Rezension: Sherlock Holmes - 62 -Mr. Marburys Hände
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Rezension: Sherlock Holmes - 62 -Mr. Marburys Hände
Sherlock Holmes - 62 -Mr. Marburys Hände
Zum Inhalt:
Während sich Sherlock Holmes und Doktor Watson bei einem Golfspiel in Slindon on Sea entspannen, treffen sie zufällig Colonel Fortescue, einen alten Bekannten des Meisterdetektivs. Der Colonel lädt die beiden zum Abendessen in sein Haus ein, bei dem auch sein Nachbar Mr. Marbury anwesend sein soll. Denn dieser hat ein besonderes Problem, welches wohl nur Sherlock Holmes lösen kann.
Zur Produktion:
Mit der vorliegenden Folge endet eine kleine Ära. Bis auf weiteres wird dies die letzte Folge sein, die auf einer Kurzgeschichte des britischen Autors Herman Cyril McNeile (28.09.1888 - 14.08.1937) beruht. Doch keine Sorge, es geht selbstverständlich weiter mit Sherlock Holmes, und zwar basierend auf Fällen der Heftromanreihe "Aus den Geheimakten des Welt-Detektivs", welche vom Januar 1907 bis Juni 1911 erschien und es auf 230 Ausgaben brachte. Doch dazu dann mehr, wenn die erste Folge veröffentlicht wird, und zurück zum vorliegenden Hörspiel. "Mr. Marbury's Hands", so der englischsprachige Originaltitel, erschien erstmals im September 1935 im berühmten "The Strand Magazine". Wie üblich hat Hörspielskriptautor Marc Gruppe nicht nur die Namen der Protagonisten in Sherlock Holmes und Doktor Watson abgewandelt, sondern auch sämtliche "moderne" Erfindungen wie das Telefon oder das Automobil gestrichen und durch die im Viktorianischen Zeitalter üblichen Pendants ersetzt. So wurde aus dem ursprünglichen Telefonat ein Telegramm, statt mit einem Auto, bewegt man sich hier mit einer Kutsche, und aus dem "Smoking Room" wird das Herrenzimmer. Zwar eröffnet auch McNeile seine Erzählung auf einem Golfplatz, doch Gruppe hat hier noch ein paar kurze Dialoge zwischen Holmes und Watson eingefügt, bevor er mit der ursprünglichen Geschichte weitermacht. Dies sind nicht die einzigen Veränderungen. So hat er beispielsweise auch die Anzahl der Golflöcher abgändert, und aus dem "Short Coat" (ein in den 1920/30er Jahren in den USA bei wohlhabenden Collegestudenten in Mode gekommener Kurzmantel, speziell als Waschbär-Kurzmantel) ist nun die "Abendgarderobe" geworden. Darüber hinaus wird der unverheiratete Colonel zum "eingefleischten" Jungesellen, und hier ist es dessen Vater, statt wie in der literarischen Vorlage der Großvater, der in Indien stationiert war. Letztere Änderung musste ganz einfach sein, da man zu McNeiles Zeit eben schon eine Generation weiter war als bei Sherlock Holmes.
Ebenfalls neu ist eine zeitliche Abwandlung, denn ursprünglich wird das ermittelnde Duo erst für den folgenden Abend eingeladen, statt noch für den selben. Auch gibt es keinen Stewart, der Holmes mit Informationen versorgt. Woher der Meisterdetektiv sein Wissen im Hörspiel bezieht, bleibt im Dunkeln.
Außerdem hat der Colonel lediglich einen Revolver dabei und nicht in jeder Hand einen, wie der Protagonist in McNeiles Geschichte vermutet.
Zwar hat Marc Gruppe einige Nebensätze wegfallen lassen, aber dafür gibt es dann neue Dialoge. Daß hier einige Sätze von anderen Figuren gesprochen werden, dient lediglich dazu, den Verlauf der Handlung flüssiger und hörspielgerechter zu gestalten. Hinzugekommen sind schmückende Adjektive wie "traurig", im Zusammenhang mit der erzählten Geschichte, und auch das Ende wurde leicht erweitert. Letzteres fand ich sehr geschickt gemacht, da sich so der Kreis zum Beginn des Hörspiels schließt und der Hörer noch ein wenig ins Schmunzeln kommt. Nicht so gut gefallen hat mir hingegen die Beschreibung von Mr. Marburys titelgebenden Händen, die eigentlich nur ungepflegt sind, hier jedoch als "mit großen Belastungen versehen" beschrieben werden. All diese Veränderungen spielen jedoch für die Handlung keine Rolle und werden nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Für Regie und Produktion sind erneut Stephan Bosenius und Marc Gruppe verantwortlich. Für die musikalische Untermalung greifen die beiden hauptsächlich auf klassische Instrumente wie Geige, Klavier und diverse Blasinstrumente (unter anderem das Saxophon) zurück. Der Synthesizer kommt einmal mehr für die düsteren und bedrohlich klingenden Töne zum Einsatz. Neben der traditionellen Titelmelodie, erklingt noch die ebenfalls bereits bekannte fröhliche Zwischenmusik, alle anderen Stücke sind neu. So gibt es eine ruhige Bläserweise, eine schöne Streichermelodie und ein spannungserzeugendes Stück, das mit Klavier und Geige intoniert wird. Besonders beeindruckend ist die unheilvolle Weise, die am Tag X eingespielt wird. Zum Abschluß des Hörspiels kommt noch eine harmonische Klaviermelodie zu Gehör. Alle Stücke passen hervorragend zum jeweiligen Geschehen und sind stets abwechslungsreich gehalten. Akustisches Highlight ist für mich aber die unglaublich vielfältige Geräuschkulisse. Auf dem Golfplatz an der Küste schreien die Möwen, der Wind weht, die Gischt bricht sich an den Felsen, und die jeweiligen Abschläge sind deutlich vernehmbar. Im Haus des Colonels knistert ein Kaminfeuer, es wird mit dem Teegeschirr geklappert, und das Briefpapier knistert beim Auseinanderfalten. Am Tor von Marburys Anwesen klimpert der Hausherr mit den Schlüsseln, bevor er die knarrende Eingangstür öffnet. Beim Frühstück im Dormy House (so werden in England die Golfclubhäuser genannt) wird das Messer auf dem Teller abgelegt, der Kaffee eingegossen und schließlich ein Streichholz entzündet. Besonders gut gefallen hat mir das Absetzen der Teetasse durch Mr Marbury, denn dabei hört man, wie sehr der Mann zittert. Auf dem Weg zu ihm ist deutlich zu vernehmen, daß die Protagonisten über Kies laufen, und als die Gläser gefüllt werden, lässt schon das Geräusch darauf schließen, daß es sich dabei um Alkohol handeln muss. Gut gelungen ist auch das Zuschnappen der Handschellen.
Effekte kommen kaum zum Einsatz. Beim Eintritt in den Frühstücksraum werden Holmes' Worte ein wenig leiser eingespielt, um den Abstand zwischen ihm und dem Hörer zu verdeutlichen. Während des Gesprächs im Haus de Colonels sind die Stimmen mit einem leichten Hall unterlegt, um die Größe des Raumes akustisch darzustellen.
Zu den Sprechern:
Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes) ist gut aufgelegt, und es macht ihm hörbar Spaß, seinen guten Freund Watson mit dessen Misserfolg beim Golfen aufzuziehen. Besonders gut gefallen hat er mir, als er so unschuldig tut. Weniger schön fand ich die Szene, in der er Watson fast schon abkanzelt. Sein Freund und Chronist Detlef Bierstedt(Dr. Watson) ist etwas angefressen wegen Holmes' Erfolg beim Golfspiel, und so mosert und stöhnt er eine ganze Weile vor sich hin.
Wie gewohnt ist er etwas ungeduldig, wenn der Meisterdetektiv sich zu geheimnisvoll gibt, und das Highlight seiner Darbietung war für mich eindeutig die Szene, in der er Holmes etwas gestehen muss. Seine Verlegenheit akzentuiert er noch durch Herumdrucksen, und man hört ihm förmlich an, daß er am liebsten vor Scham im Boden versinken möchte. Die leicht kratzige Stimme von Bert Stevens(Colonel Fortescue) passt hervorragend zu der Figur des raubeinigen Exsoldaten, der fest entschlossen ist, seinem bedrohten Nachbarn zu helfen. Michael Pan(Henry Marbury) glänzt mit seinem Portrait des besorgten älteren Mannes, dem das Ganze zunächst leicht peinlich ist und der zögert, Holmes um Hilfe zu bitten. Im Laufe des Hörspiels steigert sich seine Besorgnis hörbar, und gegen Ende klingt er so verängstigt, daß es schon an Panik grenzt. Helmut Zierl(Mr. Gramage) ist klasse als sympathischer pensionierter Marine-Offizier, der amüsiert Anekdoten über den Colonel zum Besten gibt. Das abschließende "Quod erat demonstrandum", welches ihm Marc Gruppe in den Mund gelegt hat, passt wie die Faust aufs Auge zu seiner Darbietung. In weiteren Nebenrollen treten noch Marc Gruppe(Kellner) als zuvorkommend agierender Ober und Lutz Reichert(Inspektor Lestrade) als jovialer, hilfsbereiter Polizeibeamter auf.
Fazit:
Rund 66 Minuten vergnügliche und spannende Unterhaltung mit dem wohl berühmtesten Detektiv-Duo der Weltgeschichte.
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