Rezension: Sherlock Holmes - 24 - Das gelbe Gesicht
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Rezension: Sherlock Holmes - 24 - Das gelbe Gesicht
Sherlock Holmes - 24 - Das gelbe Gesicht
Zum Inhalt:
Sherlock Holmes hat derzeit keinen Fall zu bearbeiten, und so kommt ihm der Besuch von Mr. Jack Grant Munroe gerade recht. Munroe ist eigentlich glücklich verheiratet, aber in letzter Zeit verhält sich seine Frau Effie sehr merkwürdig. Erst lässt sie sich 100 Pfund von ihm geben, dann schleicht sie sich nachts heimlich aus dem Haus. Als Munroe sie deswegen zur Rede stellt, weigert sie sich, ihm alles zu erklären und bittet stattdessen um sein Vertrauen. Damit will sich Munro jedoch nicht auf Dauer zufriedengeben. In seiner Verzweiflung fällt ihm nur ein Mann ein, der ihm noch weiterhelfen kann: der Meisterdetektiv Sherlock Holmes.
Zur Produktion:
"The Adventure of the Yellow Face" ist die dritte Geschichte aus dem Band "Die Memoiren des Sherlock Holmes" und erschien erstmalig 1893 in der Februar-Ausgabe des "Strand Magazines". Eigentlich wäre zuerst noch die "berüchtigte" zweite Erzählung "The Cardboard Box" an der Reihe gewesen, welche bereits im Januar des selben Jahres herauskam. Doch diese fehlte bereits in der britischen Erstausgabe von "Die Memoiren des Sherlock Holmes", während sie in der amerikanischen Erstauflage noch vorhanden war. Zumindest in England hatte Sir Artur Conan Doyle (22.05.1859 - 07.07.1930) scheinbar darum gebeten, diese Geschichte nicht wieder aufzulegen. Es ist unklar, warum sie dann auch in den US-Nachdrucken weggelassen wurde. Möglicherweise geschah das aufgrund der damals noch etwas heiklen Thematik (Ehebruch, noch dazu mit Todesfolge), aber einen Beweis dafür gibt es nicht. Jedenfalls wurde "The Cardboard Box" dann in dem Band "His last Bow" doch erneut veröffentlicht, und ich vermute, Titania wird die Erzählung vertonen, wenn man im Kanon dort angelangt ist. Aber zurück zum "Gelben Gesicht". Drehbuchautor Marc Gruppe hat hier wieder einmal großartige Arbeit geleistet. Er behält nicht nur den von Doyle vorgegebenen zeitlichen Ablauf bei, sondern nimmt auch inhaltlich nur ganz geringfügige Änderungen vor. Holmes Kokainsucht wird nicht erwähnt, und Munroe kommt bei Gruppe schon um neun Uhr, statt erst um ein Uhr mittags, wie bei Doyle. Den Part des Pagen lässt Gruppe wieder von Mrs Hudson sprechen, obwohl diese in der Originalgeschichte fehlt. All das spielt aber für die Handlung keine Rolle, und höchstens die eifrigsten Puristen dürften sich daran stören.
Wie üblich hat der Skriptautor manche Gespräche dahingehend bearbeitet, daß entweder andere Personen die Sätze sagen oder die Dialoge auf mehrere Personen verteilt wurden. Diese Änderungen, zusammen mit den in Form von Spielszenen eingefügten Rückblicken, sorgen für einen überaus flüssigen Ablauf des Hörspiels. Allerdings gibt es eine Kleinigkeit, die meiner Meinung nach nicht so gelungen ist. Ziemlich zu Anfang des Hörspiels kommt eine Rückblende, in der Munroe seiner Frau nebenher erzählt, das Cottage gegenüber sei wieder bewohnt.
Daraufhin hält diese hörbar den Atem an, ein sicherer Hinweis, daß die Nachricht sie emotional bewegt. Meiner Meinung nach wird damit schon vorzeitig etwas zuviel verraten, denn bei Doyle heißt es sinngemäß nur, sie habe keine Antwort gegeben.
Wer diese Szene oder gleich die komplette Kurzgeschichte im englischen Original nochmal nachlesen möchte, findet sie im Internet unter https://en.wikisource.org/wiki/The_Yellow_Face.
Da der überwiegende Teil der knapp 47minütigen Handlung in der Bakerstreet stattfindet und die meisten Rückblicke ebenfalls nur in geschlossenen Räumen (Schlafzimmer oder Lucys Zimmer) spielen, beschränken sich Stephan Bosenius und Marc Gruppe auf die zu erwartenden Geräusche, wie z.B. das knisternde Kaminfeuer oder das Anreißen eines Streichholzes. Die wenigen Außenszenen fallen dafür umso üppiger aus. Da zwitschern die Vögel, im Hintergrund fährt eine Kutsche vorbei, und das obligatorische Käuzchen darf natürlich auch nicht fehlen. Besonders eindrucksvoll fand ich in diesem Zusammenhang den leichten Landregen auf dem Weg zum Cottage. Laute, polternde Gewitter sind relativ einfach zu realisieren, aber Nieselregen authentisch zu gestalten, bedeutet eine wesentlich größere Herausforderung.
Neben den Geräuschen, ist es vor allem die von Bosenius und Gruppe sehr abwechslungsreich gestaltete Musik, die jede Szene atmosphärisch untermalt. Neben der nach 24 Folgen hinlänglich bekannten Titelmelodie, werden die unterschiedlichsten Weisen eingespielt. Mal erklingt eine ruhige Klavier-Melodie, mal kommen düstere Synthesizer-Sounds zum Einsatz.
Zu den Sprechern:
Joachim Tennstedt(Sherlock Holmes) ist wie gewohnt souverän in seinem Portrait des Meisterdetektivs, genau wie sein Kollege Detlef Bierstedt(Dr. Watson) als treuer Freund und Chronist. Es macht einfach Spaß, den beiden zuzuhören, wenn sie sich hin und wieder ein wenig zanken, und ihre letzten Sätze in diesem Hörspiel wurden mit so viel Emotion in den Stimmen gesprochen, daß sie dem Hörer noch länger im Gedächtnis bleiben dürften. Gleiches gilt für Regina Lemnitz(Mrs. Hudson) im Part der freundlichen, immer etwas neugierigen Haushälterin, die Verständnis für ihre Mieter aufbringt. Johannes Raspe(Jack Grant Munro) ist ebenfalls sehr gut als bedrückter Ehemann, der die seltsame Veränderung seiner geliebten Frau nicht verstehen kann. Aber am besten hat mir diesmal das Spiel von Melanie Hinze(Effie Grant Munro) als unglückliche Gattin gefallen. Sie schafft es nämlich, auch dann eindringlich zu wirken, wenn sie kaum Text hat. Anita Lochner(Frau) überzeugt als kurz angebundenes Kindermädchen, genau wie Cathlen Gawlich(Dienstmädchen) in ihrer Rolle als junge, eingeschüchterte Hausangestellte. Noch zu erwähnen wäre der gelungene Kurzauftritt von Clara Fischer(Lucy) als fröhliches kleines Mädchen.
Fazit:
Hervorragend gelungene Hörspielversion von Arthur Conan Doyles klassischer Kurzgeschichte.
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