Rezension: Gruselkabinett - 152 - Das Ding
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Rezension: Gruselkabinett - 152 - Das Ding
Gruselkabinett - 152 - Das Ding
Zum Inhalt:
Inmitten der Einöde südlich des Hudson Rivers, steht eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern, ein Physiker, ein Geologe, zwei Biologinnen sowie ein Journalist, plötzlich vor einem großen Problem: Ihre Führer sind auf grauenhafte Weise ums Leben gekommen, und was immer sie getötet hat, ist nun auch hinter ihnen her. Dabei wissen sie bereits, dass die fremdartigen Spuren, welche die Kreatur hinterlässt, von keinem bekannten Lebewesen dieses Planeten stammen.
Zur Produktion:
The Thing from —“Outside”, so der englische Originaltitel der hier zugrundeliegenden Erzählung, wurde erstmals 1923 in Hugo Gernsbacks Zeitschrift "Science and Invention" veröffentlicht und drei Jahre später, im April 1926, in dem Magazin "Amazing Stories, Volume One, Number One", noch einmal nachgedruckt.
Der Verfasser, der Amerikaner George Allan England (09.02.1877 - 26.06.1936), war vor allem für seine zahlreichen Science Fiction-Kurzgeschichten bekannt, die von 1905 bis 1934 in unterschiedlichen Publikationen erschienen, aber heutzutage beinahe unbekannt sind. Sein erfolgreichstes Werk war das Buch "Darkness and Dawn", welches das Überleben in einer postapokalyptischen Welt zum Thema hatte und bereits 1912 als Fortsetzungsroman in Munseys "The Cavalier" erschien. Der Roman war so erfolgreich, daß man den Autor drängte, noch zwei Forsetzungen zu schreiben, die dann 1913 unter den Titeln "Beyond the Great Oblivion" und "The Afterglow" der lesehungrigen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Englands literarische Karriere begann 1903 mit einem Gedichtband und nahm an Fahrt auf, als er in Maine versuchte, die Folgen einer Tuberkuloseerkrankung auszukurieren. Um sich abzulenken, begann er mit dem Schreiben von Geschichten. Ab 1905 erschienen diese dann regelmäßig in diversen "Pulp"-Magazinen. England machte jedoch nicht nur aufgrund seines literarischen Werkes von sich reden, sondern auch wegen seiner politischen Betätigung. Er war überzeugter Sozialist und kandidierte 1908 für die "Sozialistische Partei Amerikas" für den Kongress, 1912 dann für das Amt des Gouverneurs von Maine. Gesundheitlich ging es ihm leider schon 1928 zusehends schlechter, und ab August 1933 musste er sich im "New Hampshire State Hospital" in Dauerpflege begeben, wo er letztlich an Enzephalomalazie, vermutlich als Folge eines früheren Schlaganfalls, starb.
Bedauerlicherweise ist es mir nicht gelungen, etwas über eventuelle deutschsprachige Veröffentlichungen in Erfahrung zu bringen, die es mit Sicherheit gegeben hat. Erfreulicherweise befindet sich die literarische Vorlage zu diesem Hörspiel im amerikanischen Public Domain und ist somit im Internet unter https://en.wikisource.org/wiki/Amazing_ ... %94Outside für Interessierte zu finden.
Nach "Gruselkabinett - 131 - Die Köpfe von Apex" ist es das zweite Mal, daß Titania-Medien eine SciFi-Pulpgeschichte vertont, deren Akzente aber ganz klar im Bereich "Grusel" angesiedelt sind.
Die Handlung wird zunächst mit unkontrolliert abgegebenen Gewehrschüssen, dem verzweifelten Rufen und Schreien von Männern und dem Knirschen und Knacken diverser Knochen furios eröffnet. Interessanterweise folgt darauf die vom Herausgeber des Magazins "Amazing Stories" zusätzlich vorangestellte Einleitung in die Geschichte, bei der bereits verraten wird, worum es geht. Diese Inklusion hat mich doch ein wenig überrascht, da sie zum einen nicht von England selbst stammt und zum anderen, meiner Meinung nach, dem folgenden Geschehen einiges an Spannung nimmt.
Um den Inhalt ein wenig zu straffen, hat Skriptautor Marc Gruppe den ursprünglichen Text um etliche Passagen erleichtert (so fehlen beispielsweise die Szenen mit der halb aufgelösten Axt oder die Anmerkungen zur Fließrichtung des Flusses) und größtenteils darauf verzichtet, diese Stellen mit eigenen Ideen wieder zu füllen. Trotzdem weist das Hörspiel immer noch eine Gesamtlaufzeit von ca. 54 Minuten auf, die für mich wie im Flug vergangen ist. Das liegt nicht zuletzt an der Art und Weise, wie Gruppe mit dem Text umgeht. Sein Fokus richtet sich mehr auf die Figuren und deren Interaktionen, als auf ein bloßes Nacherzählen der Flucht vor dem Ungeheuer. So rückt er die Rivalität zwischen Wallace Jordan und Marr sehr viel stärker in den Vordergrund, und auch die Frauen sind alles andere als schmückendes Beiwerk bzw. "Women-Folk", wie es noch bei England heißt. Im Gegensatz zur Vorlage, ist Vivian ihrem Vereherer Wallace absolut ebenbürtig und teilweise sogar überlegen. Das passt viel besser in unsere Zeit, als das damals noch gültige, inzwischen aber abgedroschene Klischee des "hilflosen Weibchens".
Auch wenn mir Marc Gruppes Adaption sehr zusagt, habe ich doch einige Kritikpunkte vorzubringen. Anfangen will ich mit der Sache, die mich am meisten gestört hat. Im englischsprachigen Originaltext ist von "Guinea Pigs", also Meerschweinchen bzw. Versuchskaninchen, die Rede, aber Gruppe spricht in seinem Skript von Schweinen aus Guinea. Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob es sich dabei um einen Übersetzungsfehler handelt oder ob Gruppe bewusst diese Formulierung gewählt hat. So oder so, mich irritiert sie! Ebenfalls bedauerlich finde ich, daß die in der Geschichte genannten Möglichkeiten dessen, was das Wesen mit den menschlichen Opfern macht, auf eine einzige (wenn auch von Gruppe neu erfundene) Vorgehensweise reduziert werden. Für meinen Geschmack wären hier die Varianten von England gruseliger gewesen. Ich bin ja bekennender Fan der Art und Weise, wie Titania ein Hörspiel in Szene setzt, aber der Kampf am Ende klingt doch ein wenig unübersichtlich und erst durch den Erzähler wieder verständlich. Unbedingt erwähnen möchte ich noch die kleine aber feine inhaltliche Abänderung, die Marc Gruppe vorgenommen hat. England lässt seinen Text mit einer Art Happy-End ausklingen, während Gruppe noch einen kleinen Twist einfügt, indem er darauf verweist, daß Wallace sich hin und wieder vor seiner Ehefrau fürchtet.
Abgesehen von der bereits erwähnten Kapmfszene, lässt die Inszenierung von Stephan Bosenius und Marc Gruppe keine Wünsche offen. Die unwirtliche, karge Landschaft wird mit pladderndem Regen, heulendem Wind und dem Rauschen des Flusswassers akustisch zum Leben erweckt. Nachts prasselt das Lagerfeuer, und es sind nur wenige Nachtvögel, darunter auch das Käuzchen, zu hören.
Besonders beeindruckend ist natürlich die Eröffnungssequenz, mit den vor Entsetzen schreienden und wild um sich schießenden Bergführern. Diese geradezu verzweifelt klingenden Rufe werden derart intensiv vorgetragen, daß sie noch lange im Ohr des Hörers nachhallen und somit für wohliges Gruseln sorgen.
Die Effekte sind unauffällig in das Geschehen integriert. So wird beispielsweise der pfeifende Wind in dem Moment lauter eingespielt, als Wallace vor die Tür tritt. Die Musik klingt, ganz der Handlung folgend, immer düster und bedrohlich, es gibt nicht eine helle oder gar schöne Melodie. Das Gegenteil ist der Fall, und ich meine, dies ist das erste Mal, daß Titania Medien sogar ein "schräges" Musikstück einspielt. Was die Instrumente angeht, kommen hier vor allem Klavier und Synthesizer zum Einsatz, letzterer ist dann auch für den langezogenen, unheimlichen Sound verantwortlich, der die Nähe des Ungeheuers und die damit einhergehende Bedrohung symbolisiert.
Zu den Sprechern:
Die ein wenig heiser klingende Stimme von Peter Weis(Erzähler) eignet sich hervorragend für diesen Part, und es ist beinahe ein wenig schade, daß er nur so selten zum Einsatz kommt, um die Umgebung oder die Figuren zu beschreiben. Gerhard Fehn(Professor Thorburn) ist klasse in der Rolle des älteren, skeptischen Physikers, der die Gruppe anführt und sich stets bemüht, Ruhe zu bewahren. Gleiches gilt auch für Cécile Kott(Joan Thorburn) als Biologin und dessen Ehefrau, die zunächst vollkommen verängstigt wirkt, sich später dann aber wieder fasst und die Bedrohung ins Lächerliche zieht. Sprecherisches Highlight ist für mich Julia DeLuise(Vivian), die mit ihrem nuancenreichen Spiel dafür sorgt, daß man ihr die Wandlung von der panischen Frau, hin zur Anführerin der Gruppe, auch abnimmt. Ebenso begeistern kann Helmut Zierl(Wallace Jandron) als anfangs leicht überheblicher Geologe, der Vivian so sehr liebt, daß er sogar bereit ist, sie zu töten, um sie vor der Kreatur zu bewahren, und der es nicht lassen kann, süffisante Seitenhiebe an Marr auszuteilen. Abgerundet wird die Sprecherriege von Valentin Strohs(Marr) Portrait des besorgten Journalisten, der sich nichts gefallen lässt und jede Gelegenheit nutzt, spöttische Kommentare gegenüber Wallace abzugeben. Gegen Ende des Hörspiels hat er noch einen wirklich beeindruckenden Auftritt, bei dem sein unartikuliertes Stöhen und Jammern wohl jedem Hörer unter die Haut gehen dürfte.
Fazit:
Unterm Strich kurzweilige und vor allem spannende Unterhaltung, trotz der kleinen Kritikpunkte.
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