu schön um wahr zu sein
Schnitt in das heutige Buenos Aires. Hier hatte die Erwähnung der langen Fassung von „Metropolis“ unserem Filmenthusiasten Fernando Pena keine Ruhe gelassen. Doch die Suche ging zunächst einmal ins Leere, vermutlich hatte das „Museo del Cine“ Angst vor fremden Blicken auf mehr oder weniger sachgemäß gelagerte Schätze der Filmgeschichte. Erst als Paula Félix-Didier, früher die Ehefrau von Fernando Pena, die Leitung des Filmmuseums übernahm, wurde die Suche intensiviert und hatte sehr rasch Erfolg. Bis freilich die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung die Kopie endlich sichten und den Startschuss für die Restauration geben konnte, waren noch etliche Telefonate, E-Mails und Reisen über den Ozean nötig. Die Geschichte von der beinahe originalgetreuen Kopie von „Metropolis“ war einfach zu schön, als dass man sie auf Anhieb hätte glauben können.
Rehabilitierung eines Meisterwerks. Der Plot von „Metropolis“ ist einigermaßen bekannt: In der Zukunft herrscht ein gewisser Johann Fredersen über eine industrielle Weltstadt, in der sich die Arbeiter bis zur Erschöpfung an gewaltigen Maschinen plagen. Als Fredersens Sohn Freder das Elend in dieser „Unterwelt” gewahr wird, stellt er sich auf die Seite der Rebellion, zumal er sich in die schöne Maria verliebt, die dort, in den Katakomben, ein urchristliches Ideal der tätigen Nächstenliebe verkörpert. Doch da gibt es noch einen Schurken, den Erfinder Rotwang, der mit Fredersen eine persönliche Rechnung offen hat. Mithilfe eines Roboters, der die Züge von Maria erhält, nutzt er die Rebellion der Arbeiter für sich. Es kommt zur Katastrophe. Und am Ende, als Metropolis gerade noch dem Untergang entgangen ist, zu jener berühmt berüchtigten Versöhnung von Geist und Hand, vermittelt durch das Herz.
Durch die neuen Szenen erhält vieles in dem Film neue Bedeutung. Das Original ist emotionaler und menschlicher als das, was wir bislang als architektonisch kühnes Filmmärchen kannten. Besonders beeindruckend ist etwa die Szene, in der die Kinder aus der Unterstadt flüchten, die gerade – was erst in der vollständigen Version erkennbar wird – durch das Wasser aus der Oberstadt geflutet wird. Diese Szene enthält beides, eine deutlich schärfere Kritik an der Klassenstruktur der Stadt, und eine emotionale Wucht, die möglicherweise nach Meinung der Verleiher damals das Publikum überforderte. Auch heute noch geht die Szene einem an Katastrophenbildern geschulten Blick sehr nahe.
Beinahe ebenso wichtig in der neuen Fassung: Wir sehen, dass Metropolis von Menschen bewohnt wird. Die alten Fassungen zeigen einen archetypischen Konflikt, und schon von daher ist beim Ansehen immer etwas auseinandergebrochen: die Bewunderung für die visuelle Kraft des Films und das Kopfschütteln über die seltsame Ideologie (von der sich übrigens Fritz Lang später vehement distanziert hat). In der restaurierten Fassung entdecken wir nun die innere Verwandtschaft von Metropolis mit dem Berlin der 20er Jahre. Und darin Menschen, die ähnlich hin und hergerissen sind zwischen Lebensgier und Loyalität, Verantwortung und Mitläufertum. Dieses Metropolis hat nicht nur eine äußere Gestalt, sondern auch ein Innenleben. Und Fritz Langs Film hat wieder, was ihm genommen worden war: eine Seele.
Seelenarbeit am Computer
Bis der Film dieses verlorene Leben vermittelt, mussten die wiederentdeckten Szenen wie in einem Puzzlespiel in die bisherige Version von „Metropolis“ eingefügt werden. Der Fahrplan zur Rekonstruktion entstand in der Murnau-Stiftung in Wiesbaden, Grundlage war die überlieferte Originalmusik von Gottfried Huppertz mit ihren 1028 Angaben zum synchronen Zusammenspiel von Film und Orchester. Im Anschluss wurde ein eigenes Programm zur digitalen Verarbeitung beschädigter Filmbilder entwickelt. „Es geht darum“, so Thomas Bakels von Alpha & Omega, „das Bild zu reparieren, ohne seine Integrität zu verletzen. Es darf keinen fremden Inhalt durch die Bearbeitung geben, nicht ein einziges Pixel wird von uns verändert“. Wie das im einzelnen funktioniert, wird natürlich nicht verraten. Aber wir ahnen, dass auch ein Computer damit beginnen kann, Bilder nicht mehr bloß zu erkennen, sondern sie auch zu „denken“. Nach der digitalen Bearbeitung wird das Ergebnis wieder auf Film kopiert, damit die Bilder die ursprüngliche Körnigkeit erhalten. So erscheint der Film nicht wie eine kalte digitale Rekonstruktion, sondern so, als säße man gerade im Kino. 1927 vielleicht.
Dazu trägt schließlich auch bei, was dem rekonstruierten „Metropolis“ den letzten entscheidenden Hauch einer Seele gibt, die Musik. Die Leitlinie der Restaurierung bildet nun die Partitur der Originalmusik von Gottfried Huppertz, die der Dirigent Frank Strobel minutiös rekonstruiert und bildgenau mit dem Rundfunk Sinfonieorchester Berlin einstudierte. Am 12. Februar werden wir „Metropolis“ nicht nur sehen, sondern auch hören, ganz nahe an dem, wie es die Besucher der Berliner Premiere getan haben. Vielleicht mit einem kleinen Unterschied: Wir wissen, was wir an diesem cineastischen Meisterwerk haben, das wir beinahe verloren hätten.
DIE ARTE-GASTAUTOREN GEORG SEESSLEN, FILMKRITIKER UND AUTOR, UND MARKUS METZ, JOURNALIST, ZEIGEN GEMEINSAM DAS MULTIMEDIA-PROJEKT „ZUKUNFT DES KINOS“
ARTE PLUS
PUBLIC VIEWING: Die Weltpremiere der rekonstruierten „Metropolis“-Fassung im Friedrichstadtpalast wird live und öffentlich am Brandenburger Tor übertragen. Am 12. Februar ab 20.15
AUSSTELLUNG: „The complete Metropolis“, Sonderausstellung des Museums für Film und Fernsehen in Berlin. Bis 25. April 2010
BUCH-TIPP: „Fritz Langs Metropolis“, Hg. Deutsche Kinemathek, Belleville-Verlag 2010
Freitag, 12. Februar 2010 um 20.40 Uhr
Wiederholungen:
Keine Wiederholungen
Metropolis
(147mn)
ZDF
Metropolis - die Anti-Utopie einer Großstadt: In der streng getrennten Klassengesellschaft leben die Arbeiter versklavt in unterirdischen Fabriken, die Reichen dagegen genießen ein luxuriöses Dasein in der Oberstadt. Persönliche Leidenschaften und Intrigen, ein weiblicher Maschinenmensch als Instrument eines dämonischen Wissenschaftlers und ein Arbeiteraufstand beschwören einen zerstörerischen Machtkampf herauf, der die gesamte Stadt und ihre Bewohner zu vernichten droht ... ARTE überträgt die Welturaufführung der rekonstruierten Fassung live und in HD-Qualität - direkt von der Berlinale 2010 aus dem Friedrichstadtpalast.
Metropolis - die Anti-Utopie einer Großstadt: In der streng getrennten Klassengesellschaft leben die Arbeiter versklavt in unterirdischen Fabriken, die Reichen genießen ein luxuriöses Dasein in der Oberstadt. So auch Freder, der Sohn von Joh Fredersen, dem mächtigsten Mann von Metropolis. Eines Tages begegnet er Maria, die den Arbeitern mit ihren Predigten von Liebe und Klassenlosigkeit Hoffnung schenkt, und folgt ihr in die Unterwelt.
Als er die Lebensverhältnisse der Arbeiter sieht, ist er erschüttert und will einer von ihnen werden. Um dies zu verhindern und Maria auszuschalten, beauftragt sein Vater den Erfinder Rotwang, eine Doppelgängerin von Maria zu erschaffen, die zu Kampf und Zerstörung aufruft. Rotwang erfüllt diesen Wunsch, doch nicht um Fredersen zu helfen, sondern um ihn und seine Stadt zu vernichten.
Der Grund: Rotwang hasst Fredersen, da er an ihn seine Geliebte Hel verloren hat und diese bei Freders Geburt gestorben ist. Rotwang wollte Hel in einer Menschmaschine wiedererschaffen; nun verleiht er ihr die Gestalt Marias. Fredersens Plan geht zunächst auf: Von Marias Doppelgängerin aufgestachelt, revoltieren die Arbeiter und verwüsten die Arbeiterstadt.
Als sie jedoch erkennen, dass sie eine Überschwemmung ausgelöst haben und ihre Kinder in Gefahr sind, wollen sie sich an Maria rächen. Die unheilbringende Doppelgängerin wird gefasst und verbrannt, während die wahre Maria gemeinsam mit Freder die Kinder der Arbeiter vor den Wassermassen rettet.
Im Showdown zwischen Freder und Rotwang wird der Erfinder getötet und die Arbeiter erkennen den fatalen Betrug. Die Bewohner von Metropolis sind geeint und der Weg ist frei für eine Welt ohne Klassenunterschiede.
Entdeckt wurde diese weltweit einzigartige "Metropolis"-Fassung in Argentinien, von Fernando Martín Peña und der Direktorin des Museo del Cine, Paula Félix-Didier. Im Museo del Cine in Buenos Aires lagerte ein 16-mm-Negativ des Films, das 30 Minuten Filmmaterial enthält, welches in keiner anderen überlieferten Kopie inbegriffen ist. Dank dieser Zusätze vermittelt die aktuelle Restaurierung einen authentischen Eindruck von der ursprünglichen Fassung des Films, auch wenn noch etwa 300 Meter Film fehlen.
Die Verstümmelung des Monumentalfilmes begann kurz nach seiner Premiere am 10. Januar 1927 im Berliner Ufa-Palast am Zoo. Die Uraufführungsfassung von 4.189 Metern lief vier Monate ohne Erfolg, weshalb die Ufa den Film zurückzog und um circa 30 Minuten auf 3.241 Meter kürzen ließ. Dabei orientierte sie sich an der bereits 1926 hergestellten amerikanischen Verleihfassung; der von der Paramount beauftragte Theaterautor Channing Pollock hatte den Film um etwa ein Viertel auf eine gängige Kinolänge von 3.100 Meter gekürzt und alle "kommunistischen Tendenzen" eliminiert.
Kurz nach der Premiere - und noch vor den Kürzungen des Films - erwarb der argentinische Filmverleiher Adolfo Wilson eine Kopie, die er ab 1928 in argentinischen Kinos einsetzte. Nach der kommerziellen Auswertung gelangte diese Kopie in den Privatbesitz des Filmkritikers Manuel Peña Rodriguez, dessen Sammlung später in das Museo del Cine Pablo C. Ducrós Hicken gelangte. In den 70er Jahren wurde von der inzwischen stark beanspruchten Nitrokopie eine Sicherheitskopie auf 16-mm-Negativ gezogen. Das leicht entflammbare Nitromaterial, dessen Beschädigungen im Duplikat nun verewigt sind, wurde anschließend vermutlich vernichtet.
Eine der großen Herausforderungen der Filmrestaurierung ist der problematische Zustand des in Argentinien wiederentdeckten 16-mm-Materials, das von einer stark abgenutzten 35-mm-Verleihkopie gezogen wurde. Trotz modernster Restaurierungstechnik wird der Unterschied der wiederentdeckten Teile zur fotografischen Güte der Fassung von 2001 immer sichtbar sein. Das 16-mm-Material wurde bei ARRI in München gescannt und unter Einsatz einer individuell entwickelten Software bei alpha&omega im Einzelbildverfahren retouchiert.
Eine weitere Herauforderung liegt in der Herstellung der ursprünglichen Montage des Films; dabei spielt die überlieferte Originalmusik von Gottfried Huppertz eine entscheidende Rolle. Archiviert sind im Filmmuseum Berlin die handschriftliche Partitur von Gottfried Huppertz für großes und kleines Orchester sowie ein handschriftliches Particell und der gedruckte Klavierauszug, der 1.028 Synchronmarken enthält. Mit Hilfe dieser originalen Musikmaterialien wurde sowohl die Platzierung des wiederentdeckten Materials verifiziert, als auch eine Korrektur der Schnittfassung der bisher kursierenden "Metropolis"-Kopie vorgenommen, die zuletzt 2001 überarbeitet wurde. Für die Rekonstruktion der Musikfassung zeichnet Frank Strobel verantwortlich, der als Dirigent und Musikhistoriker zusammen mit Anke Wilkening (Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung) und Martin Koerber die aktuelle Restaurierung betreut hat, mit der die verlorene Originalfassung von "Metropolis" fast wieder vollkommen hergestellt ist.
Parallel zur Filmrestaurierung liefen die Vorbereitungen zur Wiederaufführung und Musikeinspielung, koordiniert von der Filmredaktion ZDF/ARTE in Zusammenarbeit mit dem RSB, Deutschlandradio und der Europäischen Filmphilharmonie. Dabei entstand ein komplett neuer Notensatz auf der Grundlage der überlieferten handschriftlichen Musikmaterialien, der von der Filmphilharmonie sowohl als Urtextausgabe wie auch als kritisch-editorische Aufführungsausgabe veröffentlicht wird.
Restauriert wurde "Metropolis" von der in Wiesbaden ansässigen Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Kooperation mit ZDF und ARTE, gemeinsam mit der Deutschen Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen und in Zusammenarbeit mit dem Museo del Cine Pablo C. Ducrós Hicken sowie mit finanzieller Unterstützung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die gemeinnützige Kulturfonds FrankfurtRheinMain GmbH, die VGF-Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH sowie die DEFA-Stiftung.
Freitag, 12. Februar 2010 um 23.10 Uhr
Wiederholungen:
Keine Wiederholungen
Die Reise nach Metropolis
(Deutschland, 2009, 52mn)
SWR
Regie: Artem Demenok
"Metropolis" gehört zu den wichtigsten Werken der deutschen Filmgeschichte und ist der erste Film, der von der Unesco zum Weltdokumentenerbe erklärt wurde. Doch die Originalversion des 1927 in Berlin uraufgeführten Klassikers war 80 Jahre lang verschollen. Erst im Sommer 2008 spürten Mitarbeiter des Museo del Cine in Buenos Aires ein 16-mm-Duplikatnegativ auf, das einen großen Teil des verloren geglaubten Materials enthält. Die Dokumentation erzählt die spannende Geschichte eines filmischen Meisterwerks und seiner Restaurierung.
Alles an "Metropolis" ist gigantisch. Allein die Produktionsdauer dieses monumentalen Werkes des deutschen Films war rekordverdächtig, Fritz Lang drehte an 310 Tagen und in 60 Nächten. Es entstand ein Klassiker mit mythischen Zügen und kühnen Spezialeffekten, für den der Regisseur keinen Aufwand scheute: 36.000 Komparsen (darunter 750 Kinder und 1.100 Menschen mit Glatze), 200.000 Kostüme, 3.500 Paar Schuhe, 75 Perücken, 500 Wolkenkratzer mit jeweils 70 Etagen und endlose Kilometer Filmmaterial. Es war der aufwendigste deutsche Film aller Zeiten, so die damalige Presseabteilung der Ufa.
"Metropolis" ist ein Meisterwerk, das von seinen Widersprüchen lebt. Es ist gleichzeitig ein Durchbruch in die Zukunft und Tribut an die damalige Mode, ein finanzielles Wagnis, ein Monumentalfilm mit Augenblicken der Vorahnung und Tränen aus Glyzerin, hoffnungslos veraltet und verblüffend aktuell. Fritz Langs Film inspiriert auch heute noch, selbst Hollywood. So lassen der Science-Fiction-Film "Blade Runner" von Ridley Scott und das Musikvideo "Express Yourself" von Madonna ihr Vorbild deutlich erkennen.
1927 in Berlin uraufgeführt, floppte "Metropolis" zunächst an der Kasse. Der Film wurde abgesetzt und neu geschnitten. Von 40 Kopien der Premierenfassung ist keine einzige überliefert. Das Original wiederherzustellen wurde zur ehrgeizigen Aufgabe jedes Filmarchivars. Aber welches war das Original, wenn es drei verschiedene Negative gab? 2001 hat die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung eine aufwendige, digitale Restaurierung auf der Berlinale vorgestellt, die das wiederentdeckte Originalnegativ der amerikanischen Fassung zur Grundlage machte und damals alle bekannten Überlieferungen einbezog. Doch Lücken blieben immer noch, und keiner hätte sich träumen lassen, dass die fehlenden Szenen noch irgendwo auftauchten, und das Restauratorenteam der Murnau-Stiftung in Wiesbaden das Original nun endlich wiederherstellen könne.
Die Dokumentation macht Station in Berlin, Paris, Moskau und Buenos Aires, um die spannende Geschichte der endgültigen Restaurierung zu erzählen. Außerdem geht es um die Superlative, die diesen Filmklassiker so herausragend machen.
www.arte.tv
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Mich wundert es, daß ARTE als Bildfomat 16:9 angibt, denn zur Stummfilmzeit gab es noch kein Breitbildformat...
Vielleicht läuft METROPOLIS im normalen ARTE in 4:3 und auf ARTE HD in 16:9?
Oder nur ein "Druckfehler"?
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Oh ja... ein absolutes "Muss"... Und wer weiss, wie lange man noch auf eine Disc davon warten muss... Eine Aufzeichnung der Arte-Ausstrahlung wird jedenfalls die Wartezeit erträglicher gestalten.
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Es gibt keine amerikanischen Godzilla-Filme.
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...während der gesamten letzten halben Stunde fehlte wirklich praktisch jede 2. Einstellung in der bisher bekannten Restauration von 2002... (die an sich schon enorm beeindruckend war)
Und nachdem man so gut wie den ganzen Film so gesehen hat, so wie er sein sollte, erscheinen die massiven Kürzungen (was gekürzt wurde, wann, und wie viel) für den Inhalt des Films sinnentstellender und für seine Dramaturgie kontra-produktiver, als ich es mir ausmalen konnte.
Unglaublich, dass wir diese Bilder heute (wieder) zu sehen bekommen. Dass es diese Filmrollen in Argentinien bis ins Jahr 2008 schafften, ist ein Wunder für sich.
Arte hat den Filmfans aber auch einen Bärendienst erwiesen, WÄHREND DES LAUFENDEN Films Farbaufnahmen vom Live-Orchester hineinzuschneiden. Was um alles in der Welt hat man sich nur dabei gedacht?
Und nachdem man so gut wie den ganzen Film so gesehen hat, so wie er sein sollte, erscheinen die massiven Kürzungen (was gekürzt wurde, wann, und wie viel) für den Inhalt des Films sinnentstellender und für seine Dramaturgie kontra-produktiver, als ich es mir ausmalen konnte.
Unglaublich, dass wir diese Bilder heute (wieder) zu sehen bekommen. Dass es diese Filmrollen in Argentinien bis ins Jahr 2008 schafften, ist ein Wunder für sich.
Arte hat den Filmfans aber auch einen Bärendienst erwiesen, WÄHREND DES LAUFENDEN Films Farbaufnahmen vom Live-Orchester hineinzuschneiden. Was um alles in der Welt hat man sich nur dabei gedacht?
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- MonsterZero
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Wahrscheinlich, damit sie ihn besser verkaufen können, wenn sie ihn in ihrer Stummfilmedition veröffentlichen.Godzilla-2000 hat geschrieben:Arte hat den Filmfans aber auch einen Bärendienst erwiesen, WÄHREND DES LAUFENDEN Films Farbaufnahmen vom Live-Orchester hineinzuschneiden. Was um alles in der Welt hat man sich nur dabei gedacht?
"What Chato's land doesn't kill, Chato will." - Chato's Land (1972)
Gut gemacht, schade, dass das Material doch so extrem schlecht war, dennoch Interessant und bwunderswert .
Wir wissen jetzt alle, das Freder eigentlich Superman ist... immerhin hat er ein Stahlgitter mit bossen Händen aus einer Betonwand gedrückt, wieso um alles in der Welt haben sie die Szene bitte nicht drin gelassen?
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- Joan_Landor
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