Rezension: Sherlock Holmes - 50 - Ludwig II. - Der Tod im Würmsee

Sherlock Holmes, Jerry Cotton - Kommissare und Detektive ermitteln Psychopaten im Ohr.
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MonsterAsyl
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Rezension: Sherlock Holmes - 50 - Ludwig II. - Der Tod im Würmsee

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Sherlock Holmes - 50 - Ludwig II. - Der Tod im Würmsee

Zum Inhalt:
Sherlock Holmes erhält von Kaiserin Elisabeth eine Einladung nach München. Der Meisterdetektiv und sein Freund Dr. Watson sollen in ihrem Auftrag den bayrischen König Ludwig II. außer Landes bringen. Eigentlich ist alles genau geplant, doch an dem betreffenden Abend erscheint der König nicht am vereinbarten Treffpunkt...

Zur Produktion:
Aufgrund diverser Umstände hatte sich die Veröffentlichung dieser Jubiläumsfolge, die eigentlich schon für den 07.05.2022 angekündigt war, immer wieder verschoben, und inzwischen ist die Reihe bereits bei Nummer 54 angelangt. Umso schöner, daß es nun endlich geklappt hat. Die Folge ist quasi eine Art Fortsetzung von "Sherlock Holmes - 41 - Mayerling" und stammt ebenfalls aus der Feder von Skriptautor Marc Gruppe. Doch auch wenn man "Mayerling" nicht gehört hat, kann man dem aktuellen Abenteuer des Meisterdetektivs problemlos folgen. Wer sich ein wenig mit der Geschichte Ludwig II. beschäftigt hat, wird schnell erkennen, wie akribisch Gruppe hier die historischen Fakten des Falles zusammengetragen und in eine "Sherlock Holmes"-Geschichte verarbeitet hat. Alle relevanten Daten und Personen finden sich wieder und werden zueinander in Kontext gesetzt. Die ersten zwei Drittel des ca. 123 Minuten umfassenden und auf zwei ca. gleich lange CDs verteilten Hörspiels, beinhalten quasi die Vorgschichte von Ludwig II. bis zu seinem Verschwinden. Erst ab da beginnt die Arbeit von Sherlock Holmes, und es ist schon extrem clever, wie es dem Skriptautor gelungen ist, daraus einen Kriminalfall zu schaffen, der in sich schlüssig und vor allem auch mit der Geschichte abgleichbar ist. Besonderes Augenmerk verdient dabei der Brief, der genau so von König Ludwig II. an Kaiserin Elisabeth geschrieben wurde. Damit die Handlung so wirkt, als sei sie bereits im Viktorianischen Zeitalter entstanden, verzichtet Gruppe auf eine allzu moderne Ausdrucksweise und verwendet stattdessen eher veraltete Begriffe wie beispielsweise "verargen" statt dem heutzutage üblichen "verärgen", oder "Irrenarzt" statt "Psychater". Aber auch der Humor kommt nicht zu kurz. Besonders erheiternd finde ich die Szene, in der Holmes seinen Freund Dr. Watson um absolute Ruhe bittet und dieser sich erkundigt, ob er denn wenigstens atmen dürfe. Holmes knappe Antwort darauf: "Nur wenn Sie leise atmen". Ebenfalls gut gefallen hat mir die Art und Weise, in der Holmes und Watson gelegentlich die Sätze des jeweils anderen fortführen bzw. ergänzen. Damit zeigt Gruppe, wie gut die beiden mittlerweile aufeinander eingespielt sind.
Die Produktion und Regie von Stephan Bosenius und Marc Gruppe ist einmal mehr tadellos. Jede Szene ist mit einer Vielzahl von Geräuschen versehen worden, und obwohl ein Großteil der Handlung in geschlossenen Räumen spielt, warten auch diese Szenen mit einer opulenten Geräuschkulisse auf. In der Bakerstreet raschelt die Zeitung beim Umblättern, im Hintergrund knistert leise ein Kaminfeuer, und beim Auseinanderfalten des Briefes kann man bereits hören, daß dieser nicht nur aus einer Seite besteht. Sobald sich das Geschehen draußen abspielt, steigert sich die Menge der eingesetzten Töne noch einmal. Als Holmes und Watson in der Kutsche warten, pladdert der Regen aufs Dach, es donnert kräftig, und wenn man, wie Holmes, genau hinhört, knallt in der Ferne auch ein Schuß. Die Inszenierung von Unwettern ist schon immer eine Stärke von Titania Medien gewesen, und das hier zu Gehör kommende Gewitter bildet da keine Ausnahme. Der Regen prasselt nur so vom Himmel herab, der Wind heult, und hin und wieder entlädt sich krachend ein Blitz. Im Schloß quietschen die Türen ein wenig, und der Wind pfeift durch das Gemäuer. Zur "Teatime" wird mit dem Stuhl gerückt, dem Besteck geklappert und auch das Eingießen des Tees sowie das Absetzen von Bechern und Tassen nicht vergessen. Am See und bei der Wirtschaft zwitschern die Vögel, ab und zu ruft ein Kuckuck, und als Eile geboten ist, fangen die Kutschenpferde an zu galoppieren. Highlight sind für mich aber die Schritte von Holmes und Watson, als sie zum See gehen. Denn allein schon am Knirschen erkennt man als Hörer, daß sich die beiden auf einem unbefestigten Weg befinden.
Ebenso eindrucksvoll wie die Geräuschkulisse, ist auch die musikalische Untermalung der einzelnen Szenen. Neben der bekannten Titelmelodie, die jede der Folgen eröffnet, gibt es eine Unzahl an weiteren zum Geschehen passenden Musikstücken. Erneut rächt es sich, daß ich von klassischer Musik so wenig verstehe. Ich meine zwar, einzelne Stücke von Wagner erkannt zu haben, doch sicher bin ich mir nicht. So oder so alternieren die Melodien zwischen düster, getragen, drohend oder traurig. Dabei werden die einzelnen Stücke hauptsächlich mit klassischen Instrumenten wie Blas- und Streichinstrumenten, Trommeln und dem Klavier eingespielt, aber auch der Synthesizer kommt für die düsteren Töne zum Einsatz. Machmal ist nur ein Musikinstrument zu hören, dann wieder ein ganzes Orchester. Am beeindruckendsten finde ich die Trommeln, die einen unwillkürlich an den Trommelschlag bei Hinrichtungen denken lassen und die bekannte, mit Violinnen gespielte Weise, deren Namen ich leider nicht kenne. Damit der Hörer es leichter hat zu erkennen, ob es sich um eine Szene in der erzählerischen Gegenwart oder der Vergangenheit handelt, nutzen die Produzenten jeweils Halleffekte. Jede Sequenz, die weiter zurückliegt, ist mit leichtem Hall unterlegt bzw. endet mit einer Art "Nachhall".

Zu den Sprechern:
Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes) ist wieder großartig als genialer Meisterdetektiv, der schnell den Verdacht hat, daß hier etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Dabei spricht er das nicht explizit aus, sondern man erkennt seinen Argwohn allein an seiner Reaktion. Highlight seiner Performance ist für mich die Szene, als er klitschnass vor Watson steht und sein Frösteln nicht unterdrücken kann. Interessanterweise ist Holmes hier einmal etwas ungenau, da er Ludwigs Krankheit einfach als "Irrsinn" bezeichnet, statt auf den bereits zuvor gefallenen Begriff "Paranoia" zurückzugreifen.
Mindestens ebenso überzeugend fand ich Detlef Bierstedt(Dr. Watson) als seinen treuen Freund und Chronisten, der auch den Part des Erzählers übernimmt.
Wie üblich ist der Doktor öfter erstaunt oder verblüfft. Die ganze Angelegenheit erschüttert ihn in seinen Grundfesten und lässt ihn recht fassungslos wirken. Natürlich gehört auch ein wenig Kabbelei mit seinem Freund dazu, und er hat erneut Grund, sich über dessen Geheimniskrämerei zu ärgern. Kaiserin Elisabeth(Daniele Bette) macht viel Spaß als nervöse, aber immer hochherrschaftliche, dankbare Regentin, die Holmes Komplimente macht und Ludwig II. vehement verteidigt. Beeindruckend ist auch die Leistung von Dr. Franz Carl Müller(Tim Schwarzmair) als Mediziner, der ein wenig herablassend wirkt und seinen Text mit leicht österreichischem Akzent vorträgt. Seine Selbstsicherheit bekommt erst dann Risse, als ihm Holmes seine Thesen erklärt, auf die er dann verärgert und verunsichert reagiert. Ganz und gar unsympathisch ist dagegen Prof. Dr. Bernhard von Gudden(Willi Röbke) als Obermedizinalrat und Lehrer von Müller. Er hat die verhängnisvolle Diagnose gestellt, und seine hart klingende Stimme lässt ihn auch weiterhin stets eiskalt wirken. Zwar hat Bernd Kreibich hier eine Doppelrolle, doch sein erster Auftritt als Freiherr von Malsen, bei dem er vor allem väterlich wirkt, ist so kurz, daß es nicht weiter auffällt, wenn er später noch einmal als Baron Washington zu Gehör kommt. Diese zweite Rolle ist auch wesentlich umfangreicher, und es gelingt Kreibich, allein mit seiner Art zu sprechen, dem Hörer zu vermitteln, daß er sich ganz und gar nicht wohl fühlt, als er von den Ruderen auf dem See hört.
Kurz aber prägnant ist auch die Darbietung des Gendarms(Thomas Balou Martin) als entschlossene, dem König gegenüber loyale Sicherheitskraft. Überaus amüsant gestaltet sich das Erscheinen von Baronin Spera von Truchsess(Ursula Sieg), welche die Soldaten segnet und mit resoluter Stimme das Vorgehen der Eindringlinge verurteilt. Sieg spielt die Rolle derart intensiv, daß man auch als Hörer schnell merkt, daß ihre Figur geistig nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Zwar hat auch sie eine Doppelrolle, doch genau wie bei Kreibich fällt es nicht weiter auf, als sie in dem Part der Wirtin Vogel(Ursula Sieg) erneut zu hören ist. Das liegt unter anderem daran, daß sie hier völlig aufgelöst agiert und ihren Text unter Schluchzen und Weinen hervorbringt. Geradezu ergreifend ist auch das Spiel von Kammerdiener Lorenz Mayr(Louis Friedemann Thiele) als aufgeregter Bediensteter, der seine Rolle ebenfalls mit leichtem österreichischen Akzent spricht. Highlight ist für mich aber König Ludwig II.(Patrick Stanke), der den zunächst empörten und dann verärgerten Monarchen spricht. Stanke legt extrem viel Gefühl in jeden seiner Auftritte, und seine Fassungslosigkeit und Verzweiflung ob der Situation, in der er sich befindet, wird allein durch sein nuanciertes Spiel spürbar. Sein Fatalismus und die Furcht um sein Leben lassen ihn tatsächlich auch ein wenig paranoid wirken und schüren somit auch beim Hörer Zweifel, ob der König am Ende nicht doch an einer Geisteskrankheit leidet. Obwohl es keine Hauptrolle ist, gelingt es Pfleger Bruno Mauder(Pascal Breuer) mit seiner Darstellung des verlegenen, hilfsbereiten Krankenwärters, der von dem Gedicht ganz gerührt ist, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. In weiteren Nebenrollen treten Prof.Grashey(Claus Thull-Emden) als verschlagener Schwiegersohn des von Gudden, Dr. Schleiss von Löwenfeld(Peter Weis) in der Rolle des königlichen Leibarztes, der als Einziger der Diagnose von Guddens widerspricht, und Stabskontrolleur Zanders(Torsten Münchow) als von Gudden treu ergebener Inspizient auf. Nicht unerwähnt bleiben soll auch der Kutscher(Marc Gruppe), der als bärbeißiger Fuhrwagenlenker mit den drei Worten "Jaaa?" und "Ist recht!" auskommt.

Fazit:
Unterhaltsame präsentierte Verknüpfung von historischen Fakten und Fiktion, bei der Meisterdetektiv Sherlock Holmes das Geheimnis um einen der rätselhaftesten Tode in der Geschichte löst.

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