怪談雪女郎 (Kaidan Yuki Jorô)
Japan 1968
Die Story basiert auf einer der Kapitel aus Lafcadio Hearns berühmter Geschichtensammlung
Kwaidan - Seltsame Geschichten und Studien aus Japan. Filmisch realisiert dürfte den meisten die Geschichte wohl schon aus Kobayashis Meisterwerk
Kwaidan (Japan 1964) reichlich bekannt vorkommen, welches ebenso Hearns Erzählungen als Vorlage hatte. Im Film von '64 erschien die Geschichte um die Schneefrau als zweite Episode unter dem Titel Yuki Onna. Die Figur der Schneefrau selbst geht natürlich aus dem sehr reichhaltigen Mythenfundus Japans zurück und gelangte durch Hearn lediglich zu besonderer Aufmerksamkeit.
Wohingegen die Episode in
Kwaidan nicht viel mehr als 30 Minuten dauert, hat der hier besprochene Film natürlich Spielfilmlänge. Neben der Länge und den somit notwendig zusätzlichen Storyelementen, gibt es aber auch teilweise Unterschiede in den auf beiden Seiten vorhanden Elementen.
Ein Meister und sein Schüler Yosaku sind im Wald auf der Suche nach einem speziellen Baum, welcher geeignetes Holz liefern soll, damit der Meister eine buddhistische Statue der Göttin Guānyīn für den hiesigen Dorftempel bauen kann. Sie finden den Baum und schlagen überglücklich ihr Zelt für die Nacht auf. In der Nacht passiert es dann, dass die Schneefrau dem Meister seine Lebensenergie entzieht. Yosaku wird ausnahmsweise verschont, obwohl die Schneefrau doch sonst kein Mitleid kennt. Einzige Bedingung: Yosaku darf nie unter keinen Umständen auch nur irgendein Wort über sie verlieren, da sie ihn ansonsten sofort töten würde.
Reichlich geschockt und in Trauer, aber immerhin noch lebendig wird der Auftrag die Statue zu erbauen nun auf Yosaku übertragen. Dieser fühlt sich zwar geehrt aber auch reichlich überfordert, so hat er doch kaum Erfahrung. Erschwerend hinzu kommt noch ein weiterer Konkurrent, welcher auch eine Statue schnitzt und Yosaku durchaus feindlich gesinnt ist. Da der Vorsteher des Tempels die bessere Statue der beiden aussucht, ist besondere Mühe geboten.
Eines Abends steht plötzlich eine unbekannte Frau im Regen vor seinem Haus. Seine Mutter bittet sie höflich ins Haus und die beiden freuen sich an. Der Name dieser schönen unbekannten ist bezeichnenderweise Yuki (jap: Schnee). Yuki entpuppt sich als außerordentlich gute Hausfrau und hilfreiche Muse zugleich, sodass die beiden heiraten und einen Sohn haben.
Die Jahre vergehen und es kommt zu diversen Auseinandersetzungen zwischen Yosaku und dem konkurrierenden Schnitzer, bei denen Yuki sich abermals als große Hilfe erweist und sich aufopferungsvoll verhält um Yosaku zu helfen. Außer ein paar mysteriösen Vorfällen, die er nicht in Verbindung mit Yuki bringen kann, hat Yosaku die grausige Geschichte von damals schon fast vergessen. Eines Abends fängt er im Übereifer plötzlich an Yuki die Geschichte der Schneefrau zu erzählen, welche er erlebt hat und ihm gerade wieder eingefallen ist. Der Raum färbt sich plötzlich schneeweiß, Wind jault durch das Haus und Yuki steht vor ihm wie ausgewechselt. Erst jetzt realisiert er, dass seine Frau die ganze Zeit schon der böse Geist aus dem Wald war. Fest entschlossen ihn zu töten, weil er das Geheimnis letztlich doch preisgegeben hat, kann Yuki es letzten Endes doch nicht übers Herz bringen. In all den Jahren hat sie zuviel menschliches Glück erfahren und eine durch und durch schöne Zeit mit ihm und dem gemeinsamen Sohn erlebt, als dass sie es jetzt einfach vernichten kann. Sie lässt ihn also am Leben, verschwindet dafür dann aber selber und ward von da an nie mehr gesehen.
Im Schlussteil lässt sich nun auch der größte Unterschied zu der Episode in
Kwaidan erkennen. Während dort nämlich die Geschichte einen sehr negativen Grundton hat, welcher von Wut und Abneigung geprägt ist, wird in
Kaidan Yuki Jorô meines Erachtens nach die Milde besonders hervorgehoben. Dadurch dass wir viel mehr über die Beziehung der beiden Hauptcharaktere erfahren, erscheint der Charakter der Schneefrau um einiges positiver. Die düstere Stimmung der aufs wesentliche reduzierten Kurzgeschichte macht hier wirklich einen ganz anderen Eindruck und bietet eine ganz andere Herangehensweise der Ausgnagsgeschichte. Beide Versionen haben ihre Vor- und Nachteile, aber ich muss sagen, dass mir die Episode in Kwaidan teilweise noch ein Stückchen besser gefällt.
Die Inszenierung des Films ist aus technischer Sicht her astrein und typisch für Filme gleicher Couleur aus den 60er Jahren in Japan. Wir bekommen außerordentlich viele Nahaufnahmen von Gesichtern zu sehen, die Bildkomposition ist übermäßig ästhetisch gehalten und das Spiel mit den Schatten wird zum Hauptbestandteil der Gruselszenen erhoben. Auch charakteristisch für diese Filme sind natürlich die klassisch geschminkten Frauengesichter, welche einem wirklich das Blut in den Adern gefrieren lassen. Auch wenn jeder weiß, was hier zu erwarten ist, möchte ich es dennoch einmal besonders betonen, dass das Gesicht der Schneefrau wirklich herrlich schaurig geworden ist. Wirklich umwerfend atmosphärisch!
Für Fans der Filme definitiv also eine klare Empfehlung. Alle anderen werden den Film wohl sowieso nie sehen, da er weltweit ein ziemliches Schattendasein fristet. Neben einer japanischen Laserdisc und VHS, welche beide kaum zu finden sind, ist der Film so gut wie nicht erhältlich. Wirklich schade, dass sich außerhalb Japans eigentlich keiner so recht um klassische Kaidan-Filme bemühen will. Hier wartet wirklich noch ein riesiger Schatz, durch den ich mich selbst noch nicht mal annähernd durchgewühlt habe, aber dessen Ausmaße ich langsam zu erfassen verstehe.
Fazit:
![Daumen hoch +++](./images/smilies/icon_thumbup.gif)
+++