Rezension: Anne auf Green Gables Box 2

Von Pettersson und Findus bis hin zu den Drei Fragezeichen - Hier wird das kindliche Ohr gefüttert
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MonsterAsyl
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Rezension: Anne auf Green Gables Box 2

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Anne auf Green Gables Box 2

Zum Inhalt:
Anne Shirley hat inzwischen ihre Ausbildung als Lehrerin abgeschlossen und freut sich darauf, in Avonlea zu unterrichten. Eigentlich wollte sie ja noch studieren, aber da Marillas Gesundheitszustand nicht der Beste ist und diese zusätzlich die Kinder ihrer verstorbenen Cousine dritten Grades aufnimmt, beschließt das junge Mädchen, vorerst zur Unterstützung im Haus der grünen Giebel zu bleiben. Obwohl sie inzwischen bereits 16 Jahre alt ist und damit eigentlich zu den Erwachsenen zählt, bleibt sie im Grunde ihres Herzens das phantasievolle Mädchen, das sie immer war. Anne wäre nicht Anne, wenn ihr nicht auch jetzt noch diverse Missgeschicke passieren würden, die sich aber im Endeffekt immer zum Guten wenden.

Zur Produktion:
Die Folgen 5 bis 8, welche in dieser zweiten Anne-Box enthalten sind, schließen nahtlos an die Ereignisse der ersten Staffel an. Zwar muss man Box 1 nicht unbedingt gehört haben, um den weiteren Erlebnissen des quirligen, jungen Mädchens folgen zu können, aber damit würde man sich ein großes Vergnügen versagen, zumal die vorherigen Folgen noch überall als Einzel-CDs oder auch in Form der Sammelbox erhältlich sind. Mit der epischen Saga "Anne auf Green Gables", die insgesamt 8 Bände umfasst, hat sich die Autorin Lucy Maud Montgomery(30.11.1874 - 24.04.1942) selbst ein Denkmal gesetzt, was nicht zuletzt an der Zeitlosigkeit der teils über 100 Jahre alten Erzählungen liegt. Obwohl das Label Titania jedes einzelne Buch mit großzügigen 4 CDs vertont hat, sah sich Skriptautor Marc Gruppe trotzdem gezwungen, ein paar Kürzungen vorzunehmen. Diese betreffen vor allem Szenen mit den neu hinzugekommen Zwillingen Dora und Davy Keith sowie einige längere Erzählpassagen, die aber für den Verlauf der Handlung nicht weiter wichtig sind. Auf diese Weise fokussiert sich das Geschehen zurecht auf die titelgebende Figur. Schließlich will der Hörer wissen, wie es mit ihr weitergeht, und alles andere ist da eher schmückendes Beiwerk. So erklärt sich auch, warum ausgerechnet Anne während der Suche nach Dora in den Brunnen steigt und nicht, wie im Buch, Mr. Barry. Ansonsten bleibt Gruppe ganz dicht am ursprünglichen Text, und sämtliche weiteren Änderungen, z.B. der Wandel von Monologen in Dialoge oder das Übertragen einiger Sätze auf andere Charaktere, dienen allein dazu, den Ablauf des Hörspiels möglichst flüssig und unterhaltsam zu gestalten. Da sich der Roman inzwischen im amerikanischen Public Domain befindet, kann ihn jeder interessierte Leser völlig legal im Internet (http://www.gutenberg.org/files/47/47-h/47-h.htm) lesen, um sich so ein eigenes Bild von diesen Abweichungen zu machen.
Die Produktion von Stephan Bosenius und Marc Gruppe spiegelt in jedem Aspekt deren Liebe zu den Anne-Geschichten wider. Für die musikalische Untermalung kommt eine orchestrale Üppigkeit an Instrumenten zum Einsatz. Exemplarisch seien Trompete, Geige, Klavier, Fagott und Harfe genannt, wobei letztere wohl am häufigsten erklingt. Sie ist aber auch besonders gut geeignet, um den Zauber, der von Anne ausgeht, noch zusätzlich zu unterstreichen. Der Großteil der Melodien verläuft, der Handlung entsprechend, fröhlich und beschwingt. Nur wenn es die Szenerie verlangt, z.B. während des fürchterlichen Unwetters, bekommt auch die Musik eine dramatische Note. Mindestens ebenso abwechslungsreich sind die Hintergrundgeräusche gestaltet. Entsprechend den Lokalitäten und des zeitlichen Rahmens, in dem die Geschichte spielt, hört man Vogelgezwitscher, krächzende Krähen, zirpende Grillen, das Muhen von Kühen oder die damals üblichen Pferdefuhrwerke. Darüber hinaus wurde auch darauf geachtet, die Schrittgeräusche dem jeweiligen Untergrund anzupassen. Gleiches gilt für das Anklopfen, welches, je nach Tür, variiert. Highlight war für mich aber der gewaltige Sturm, bei dem es nur so donnert und kracht.

Zu den Sprechern:
Genauso sorgfältig wie die Produktion, ist auch die Besetzung ausgefallen. Lutz Mackensy(Erzähler) wirkt perfekt bei seinem Vortrag und beweist viel Gespür für das passende Tempo und die bestmögliche Betonung. Auch wenn es sich so anhört, als habe er überwiegend ein Lächeln in der Stimme, versäumt er es doch nicht, an geigneter Stelle ernst zu werden. Sprecherisches Highlight ist aber ganz klar die Hauptfigur Marie Bierstedt(Anne Shirley). Es macht wirklich Freude, ihrem Portrait der ungestümen, überaus ideenreichen Sechzehnjährigen zu folgen, welche häufig in die lustigsten Situationen gerät. Besonders beeindruckend fand ich, wie sie mit weicher Stimme von ihren Phantasiewelten erzählt hat. Dagmar von Kurmin(Marilla Cuthbert) klang vielleicht in den den ersten vier Folgen noch ein wenig zu alt für ihre Rolle, aber hier passt sie perfekt, und man kauft ihr die manchmal etwas ruppig wirkende Greisin mit dem Herzen am rechten Fleck jederzeit ab. Auch Regina Lemnitz(Rachel Lynde) macht viel Spaß als neugierige Nachbarin, die für ihr Leben gern Tratsch unter die Leute bringt. Das gilt auch für Heinz Ostermann(James A. Harrison), den zunächst cholerisch schimpfenden Nachbarn, dessen Herz Annne aber im Sturm erobert. Uschi Hugo(Diana Barry) ist die sympathische "Busenfreundin", die jederzeit zu Anne hält, und Simon Jäger(Gilbert Blythe) spielt einfach prima Annes unerschütterlichen Verehrer. Cathlen Gawlich(Jane Andrews) agiert als die frischgebackene Lehrerin, die zu Annes Entsetzen durchaus bereit ist, ihre Schüler auch zu züchtigen, und Marianne Groß(Mrs. H.B. Donnell) sorgt mit ihrer Darstellung der überkandidelten, rein auf Äußerlichkeiten bedachten "feinen Dame" für einige Erheiterung. Einen erfrischenden Kontrast bieten die beiden älteren Schwestern Dagmar Biener(Eliza Copp) und Viola Sauer(Catherine Copp). Eliza ist nett, freundlich und hilfsbereit, während Catherine ablehnend, brüsk und unhöflich wirkt. Ebenso kontrastreich sind die Zwillingskinder Marie Hinze(Dora Keith) und Albert Werner(Davy Keith). Im Gegensatz zu Hinze, die das brave Mädchen darstellt, ist Werner ein kleiner Teufelsbraten, der meint, mit seinen Streichen und seiner kecken Art Annes Zuwendung zu erlangen. Besonderes Augenmerk verdienen auch Annes Schüler. Maximilian Artajo(Anthony Pie) übernimmt den Part des respektlosen Jungen, welcher versucht, Grenzen auszuloten, und Aljoscha Fritzsche(Paul Irving) ist der ruhige Schulbub, der mit seiner sensiblen Art Annes Herz gewinnt. Friedel Morgenstern(Annetta Bell) bleibt leider auf die Rolle des Mädchens, welches sich vor allem und jedem fürchtet, reduziert, wohingegen Konstantin Seidenstücker(St. Clair Donnell) als von seiner Mutter dominiertes Kind agiert.
Tanja Geke(Priscilla Grant) ist die unsichere, ein wenig ängstliche Freundin und Kollegin von Anne, Nicola Devico Mamone(Fred Wright) der nette Bewunderer von Diana und Uwe Büschken(Mr. Allan) der freundliche Pfarrer der Gemeinde. Ihm zur Seite steht seine Frau Traudel Haas(Mrs. Allan), die mit sanfter Stimme ihres verstorbenen Kindes gedenkt. Cornelia Meinhardt(Emily Harrison) spielt die lange vermisste Ehefrau mit dem Putzfimmel. Monica Bielenstein(Lavendar Lewis) brilliert als ältere, einsame Jungfer, und Thomas Nero Wolff(Stephen Irving) hat einen Gastauftritt als Pauls Vater, dessen Herz immer noch für Mrs. Lewis schlägt. Charlotte Mertens(Charlotta die Vierte) amüsiert in der Rolle des eher einfach gestrickten Dienstmädchens, das sich Sorgen um seine Arbeitgeberin macht, und Sabine Arnhold(Charlotte E. Morgan) ist die von Anne und ihrer Freundin Diana so bewunderte berühmte Romanschriftstellerin, die sich für die Umgebung interessiert.
In weiteren Nebenrollen treten auf: Uli Krohm(Mr. Shearer) als ewig amüsierter Nachbar, Marco Kröger(Premierminister) als staatsmännischer Politiker und Rita Engelmann(Miss Stacy) als Annes ehemalige Lehrerin. Wer den frechen Papagei Ginger krächzt, ist zwar unklar, aber ich vermute, daß Marc Gruppe ihm seine Stimme geliehen hat.

Fazit:
Wunderschöne akustische Adaption des nach wie vor sehr beliebten Romans, an der nicht nur weibliche Wesen ihre helle Freude haben werden.

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Keeper of the Monsters

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