Rezension: Grimms Märchen - 11 - Das tapfere Schneiderlein / Der Frieder und das Katherlieschen / Die drei Männlein im W

Von Pettersson und Findus bis hin zu den Drei Fragezeichen - Hier wird das kindliche Ohr gefüttert
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Rezension: Grimms Märchen - 11 - Das tapfere Schneiderlein / Der Frieder und das Katherlieschen / Die drei Männlein im W

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Grimms Märchen - 11 - Das tapfere Schneiderlein / Der Frieder und das Katherlieschen / Die drei Männlein im Walde

Zum Inhalt:
Das tapfere Schneiderlein:
Ein pfiffiger Schneider macht sich auf, um die weite Welt zu erkunden.
Der Frieder und das Katherlieschen:
Das Katherlieschen ist leider nicht sehr helle und bringt seinen Mann Frieder ständig in Bedrängnis.
Die drei Männlein im Walde:
Ein junges Mädchen wird von seiner Stiefmutter übelst schikaniert, findet aber sein Glück im Wald.

Zur Produktion:
Auch die 11. Folge der Reihe "Grimms Märchen" enthält wieder eine abwechslungsreiche Zusammenstellung dreier Geschichten, die von den Gebrüdern Jacob Grimm (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859) im Laufe ihres Lebens zusammengetragen wurden. Den Auftakt macht die Geschichte "Das Tapferen Schneiderlein" (Kinder- und Hausmärchen 20, nachfolgend abgekürzt mit KHM), das wohl bekannteste der drei hier präsentierten Märchen. Skriptautor Marc Gruppe ist ja bekannt dafür, dicht an der literarischen Vorlage zu bleiben, und auch diese Erzählungen bilden da keine Ausnahme. Um die Handlung für heutige Kinder nachvollziehbarer zu machen, wurde die Sprache ein wenig "modernisiert", wenngleich viele der damals üblichen Ausdrücke erhalten geblieben sind. So "schleppt" der Riese hier den Baum, statt ihn zu "tragen", und es wird "gerastet", nicht "gehalten". Hinzugekommen ist der eher in unserer Zeit angesiedelte Spruch: "Ich bin ja nicht blind!", und auch, daß das Schneiderlein unterwegs ein Lied anstimmt, ist neu. Inhaltlich gibt es ebenfalls geringfügige Abweichungen zur Grimmschen Version. Die Hauptfigur erhält hier das Mus der Bäuerin umsonst, der eilig gefertigte Gürtel besteht aus gelbem Samt, und der Schneider ist bereits mit dem ersten Steinwurf erfolgreich, während er bei den Grimms mehrere Versuche benötigt. Weggefallen ist auch das Wort "Ehesteuer", welches man den jüngeren Hörern erst aufwendig hätte erklären müssen.
Bei dem Märchen "Der Frieder und das Katherlieschen"(KHM 59) gibt es hingegen kaum Veränderungen. lediglich die Wurst, die das Katherlieschen ihrem Frieder zubereiten will, hängt in der Speisekammer, statt, wie in der literarischen Vorlage, im Schornstein. Eine durchaus notwendige Änderung, da zum einen immer weniger Häuser einen frei zugänglichen Schornstein besitzen und zum anderen heutzutage kaum noch nachvollziehbar ist, warum sich eine Wurst dort befinden sollte. Der neu verwendete Begriff "Spielgeld" war damals gänzlich unbekannt, heute kennt ihn jedoch jedes Kind. Daß der Skriptautor hier einmal den "Henker" statt zweimal den "Teufel" nennt, ist lediglich der Abwechslung geschuldet. Gut gefallen hat mir der Abschlußsatz, der die Erzählung harmonischer beendet, während das Märchen im Original abrupt aufhört. Das führt dazu, daß man bei der Lektüre den Eindruck bekommt, es fehle etwas.
"Die drei Männlein im Walde"(KHM 13) ist quasi eine 1:1 Vertonung der Vorlage, Marc Gruppe hat lediglich ein paar Details hinzugefügt. So gibt das Mädchen den drei Männlein nicht nur die Hand, sondern auch noch einen Kuss auf die Wange, die Nägel im Faß sind "spitz", und der bei Märchen beinahe zwingende Abschlußsatz: "Sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende." findet sich nur im Hörspiel.
Produktion und Regie, für die Stephan Bosenius und Marc Gruppe verantwortlich sind, könnten nicht liebevoller ausfallen als hier. Die Musik für alle Märchen wird mit Hilfe klassischer Instrumente wie Geige und Flöte eingespielt und untermalt jederzeit passend das Geschehen. Dabei wechseln sich fröhliche, mit Streichinstrumenten vertonte Stücke mit dramatischen Melodien ab. Eine Fanfare ertönt beim Einzug ins Schloß, und sogar der bekannte Hochzeitsmarsch ist zur Vermählung zu hören. Abgeschlossen wird jedes der Märchen mit einer sanften Melodie, welche das teilweise aufregende Geschehen umgehend wieder relativiert bzw. für Entspannung sorgt.
Die gleiche Sorgfalt wie beim Einsatz der Musik, erfolgt auch bei der Auswahl der Geräusche. Bei "Das tapfere Schneiderlein" klappern die Töpfe, im Hinterhof herrscht geschäftiges Treiben, und ab und zu bellt in der Ferne ein Hund.
Die Wanderschaft des Schneiders wird von fröhlichem Vogelgezwitscher begeleitet, und auf dem Berggipfel pfeift ein schneidender Wind. Besonders beeindruckend finde ich sämtliche Töne, die mit den Riesen zu tun haben. Die stapfen mit schweren Schritten, und als sie fallen, erzittert regelrecht der Boden unter ihnen.
Bosenius und Gruppe achten ja stets darauf, auch die kleinsten Geräusche nicht zu vergessen. Exemplarisch sei das Ziehen des Schwertes genannt. Im Märchen "Der Frieder und das Katherlieschen" brutzelt es in der Pfanne, das Bier gluckert, und das Kaminfeuer prasselt lustig vor sich hin. Neben den muhenden Kühen, dem Vogelzwitschern, den Zikaden und den nachtaktiven Vögeln, sind es vor allem die Geräusche, die sich nicht mal so eben in einer Soundbibliothek finden lassen, welche das Hörvergnügen abrunden. Hier muss man vor allem die im Gras herabrollenden Käseleiber und das Klopfen an die Fensterscheibe erwähnen. Auch das dritte und letzte Märchen, "Die drei Männlein im Walde", wartet mit einer Vielzahl von unterschiedlichsten Tönen auf. Da wird ein Stuhl gerückt, der Wind heult eisig, und das Schneegestöber klingt derart realistisch, daß einem schon allein vom Zuhören kalt wird.
Highlight sind aber die Goldstücke bzw. Kröten, die nach jedem Satz aus den Mündern der Mädchen fallen, und das herabrollende Faß, in dem sich die böse Stiefmutter und ihre Tochter befinden.
Da es bei den Märchenerzählungen nicht um Effekthascherei geht, beschränken sich Bosenius und Gruppe auf unterschiedlich starken Hall in der Höhle, dem Palast und der Kirche. Lediglich beim "Tapferen Schneiderlein" gibt es noch einen zusätzliche Effekt in Form eines langezogenen Schreis, der umso leiser wird, je weiter der Protagonist fortfliegt.

Zu den Sprechern:
Da Peter Weis(Erzähler) auch diesmal in allen Geschichten den Erzähler gibt, hebe ich ihn besonders hervor. Nicht nur, daß seine leicht raue Stimme hervorragend zu einem "Märchenonkel" passt, Weis hat auch hörbar Vergnügen daran, die Geschichten zu erzählen, und seine punktgenaue Betonung, gepaart mit den Emotionen, die er in seinen Vortrag legt, lassen ihn unwillkürlich zum Teil des Geschehens werden.

Das tapfere Schneiderlein:
Das längste der drei Märchen profitiert vor allem von seinem Hauptdarsteller Jens Wawrczeck(Schneiderlein) als aufgewecktem, stets gutgelauntem Schneider, der sich alles zutraut und dem auch alles gelingt. Obwohl er teilweise etwas zu sehr von sich überzeugt ist und sogar prahlt, ist Wawrczecks Spiel so überzeugend, daß man seiner Figur ohnehin alles abnimmt. Ingeborg Kallweit(Bauers Frau) überzeugt als verärgerte Landwirtin, ebenso wie Bert Stevens(Riese) und Lutz Reichert(Riese) als hünenhafte, stets brummige Brüder. Valentin Stroh und Jean Paul Baeck(Leute) haben zwar nur einen kurzen Auftritt als verwunderte, von dem Gürtel beeindruckte Untertanen, bleiben aber aufgrund ihres natürlichen Spiels im Gedächtnis des Hörers. Die ein wenig heiser klingende Stimme von Hans Bayer(König) eignet sich wunderbar für die Rolle des hochmütigen Monarchen, der sogar seine Tochter als Preis aussetzt. Selbige wird kongenial von Uschi Hugo(Prinzessin) intoniert, deren angenehme Stimme beim Hörer sofort ein entsprechendes Bild hervorruft. Zunächst entspricht sie diesem Ideal auch ganz, doch ihre anfängliche Freundlichkeit verliert sich hörbar, als sie von den Plänen ihres Vaters erfährt, die nach und nach scheitern. Darüber hinaus bringt sie, durch die besondere Betonung einzelner Sätze, noch zusätzlich ein wenig Humor in die Geschichte. Altmeister Bodo Primus(Minister) brilliert als besorgter hoher Beamter, der zunächst erstaunt und dann über die königlichen Ideen entsetzt ist. Die Nebenrollen sind zwar doppelt bzw. dreifach besetzt, aber das fällt nicht weiter auf, da die Parts zum einen sehr kurz ausfallen und zum anderen teilweise nur aus Geräuschen bestehen. So erscheint Tom Raczko(Soldat) als überraschter, beeindruckter Kämpfer und als ängstlicher Verschwörer, der schreiend davonläuft, und Marc Gruppe kommt gleich dreimal zu Gehör, denn er wiehert als Einhorn, grunzt als Wildschwein und ist Raczkos unsicherer Mitverschwörer, der ebenfalls schreiend die Flucht ergreift.

Der Frieder und das Katherlieschen:
Bernd Kreibich(Frieder) ist einfach großartig in der Rolle des leidgeprüften Ehemanns, der stoisch sämtliche Dämlichkeiten seiner Frau erträgt. Gleiches gilt aber auch für Herma Koehn(Katherlieschen) deren geistige Schlichtheit irgendwo schon beeindruckend ist und gerade bei jüngeren Hörern für viel Heiterkeit sorgen wird. Bodo Primus(Dieb), Valentin Stroh(Dieb) und Jean Paul Baeck(Dieb) sind toll als listige Diebe die zunächts glauben, das große Los gezogen zu haben, und dann ihr blaues Wunder erleben. In weiteren Nebenrollen sind noch Regina Lemnitz(Bäuerin) als wütende Landwirtin, Lutz Reichert(Mann) als erst ängstlicher, dann entsetzer Herr, und Bert Stevens(Pfarrer) als leicht ungeduldiger, dann ebenfalls entsetzter Geistlicher zu hören.

Die drei Männlein im Walde:
Rolf Berg(Witwer) bleibt leider ein wenig blass in seinem Part als ratloser Hinterbliebener, was allerdings auf seine geringe Textmenge zurückzuführen ist. Die unvergleichliche Reinhilt Schneider(Seine Tochter) spielt das fröhliche, leicht naive Mädchen mit gewohnter Bravour, und das Flehen um ihr Leben geht dem Hörer einmal mehr durch Mark und Bein. Ingeborg Kallweit(Witwe) überzeugt auf ganzer Linie in ihrer Rolle als berechnende, hinterhältige Frau, die keine Grausamkeit auslässt, um ihr Ziel zu erreichen. Ebenso garstig agiert auch Regine Lamster(Ihre Tochter) als von Neid zerfressene Tochter, die in puncto Grausamkeit ihrer Mutter nicht nachsteht. Bodo Primus(Männlein), Bert Stevenes(Männlein) und Lutz Reichert(Männlein) sprechen die drei titelgebenden "Haulemännerchen", die gegenüber der liebenswerten Tochter wohlwollend und dankbar agieren, während sie die missratene angemessen bestrafen.
Auch die Nebenrollen, besetzt mit Valentin Stroh(König) als freundlichem und strengem aber gerechten Monarchen, und Edward McMenemy(Küchenjunge) als verblüffter Hilfskraft, wissen zu überzeugen.
In einer winzigen Rolle ist noch Marc Gruppe(Kutscher) als wortkarger Fuhrwagenlenker zu hören.

Fazit:
Schöner und unterhaltsamer kann man Märchen nicht erzählen.

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